Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1948 - Roman

1948 - Roman

Titel: 1948 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Es hatte auch etwas Ästhetisches, dieses riesige Gemälde antiker Gebäudereste, griechischer Marmorsäulen, dem Minarett einer Moschee, die halb verborgen hinter einem Sandhügel stand, und der menschlichen Kolonne, die nun schon eher verloren als feierlich wirkte.
    (Jahre später fuhr ich in die Vereinigten Staaten, um mein Buch über einen Mann, der eine jüdische Mutter und einen arabischen Vater hatte und mit den beiden Identitäten in seinem Innern rang, vorzustellen. Eine Besucherin sprach mich an. Ihr Name sei Inea, sagte sie. Dann machte sie mich mit ihrem Mann bekannt und betonte wie selbstverständlich, dass er Jude sei. Sie war groß und hübsch und erklärte, sie habe eine gute Kritik über das Buch geschrieben, und sie sei Palästinenserin. Ich fragte,woher sie stamme, und sie antwortete, aus Caesarea. Sie sei fünf Jahre alt gewesen, als die Juden mit Kriegsschiffen und Kanonen angekommen seien und nach erbittertem Kampf die Stadt mit großer Macht erobert hätten, erzählte sie. Ich sah das Mädchen mit dem grünen Mäntelchen und der Puppe vor mir und erzählte ihr nichts von den beiden Gewehren, von denen eines schoss und das andere nicht. Sie war so nett zu mir. Ihr Mann erzählte mir einen Witz über einen Juden, einen Franzosen und einen Engländer, und ich dachte mir, vor fünfzig Jahren war dieses Mädchen doch nur ein bosnischer Punkt in der Landschaft.)
    Am Tag der glorreichen Eroberung von Caesarea – soviel ich weiß, war es das erste Dorf, das im Unabhängigkeitskrieg besetzt wurde – sah man draußen auf dem Meer britische Polizeiboote, die offenbar etwas suchten. Ari-Name-geändert saß neben mir und drängte mich, ihn noch mal in das Museum zu lassen, das ich zu bewachen hatte. Ein Befehlshaber kam im Jeep durch die Dünen, eine Pistole am Gürtel, und schloss das Museum ab. Und dann kamen fünf Kumpels aus dem Kibbuz Maagan Michael mit einer Pistole und Stöcken, und wir fuhren in unseren Booten zurück nach Sdot Yam. Am Abend hielt der Befehlshaber eine Ansprache, sagte, wir würden einen notwendigen Krieg führen und alles sei entschieden. Ich sagte, ich könnte nicht verstehen, warum wir Caesarea erobern mussten, das doch gar nicht gegen uns gekämpft hatte. Der Mann erwiderte, es habe Gefahr bestanden und ein Schiff mit illegalen Einwanderern sei unterwegs gewesen. Ich fragte, wo es denn dann geblieben sei, und er antwortete, sie hätten an Bord sicher die Briten auf See gesehen und einen anderen Strand angesteuert.
    Vorm Abendessen wurden wir zum Befehlshaber gerufen.Er sagte, Geld und Gold seien aus dem Museum gestohlen worden, und er wisse auch, wer der Dieb sei. Wir verlassen jetzt den Stützpunkt für eine Stunde, fuhr er fort, und der Betreffende, wer immer es sei – und ich weiß natürlich, wer es ist, bin aber fair und nachsichtig genug, um ihm eine Chance zu geben –, der Betreffende soll das Geld in dem leeren Zelt der Frau von der Lechi ablegen. Wir gingen weg. Der Befehlshaber kam eine Stunde später wieder, fand das Geld und sagte kein Wort. Nur er und ich und Ari-Name-geändert wussten, wer der Dieb war.
    Ich schlenderte durch den Kibbuz. Traf eine Frau, die spöttisch sagte, sie sei sehr stolz, dass ich Caesarea erobert hätte, denn mit Blut und Feuer sei Juda gefallen, mit Blut und Feuer werde Juda erstehen. Ich sagte ihr, das stamme von der Etzel, und sie sagte, heute sind alle Etzel, und lud mich auf ihr Zimmer ein. Sie holte einen Becher Wasser, steckte einen Tauchsieder rein, schenkte zwei Gläser schwachen Tee ein und brach in Tränen aus. Ich fragte sie, warum sie weine. Sie antwortete, sie heiße Zilla und ihr sei kalt. Ich sagte, ich geb dir meine Militärjacke. Sie sagte, die würde sie nicht wärmen. Dann fragte sie: Weißt du, dass Hannah Szenes hier mal gewohnt hat? Wir haben immer gemeinsam geweint. Gut, dass du diesen bosnischen Nazis Caesarea weggenommen hast. Nach der Landkarte gibt’s da einen römischen Aquädukt und ein Amphitheater, und wir sind Juden, wir werden schon was daraus machen. Ich fragte, gegen wen? Sie gab keine Antwort. Ich trank einen Schluck Tee. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, murmelte eine Entschuldigung und ging.
    Ari-Name-geändert tauchte auf, als hätte er mir nachspioniert. Ich fragte ihn, was er hier mache. Er sagte, er sei zufällig vorbeigekommen, habe aber gehört, dass das Mädchen, bei dem ich gewesen war, freizügig sei, und erhabe gedacht, ich würde bumsen. Ich erbleichte sogar im Dunkeln und sagte, wir

Weitere Kostenlose Bücher