1948 - Roman
Kaniuk selbst als Außenseiter und bezeichnet seine Arbeiten als unkonventionell, denen es nie gelungen sei, die literarische Bühne zu erstürmen. Daher war die Überraschung groß, als er 2010 mit Israels renommierter Literaturauszeichnung, dem Sapir-Preis, prämiert wurde. »Alter hat über Schönheit triumphiert«, sagte Kaniuk im Anschluss an die Verleihung. »Ich habe nicht damit gerechnet zu gewinnen, darum habe ich nur zwei Menschen mitgebracht, meine Frau und meinen Freund, der Kardiologe ist und mir – Gott bewahre – im Falle eines Herzinfarkts helfen könnte. Ich war mir sicher, ich würde verschämt von dannen ziehen. Nicht einmal meine Töchter sind hier.«
Viele Menschen, die wie er im Unabhängigkeitskrieg gekämpft haben, haben ihn seit Erscheinen des Buches kontaktiert und sich bei ihm dafür bedankt, dass ihre Geschichte endlich erzählt wurde, dass ihr Trauma offengelegt wurde.
Vergangenes Jahr hat Yoram Kaniuk außerdem ein historisches Gerichtsurteil erstritten: Als erstem israelischen Juden ist es ihm gelungen, die Religionszugehörigkeit in seinem Personalausweis streichen zu lassen. Denn wie die meisten Gründer des Staates Israel versteht sich auch Kaniuk als Angehöriger des jüdischen Volkes, nicht einer jüdischen Religionsgemeinschaft. Zum jüdischen Volk gehörten nach jüdischem Religionsrecht bislang aber ausschließlich Kinder einer jüdischen Mutter oder Nicht-Juden, die zum Judentum konvertiert sind. Da Kaniuks Frau und damit seine Töchter nichtjüdisch sind und auch sein Enkel beim Innenministerium als »ohne Bekenntnis« registriert werden konnte, nutzte Kaniuk die Gelegenheit, um es ihnen gleichzutun. Jude möchte er natürlich weiterhin bleiben, aber eben nicht im religiösen Sinne. In seinenAugen kann ein Staat nicht demokratisch und religiös in einem sein, diese Kombination funktioniert für ihn nicht.
Seinen Wunsch nach einer deutlichen Trennung zwischen Staat und Religion teilt er mit vielen seiner Landsleute. Wie er möchten auch sie ihre Religion frei wählen können. Dann wäre Yoram Kaniuk nicht mehr der einzige nichtreligiöse Jude im Staat Israel. Der erste hingegen wird er immer bleiben.
Zeittafel
1882–1904 Erste Einwanderungswelle ( Alija ) nach Palästina, vorwiegend aus Russland und Rumänien.
1894 Prozess gegen den jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfus in Frankreich. Es folgt ein jahrelanges Ringen um die Rehabilitierung des zu Unrecht wegen Spionage Verurteilten, das eine Welle des Antisemitismus auslöst. Theodor Herzl, der als Korrespondent über das Verfahren berichtet, veröffentlicht im Folgenden sein Buch Der Judenstaat (1896) sowie den Roman Altneuland (1902) – eine literarische Vision eines selbständigen jüdischen Staates in Palästina.
1897 In Basel findet der erste Zionistenkongress statt, in dessen Rahmen das Baseler Programm verabschiedet wird. Darin wird die »Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina« erstrebt. Gründung der Zionistischen Weltorganisation, deren erster Präsident Theodor Herzl wird.
1901 Einrichtung des Jüdischen Nationalfonds zur Finanzierung des Landkaufs für jüdische Ansiedlungen in Palästina.
1904–1914 Zweite Einwanderungswelle nach Palästina, vorwiegend aus Russland, Polen, Osteuropa.
1909 Gründung des ersten Kibbuz (Degania) am Südufer des Sees Genezareth. Grundsteinlegung für die heutige Metropole Tel Aviv.
1912 Einrichtung der Technischen Hochschule in Haifa.
1914 Das Osmanische Reich tritt an der Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns in den Ersten Weltkrieg ein.
1916 Im Mai legen die Regierungen Großbritanniens und Frankreichs im (geheimen) Sykes-Picot-Abkommen ihre Einflusssphären im Nahen Osten nach dem Ersten Weltkrieg fest.
1917 Am 2. November sichert der britische Außenminister Arthur J. Balfour in der sog. »Balfour Declaration« Unterstützung bei der Schaffung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina zu. Die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften sollen dabei nicht beeinträchtigt werden. Am 9. Dezember besetzt der britische General Edmund Allenby Jerusalem. Großbritannien steigt zur Hegemonialmacht im Nahen Osten auf.
1918 Ende des Ersten Weltkriegs und Zusammenbruch des Osmanischen Reichs.
1919–1923 Dritte Einwanderungswelle nach Palästina, vorwiegend aus Russland und Polen.
1920 Am 25. April wird Großbritannien auf der Konferenz von San Remo
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