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195 - Verloren im Outback

195 - Verloren im Outback

Titel: 195 - Verloren im Outback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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Dinge tun konnte: Sie konnte sich dem aufgeblasenen Kerl hingeben oder ihm die Fresse polieren, wie es sich für ein Mädchen gehörte, das Ehre im Leib hatte.
    Im ersteren Fall würde sie vermutlich für den Rest ihres Lebens ausspucken, wenn sie ihr Antlitz in einem Bach sah. Im letzteren Fall würde Herr Ilmatz ihrer Horde sicher die Sympathie entziehen und sie in den kommenden Winter hinausschicken – was ihr bei den Menschen, die ihre Familie geworden waren, vermutlich wenig Liebe eintrug.
    Egal. Ehre war nicht alles im Leben, aber in diesem Fall war sie wichtig. Aruula wollte sich nicht beschmutzen lassen. Als Kewin sich auf sie warf, rollte sie sich beiseite, hockte sich auf die Knie, verschränkte die Hände und schlug sie dem Mann, als er im Stroh auf dem Bauch lag, auf den Hinterkopf. Kewin grunzte überrascht.
    Aruula sprang auf und eilte zur Tür hinaus.
    Als hätte sie heute noch nicht genug erlebt, stieß sie im Dunkeln mit einem Bärtigen zusammen, der einen überraschten Ausruf tat und auf den Hintern fiel.
    Aruula wollte gerade flüchten, als die Schwingtür des Stalls aufging und Kewin auf den Hof stürzte. Er schaute sich wütend um und hatte zweifellos Rache im Kopf.
    Plötzlich sagte der Mann am Boden »Aruula?« Der Sohn des Freiherrn stutzte, und Aruula erkannte, dass der Bärtige Sorban war.
    Sie atmete auf, eilte zu ihm und half ihm auf die Beine.
    Kewin wollte wohl einen guten Eindruck machen: Er half ihr nicht nur dabei, er klopfte Sorban auch den Staub von den Kleidern. Dann murmelte er »Gute Nacht« und setzte sich ins Dunkle ab.
    Sorban schaute hinter ihm her. »Wer war das?«
    »Ich… ähm…« Aruula suchte nach Worten. Einerseits war der Häuptling nicht ihr Vater, doch andererseits bestand auch kein Grund, dass sie Heimlichkeiten vor ihm hatte. »Er heißt Kewin.«
    »Kewin? Dann muss er einer von Ilmatz’ Söhnen sein.«
    Sorban runzelte die Stirn und deutete auf das Herrenhaus, aus dem er gekommen war. »Hinter diesen Mauern ist man derzeit nicht sehr glücklich.«
    Aruula schaute auf. »Was ist passiert?«
    Sorban biss sich auf die Unterlippe. »Eine rätselhafte Sache. Wirklich rätselhaft.« Er strich sich übers Kinn und deutete auf die Scheuer, in der sich die anderen heimisch gemacht hatte.
    »Lass uns gehen…« Auf dem Weg zu dem zwei Stockwerke hohen Gebäude erzählte er, was passiert war. Es hatte nur am Rande mit dem zu tun, was die Schalkah ihnen erzählt hatten: Man hatte Herrn Ilmatz keinen Besitz im klassischen Sinne gestohlen, sondern eine Frucht seiner Lenden.
    »Was?« Aruula machte große Augen.
    »Es ist unerklärlich«, führte Sorban achselzuckend aus.
    »Dass Grimolf aus freien Stücken das Weite gesucht hat, glaubt niemand, denn er war mit sich, der Natur und seiner Familie stets im Einklang! Er gehörte zu den klügsten Jungadeligen im Wuppohtal und hat seinen Lehrern immer Freude gemacht. – Doch nun ist er verschwunden, und alles deutet darauf hin, dass er entführt wurde. Vielleicht sogar von Göttern, Geistern oder Dämonen.«
    Aruula lief ein Schauer über den Rücken. »Wie kommen die Leute darauf?«
    Sorban zuckte verlegen die Achseln. »Naáti – Grimolfs Mutter – hat in der Nacht, in der er verschwand, angeblich fliegende Lichter vor dem Fenster seiner Schlafkammer gesehen.«
    »Fliegende Lichter?«
    Sorban winkte ab. »Was weiß ich, was das zu bedeuten hat! Herr Ilmatz ist jedenfalls verzweifelt! Die Suche nach Grimolf führt notgedrungen dazu, dass wichtige Arbeiten liegen bleiben, die unbedingt getan werden müssen, bevor der Winter anbricht! Dass wir gerade jetzt eintreffen, ist ein Segen für ihn, denn in zwei Tagen muss er seinem Herrn den Zehnten abliefern – was er nur kann, wenn er mehr Leute hat.«
    Aruula erfuhr am Rande, dass der Herr des Herrn Ilmatz auf der anderen Seite des Hügels in einer kalten Trutzburg lebte.
    Obwohl es ihm ein Leichtes gewesen wäre, sich selbst mit Brennholz zu versorgen, wäre ihm nie eingefallen, dies zu tun; wofür war man schließlich Herrscher und hatte Untertanen? In Zeiten der Gefahr genoss Herr Ilmatz den Schutz seines Fürsten, deswegen musste er in friedlichen Zeiten eben für dessen Wohlergehen sorgen.
    Sorban blieb vor der Scheuer stehen und deutete mit sorgenzerfurchter Miene auf das Haupthaus. Hinter den Fenstern im zweiten Stock sah man im Licht der Kerzen eine dünne Frau mit langem Haar und nervöser Miene auf und ab gehen. »Naáti ist nur noch ein Nervenbündel… Herr Ilmatz

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