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195 - Verloren im Outback

195 - Verloren im Outback

Titel: 195 - Verloren im Outback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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glaubt, dass sie den Verstand verliert…«
    »O Wudan! Die arme Frau.« Aruula schluckte. Auch ohne Naáti zu kennen, empfand sie Mitleid mit ihr.
    »Sie hat merkwürdige Dinge gesagt«, murmelte Sorban. Er schaute sich um, als wolle er nicht, dass jemand seine Worte hörte. »Sie ist ganz sicher, dass die Lichter Grimolf geholt haben. Sie sagt, es waren die gleichen Lichter wie damals, als sie mit ihm schwanger wurde.«
    »Wie meint sie das?« Aruula verstand kein Wort, was aber nicht nur an der eigenwilligen Grammatik des Häuptlings lag.
    »Was weiß ich! Ich sage doch, sie spricht seltsame Dinge.«
    Sorban deutete mit dem Zeigefinger auf seinen Kopf. »Herr Ilmatz hat angedeutet, dass sie schon seit längerer Zeit wunderliche Dinge sieht.« Er zeigte auf den Eingang der Scheuer. »Gehen wir rein und verkünden den anderen, dass wir bleiben und unseren Unterhalt verdienen können.«
    Aruula ging zwar mit hinein, doch sie blieb nicht lange: Um die neunte Stunde herum ging sie, nachdem sie einen Schlafplatz gefunden hatte, an die frische Luft. Heute war so viel passiert… Sie brauchte endlich etwas Zeit, um darüber nachzudenken.
    Außerdem verspürte sie Durst. Am Brunnen bediente sie sich mit der Schöpfkelle. Als ihr Brand gelöscht war, huschte aus Richtung Haupthaus ein Schatten heran.
    Aruula griff zum Schwert und ging in Abwehrposition.
    Dann wurde ihr bewusst, dass ihr Leben nicht bedroht war: Hinter den Fenstern des Anwesens brannte Licht. Da und dort hörte man Stimmen. Die Tiere in den Stallungen blökten und grunzten. Das auf den Dächern nistende Federvieh schnatterte im Abendrot.
    Der Schatten war kein anderer als Kewin Ilmatz, der offenbar noch nicht aufgeben wollte.
    »Du bist wirklich die knackigste Mamsell, auf die mein Blick je gefallen ist«, sülzte er und warf sich in die Brust.
    »Wenn mein Alter über die Wuppoh geht, wird alles, was du hier siehst, mir gehören.«
    Angeber. Aruula machte einen Versuch, sich als Gattin eines Gutsherrn vorzustellen. Die Vorstellung, dass sie dann Menschen herumkommandieren musste, widersprach ihrem Naturell. »Und was ist mit deinem Bruder?«
    »Meinem Bruder? Meinst du Grimolf?« Kewin machte eine verächtliche Geste. »Er taugt nichts. Er ist ein Spinner.« Er deutete zum Himmel. »Er glaubt, dass da oben in den kleinen Sternchen Menschen leben.« Er lachte hämisch. »Hat man je so einen Unfug gehört?«
    Aruula dachte an Muulda, einen jungen Mann aus ihrer Horde. In bestimmten Nächten sah er am Himmel fliegende Suppenschüsseln, und am nächsten Tag komponierte er zu ihrem Ruhme göttliche Gesänge.
    Alle wussten, dass er krank im Kopf war, aber es wäre niemandem eingefallen, sich verächtlich über ihn zu äußern.
    Dieser Kewin war von einem Schlag, mit dem Aruula nicht klar kam. Außerdem konnte sie ihn noch aus zwei anderen Gründen nicht leiden: Er wartete auf den Tod seines Vaters und ging davon aus, dass Besitz einen Mann für Frauen attraktiv machte.
    »Hör zu«, sagte Aruula. »Ich verachte dich. Geh mir aus den Augen. Wenn du mich noch einmal anfasst, schlitz ich dir den Bauch auf.«
    »Was?!« Der junge Herr Ilmatz machte einen Schritt zurück und griff an seinen Gürtel. Er wollte seinen Degen ziehen, doch sein ausgestreckter Arm schlug gegen den Eimer auf Brunnenrand.
    Der Eimer fiel zu Boden, und Kewins linker Fuß, gerade erhoben, um ihm ein Herumwirbeln auf dem Absatz des rechten zu ermöglichen, landete in dem hölzernen Behälter.
    Kewin verlor die Balance. Er ruderte mit den Armen, taumelte seitlich auf den Brunnen zu und stieß mit der Stirn gegen einen der Stützpfeiler des Brunnendaches.
    Ehe Aruula richtig erfasste, was passiert war, hörte sie das Geräusch seines auf den Boden klatschenden Körpers und ein dumpfes Grunzen.
    Dann war Kewin Ilmatz verschwunden.
    »Was, zum…« Aruula eilte um den Brunnen herum. Nach wenigen Schritten wurde sie fündig. Der junge Herr lag im bleichen Schein des Mondes auf dem Rücken. Auf seiner Stirn bildete sich ein blaugrünes Horn. Seine Augen und sein Mund waren weit geöffnet. Sein Blick war starr wie der eines Toten.
    »Kewin!« Aruula hockte sich neben ihn hin. »Herr Ilmatz!«
    Eine eiskalte Hand griff nach ihrem Herzen. Der junge Mann hatte sie belästigt. Vielleicht hatte sie jemand zusammen gesehen. Vielleicht hatte er schon mit seinem »Abenteuer« im Stall geprahlt. Wenn man ihn nun tot auffand – mit eingeschlagenem Schädel –, wen würde man wohl verdächtigen?
    Aruula dachte

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