1921 - Projekt Mirkandol
wegen der atmosphärischen Störungen nicht hören.
Lengor setzte seinen Weg fort. Obwohl er wußte, daß er sich gegen den Sturm nicht behaupten konnte, verließ er die sichere Nische. Schon im nächsten Moment packte ihn eine Riesenfaust und schleuderte ihn davon. Er flog in die wirbelnden Nebel hinein und spürte zugleich, daß Brocken aus Ammoniakeis gegen ihn prasselten.
Ihn überraschte selbst, daß er ruhig lieb und nicht in Panik verfiel. Er war stets ein guter Schwimmer gewesen, und er wußte aus Erfahrung, daß man keinen größeren Fehler machen konnte, als gegen die Strömung anzukämpfen. Viel besser war es, sie für sich zu nutzen und sich von ihr an sein Ziel treiben zu lassen.
Daher versuchte er auch jetzt nicht, sich gegen die tobenden Elemente zu stemmen, sondern bemühte sich, seinen Flug einfach mit Hilfe der Gravo-Paks seines Schutzanzugs zu stabilisieren.
Einige Minuten lang flog der Architekt mit steigender Geschwindigkeit an steil aufragenden Eisbergen vorbei, und es gelang ihm immer wieder, plötzlich auftauchenden Hindernissen auszuweichen. Dann aber prallte er mit voller Wucht gegen eine Eisnadel, die plötzlich vor ihm auftauchte. In der turbulenten Atmosphäre hatte Lengor sie gar nicht wahrgenommen.
Der Arkonide spürte den harten Aufschlag, und er sah, wie zunächst Eisstücke hinweggeschleudert wurden, die sich unter dem Einfluß der frei werdenden Energien augenblicklich verflüssigten.
Schnell flüchtete er zu einem größeren Gebilde, das er für Felsen hielt. Er konnte sich festhalten und sich in einen Spalt ziehen, in dem er vor dem Sturm einigermaßen geschützt war.
Nur noch sieben Minuten blieben ihm, die Energiekuppel zu erreichen, die sein Gefängnis war.
Voller Haß und in ohnmächtiger Wut dachte er an Syorr, jenen schwergewichtigen Arkoniden, dessen größtes Vergnügen zu sein schien, während seiner gesamten Wache zu essen. Gleich nach Dienstantritt pflegte er unmittelbar vor den Gefangenen einen Tisch mit vielen unterschiedlichen Speisen aufzubauen, um sie sich nach und nach während der nächsten Stunden einzuverleiben.
Gleichzeitig machte er sich dabei mit derben Scherzen über die Gefangenen lustig, die täglich nur eine dünne Suppe und einen Maaz-Kolben erhielten. Es gefiel ihm. die Hungernden in dieser Weise zu quälen.
Ebenso unterhaltsam fand er es, den Gefangenen, die außerhalb der Energiekuppel arbeiteten, eine knappe Frist für ihre Rückkehr zu setzen und den Richtstrahl abzuschalten, wenn sie diese Frist nicht einhielten. Lengor war durchaus nicht der erste, der in dieser Weise unter Druck gesetzt worden war. Er hatte mehrere Gefangene gekannt, denen es ähnlich ergangen war wie ihm. Nicht einem von ihnen war es gelungen, die Kuppel ohne die Hilfe des Peilsenders zu finden. Sie waren alle draußen in der Methangasatmosphäre von Trankun gestorben.
Ihm sollte so etwas nicht passieren!
Er würde nicht aufgeben, sondern bis zum letzten Atemzug kämpfen. Über ihn sollte Syorr nicht triumphieren.
Der Architekt nahm den letzten Schluck Wasser zu sich, über den er verfügte, dann schob er sich aus der Spalte heraus, ließ sich von den tobenden Gasmassen mitreißen und bemühte sich, die Orientierung nicht zu verlieren.
Er wurde erneut zum Spielball der Elemente Dabei gelang es ihm aber, immer wieder mit kleinen Korrekturen die Richtung zu bestimmen, in die er getrieben wurde.
Von Minute zu Minute wurde es schwerer für ihn, seine Kräfte ließen rapide nach.
Obwohl die Sicht kaum zwei oder drei Meter weit reichte, wagte er nicht mehr. zur Uhr zu blicken, um nicht gegen plötzlich auftauchende Hindernisse geschleudert zu werden.
Er wußte auch so, was die Stunde geschlagen halle. Nur noch etwa eine Minute blieb ihm. Wenn er es jetzt nicht schaffte, würde er nie mehr ans Ziel kommen.
Das Peilsignal kam laut und deutlich, und dann wurde es mit einemmal hell.
Die Energiewand der Kuppel!
Mit einer letzten, verzweifelten Anstrengung warf sich Lengor zur Seite. Zugleich nutzte er die Möglichkeiten, die ihm die Gravo-Paks boten.
Die Schleuse! Er stürzte sich nach vorn. geriet in den Sog der Station und taumelte in die Schleusenkammer. Schlagartig schloß sich die Energiewand hinter ihm, und es wurde still - so still, daß er seinen eigenen Herzschlag vernahm und ihm die Ohren schmerzten.
Von dem infernalischen Heulen des Sturms war nichts mehr zu hören.
Lengor sackte erschöpft auf den Boden, von dem nun das flüssige Ammoniak abgesaugt
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