195 - Der goldene Tod
schrecklich«, stieß das Mädchen schaudernd hervor. »Was will er von mir?«
»Sie konnten Ihren Vater mit Hilfe dieses Kristalls abhören. Ich bin ziemlich sicher, daß Rufus Sie abhört.«
»Aber wozu denn?«
Lance kniff die Lippen grimmig zusammen. »Er tut nichts ohne Grund. Vieles plant er von langer Hand, und seine Absichten sind nicht immer klar erkennbar, deshalb kann ich nur Vermutungen anstellen: Was immer er vorhat, es wird sich nicht so sehr gegen Sie als gegen mich richten, denn er haßt Oda und mich bis aufs Blut. Er wußte, daß wir uns im Flugzeug anfreundeten, und diesen Umstand machte er sich -irgendwie - zunutze. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis sich herausstellt, was dieser raffinierte Halunke eingefädelt hat.«
Afton schaute unangenehm berührt auf den Kristall. »Weiß er, daß ich bei Ihnen bin?«
»Mit Sicherheit.«
»Dann wird er es meinem Vater verraten, um Sie in Schwierigkeiten zu bringen.«
»Ihm ist grundsätzlich jede Gemeinheit zuzutrauen«, knurrte der Parapsychologe. »Aber früher oder später kommt Ihr Vater auf jeden Fall auf die Idee, Sie bei mir zu suchen.«
»Ich will nicht zu meinem Vater zurückkehren. Die Schwester meiner Mutter lebt in Plymouth. Sie würde mich gern bei sich aufnehmen, aber Dad wird niemals zustimmen. Ich bin so verzweifelt, Lance.«
Lance Selby strich tröstend über die goldene Flut ihres Haares. »Ich denke, es läßt sich arrangieren, daß Sie bei Ihrer Tante wohnen dürfen, Afton.«
»Mein Vater würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen…«
Der Parapsychologe winkte ab. »Ich bin mit einem Mann befreundet, gegen den Ihr Vater ein kleines Licht ist. Er wird sich für Sie verwenden. Der Industrielle Tucker Peckinpah ist imstande, Ihren Vater in die Knie zu zwingen. Er kennt die einflußreicheren Leute.«
Es klopfte.
Afton zuckte wie unter einem Stromstoß zusammen und biß sich schuldbewußt auf die Unterlippe. »Wer…ist das?«
Lance griff rasch nach dem Kristall und ließ ihn in seiner Hosentasche verschwinden, dann verließ er den Living-room, und Afton hörte eine energische Stimme, die »Aufmachen! Polizei!« sagte.
Vater! schoß es Afton durch den Kopf. Die Polizei soll mich zu ihm zurückbringen!
Dieser Gedanke Versetzte das Mädchen in Panik. Während Lance Selby die Haustür öffnete, eilte Afton in die Küche und floh durch die Hintertür. Sie war entschlossen, die Stadt zu verlassen. Da sie kaum Geld bei sich hatte, würde sie per Autostop nach Plymouth fahren.
Und wenn Plymouth noch nicht weit genug war, würde sie vor ihrem Vater noch weiter fliehen. Während dieser Kurzschlußhandlung konnte sie nur an sich denken - und daran, daß sie nie, nie mehr zu ihrem Vater zurück wollte.
Lance Selby überlegte sich blitzschnell, wie er sich für Afton verwenden konnte. Auch er wollte nicht, daß das Mädchen gewissermaßen gewaltsam zu seinem Vater zurückgebracht wurde.
Zwei uniformierte Beamte und ein Mann in Zivilkleidung standen vor der Tür. Ein Großaufgebot für Afton Gunn, ging es dem Parapsychologen durch den Kopf.
Doch im nächsten Moment stellte sich heraus, daß die Polizisten keine Ahnung von Aftons Anwesenheit hatten. Sie waren seinetwegen hier.
Ihn wollten sie festnehmen!
Wegen Mordes!
***
Lance Selby hörte sich genau an, was ihm die Männer zur Last legten. Glenn Palmer, Henry Gunns Sekretär, sollte er umgebracht haben. Auf eine Weise, die es erst zu klären galt.
Auf jeden Fall gab es zuverlässige Augenzeugen für die Tat. Unter anderem Charlie Waynsworthy, den Barkeeper des Black Crocodile.
Lance war maßlos empört, denn er wußte, wer ihm das eingebrockt hatte: Rufus, der Dämon mit den vielen Gesichtern. Er hatte sich seines Aussehens bedient, um ihn in erhebliche Schwierigkeiten zu bringen.
Es war kein Geheimnis, daß Lance Selby mit Henry Gunn Differenzen gehabt hatte, und der Barkeeper und die Gäste des Black Crocodile konnten -ohne den geringsten Zweifel zu heben -bezeugen, daß sich der Parapsychologe irgendeines gemeinen, tödlichen Tricks bedient hatte, um Glenn Palmer vor ihren verblüfften Augen das Leben zu nehmen.
Das also hat Rufus gerissen eingefädelt, dachte Lance wütend. Ins Zuchthaus will er mich bringen. Und bestimmt ist das nur der Anfang von dem, was er für mich noch in der Hinterhand hat.
Die Beamten wollten ihn mitnehmen, doch er wollte nicht mit ihnen gehen. Aber er trat aus dem Haus, als würde er sich in sein unvermeidliches Schicksal fügen, damit
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