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1968 - Ketzer der Tazolen

Titel: 1968 - Ketzer der Tazolen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Trennung von Frauen und Männern künftig aufhebt. Alle Tazolen wären frei zu wählen, welche Ausbildung sie wünschen und welchen Lebenspartner." Soe ra Lor dachte einen Moment nach. „Die letzte Bedingung ist natürlich, dass ich nicht nur Amt und Würden, sondern auch das Geheimnis des Elcoxols mit ihm teile, nicht wahr?" Der Bote nickte. „Es wäre sonst keine Gleichberechtigung." Es war deutlich zu merken, dass Herowott ihn sehr gut instruiert und Soe ra Lors Fragen weitgehend vorhergeahnt hatte. Die Hohepriesterin lachte abfällig mit rauer, tiefer Stimme. „Geh zu deinem Herrn und sag ihm, dass sein Vorschlag inakzeptabel ist!"
    Der Bote riss verblüfft die Augen auf. „Aber ..."
    „Geh! Ich habe dir nichts mehr zu sagen." Sie scheuchte ihn mit einer Handbewegung fort. Der Bote ging. Soe ra Lor wandte sich um und richtete den Blick auf die Berge. Seit 30 Jahren lebte sie mit der 25 Jahre jüngeren Vor ri Nas zusammen, die sie mehr liebte als alles andere. Sie hatte' keinem Mann je gestattet, sie zu berühren noch sich mit dem Gedanken befasst, ein Kind zu gebären. Irgendwie hatte sie schon von frühester Jugend an geahnt, dass sie die letzte der Herrscherinnen sein würde. Sie wollte einer Tochter kein so schweres Erbe hinterlassen, mit einer ungewissen Zukunft. Und ein Sohn hätte sich vielleicht sogar selbst gegen sie gewandt. Das hätte sie nicht verkraften können.
    Es war deshalb besser gewesen, kinderlos zu bleiben. Soe ra Lor hatte sich selbst auf ein Podest gestellt, um so unangreifbar wie möglich zu sein, und sich zu Lebzeiten zur Legende gemacht. Das war sicher ein Grund gewesen, weswegen es bisher nie zum Krieg gekommen war. Das Volk hatte auf sie gehört und sich nicht verleiten lassen.
    Doch nun war ihre Macht an die Grenzen gestoßen. Sie selbst war es gewesen, die Herowott enttarnt hatte, als er in sein neues Amt eingeführt werden sollte. Soe ra Lor besaß einen überaus feinen Geruchssinn, und da sie nie einen Mann in unmittelbarer Nähe geduldet hatte, erkannte sie den fremden Geruch sofort.
    Im Grunde war sie selbst daran schuld gewesen, dass er fliehen konnte. Sie war beeindruckt gewesen von seinem Mut und seiner Intelligenz. Ohne Zweifel war er etwas ganz Besonderes. Und vielleicht war es der Wille der Götter, dass ein Mann wie er nicht in einem Kerker dahinsiechen sollte.
    Sie hatte zu lange gezögert, und er war entkommen. Von diesem Tag an hatte sie sich auf das Ende ihrer, Herrschaft vorbereitet.
    Sie hörte eine Bewegung hinter sich. Vor ri Nas war zurückgekehrt. „War das klug, Hoheit?" fragte sie leise. „Ich bin keine Närrin, Vor", antwortete sie. „Herowott will sich auf diese Weise an die Macht schleichen, wie er sich in die Schule geschlichen hat. Aber dieser Demütigung setze ich mich nicht aus. Meine Würde lasse ich mir nicht nehmen. Ich werde Herowott den Triumph nicht gönnen, mich den Männern als Besiegte vorzuführen und der Schande preiszugeben."
    „Aber was wirst du dann tun?" Soe ra Lor stieß einen langen Seufzer aus. „Vor diesem Tag habe ich mich gefürchtet, seit Herowott die Flucht gelang." Sie sah ihrer Lebensgefährtin in die Augen. „Ich muss eine sehr schwere Entscheidung treffen, und leider habe ich keine Wahl. Unter gar keinen Umständen werde ich es zulassen, dass sich die Tazolen gegenseitig umbringen. Abgesehen davon wäre es ohnehin fraglich, wie lange meine Männer sich meinem Befehl noch unterordnen würden."
    „Sie sind dir treu ergeben!"
    „Herowott ist ein ausgezeichneter Redner, und er ist ein Mann wie sie. Ich würde jede Wette eingehen, dass er nicht einmal einen Tag braucht, um achtzig Prozent meiner zwei Millionen Männer davon zu überzeugen, dass sie auf der falschen Seite stehen. Welchen Schutz hätte ich noch? Welchen Schutz hätten wir alle?" Vor ri Nas begann zu zittern. „Was bleibt uns dann noch?" flüsterte sie. Soe ra Lor nahm sie sanft in die Arme. „Nichts mehr", sagte sie traurig. „Überhaupt nichts mehr1 meine Geliebte."
    Die Vorbereitungen waren schnell getan. Soe ra Lor ließ den Anführer ihres „Heeres" zu sich kommen und befahl ihm, aufzurüsten und Herowott entgegenzuziehen. Sie machte sich keine Illusionen darüber, dass vermutlich nicht ein einziger Schuss fallen würde - was sie insgeheim sogar hoffte -, aber das sagte sie dem Mann natürlich nicht. Die Männer sollten freiwillig darüber entscheiden können, welche Regierungsform sie künftig wünschten. Zweifelsfrei würden die meisten Herowott

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