Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1948 - Roman

1948 - Roman

Titel: 1948 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
hätten uns bloß über Kälte und Tee und Hannah Szenes unterhalten, und er sagte, du warst und bleibst ein Dussel, und ging hinein. Ich blieb stehen, um auf ihn zu warten, und er rief von drinnen her, geh, ihr ist kalt, geh Bosnier kloppen, und das kleine Licht verlosch.
    Später setzte es Schläge. Ari-Name-geändert ging auf Fahndungstouren, und manchmal half ich ihm dabei. Ab und zu spielte er krank, bis Hanna es satthatte, ihn freizustellen. In der letzten Nacht schlenderte ich allein durch die Dünen und stöberte geistesabwesend im Sand. Wie sauber und fein war doch dieser uralte Sand! Kilometerlang goldener, reiner Sand, darauf vereinzelte Büsche und nachts das unaufhörliche Heulen der Schakale. Und das schimmernde Meer lag zu breiten Wellen gekämmt. Neben mir keuchte ein Liebespaar. Meine Hand stieß auf einen stumpfen Gegenstand. Ich wühlte tiefer im Sand. Schließlich bekam ich das Ding zu fassen. Dunkel ringsum, und plötzlich rappelte sich der junge Mann mit seinem Mädchen im Arm hoch und fauchte mich an, er dürfe hier allein sein, und Liebe sei auch in diesen schlimmen Zeiten erlaubt, und ich türmte. In der Baracke säuberte ich meinen Fund. Es war ein kleiner, leicht beschädigter Frauenkopf, nach der Haartracht zu urteilen wohl römischer Herkunft. Ari-Name-geändert untersuchte den Kopf gründlich mit Taschenlampe und Vergrößerungsglas und fragte, was ich dafür haben wolle. Ich sagte, ich würde ihn nicht verkaufen. Er sagte, du wirst ihn verkaufen, und wie du das wirst. Er schnappte mir die Figur weg, ich rannte ihm nach, er blickte sich um, sein Gesicht nahm andere, brutale Züge an. Er schlug auf mich ein, ich schlug zurück. Schließlich sah ich ein, dass ich in Ehren aufgeben musste,wenn mir das Leben lieb war. Er nahm den Kopf, den ich gefunden hatte, aber jemand im Kibbuz bekam Wind davon, und Ari-Name-geändert wurde im Speisesaal der Prozess gemacht. Doch kaum hatten wir damit angefangen, kam der Chef der Marineabteilung und sagte, der Lehrgang ende in diesem Augenblick.
    Es gab ein Mordsdurcheinander. Wir packten, stopften unsere Sachen in die Seesäcke, die man aus einer britischen Kaserne gestohlen und uns übergeben hatte, und traten hastig zum Appell an. Der Befehlshaber wurde rot vor Aufregung, zog seine Pistole und gab einen Schuss in die Luft ab. Wir sangen die Hymne der Palmach und kletterten auf die Lastwagen. Einige fuhren nach Haifa, um dort die Marine zu gründen, und wir übrigen rollten davon, um Givat Olga zu erobern. Die Briten waren mit ihren schnellen Schiffen schon in See gestochen, und Araber aus irgendeinem Dorf rannten auf die Anhöhe los. Wir schossen auf sie, Genaues weiß ich nicht mehr, einige flüchteten, es gab ein kurzes Gefecht, auch ich schoss, die Hand schmerzte mir, und wir zogen in Givat Olga ein. Ich habe und hatte keine Ahnung, was wir dort verloren hatten. In Givat Olga fanden wir Packungen mit scharfem englischem Cheddar-Käse und britischen Keksen. Wir absolvierten Drillübungen, fuhren nach Sdot Yam, um noch ein bisschen mit unseren Booten auszulaufen, und ein Mann namens Chassid und sein Kamerad namens Chacham belehrten uns, was für ein verschlagener Feind uns auf See erwarte. Vielleicht aßen wir auch ein paar Fische, die Ari-Name-geändert geangelt hatte.
    Kurz davor oder danach machten wir wohl auch ein paar kleinere Einsätze, die nicht in die Geschichte eingegangen sind, und Ari-Name-geändert verkaufte den Frauenkopf und wollte mir was bezahlen, aber ich sagte, ersolle mich in Ruhe lassen, und ich meine, wir hätten sogar ein halb verlassenes Dorf am Eingang des Wadi Ara für ein paar Stunden besetzt und es dann wieder aufgegeben. Wir gerieten in einige unbedeutende Scharmützel. Nachts träumte ich von Mädchen, wusste aber nicht, wie man von nackten Mädchen träumt, weil ich noch nie eine nackte Frau gesehen hatte.
    Der Abmarschbefehl erging, wir packten unsere Sachen und fuhren nach Sarona. Sarona, das in meiner Kindheit eine grüne deutsche Kolonie gewesen war, hatte sich in einen Militärstützpunkt verwandelt, nachdem die Briten seine deutschen Bewohner ausgewiesen hatten. Jetzt waren auch die Briten abgezogen, und wir befreiten Sarona für das Volk Israel. In meiner Kindheit hatten wir hier Butter und Sahne gekauft. Die Deutschen machten guten Wein und Olivenöl und besaßen ein großes Wissen, aber so einige wurden Nazis. Als ich im nahen Viertel Kirjat Meir wohnte, inmitten eines damals noch weitgehend unbebauten

Weitere Kostenlose Bücher