1968 - Ketzer der Tazolen
Mann anredete. „Nun bleibt nur noch eines zu tun", sagte sie schließlich, als sie die Feder beiseite legte. Vor ri Nas war die ganze Zeit über nicht von ihrer Seite gewichen. „Bist du wirklich sicher?" fragte sie. „In einer Welt, die keinen Platz mehr für Frauen hat, will ich nicht leben, Vor", antwortete die Hohepriesterin. „Aber ich zwinge dich nicht, mir zu folgen."
„Red keinen Unsinn!" empörte sich die Lebensgefährtin. „Was soll ich ohne dich? Ich werde dahin gehen, wohin du auch gehst. Ich lasse dich niemals allein." In ihrer Hand hielt sie zwei kleine Becher, in die sie jetzt eine klare Flüssigkeit eingoss. Soe ra Lor nahm einen Becher, hob ihn zum Gruß und leerte ihn in einem Zug. Die anderen Frauen begriffen jetzt erst, was die beiden vorhatten, und waren entsetzt. Es müsse doch einen anderen Weg geben. Sie brauchten Soe ra Lor als Vorbild, sie wüssten nicht, was sie ohne sie tun sollten... „Ihr seid frei in eurer Entscheidung", unterbrach Soe ra Lor sie mild. „Meine Zeit ist vorüber. Ich bin ohnehin alt, und ich will die letzten Jahre nicht dahinsiechen. Herowott wird mich suchen, um mich und euch öffentlich zu demütigen, um unseren Sturz zu vollenden. Auch diesen Triumph werde ich ihm nicht gönnen. Er wird mich niemals finden - ihr aber könnt dafür sorgen, dass er mich nicht so schnell vergisst." Einige Frauen nickten zaghaft. Das wäre ein Ziel, Soe ra Lor zu einem unfassbaren, mächtigen Schatten werden zu lassen, der im geheimen für die Sache der Frauen kämpfte.
Damit hatten sie ihren Widerstand noch nicht ganz aufgegeben, und vielleicht gab es dadurch doch noch eine Hoffnung für die Zukunft. Die Macht einer Legende war nicht zu unterschätzen. „Ich bitte euch nur noch um eines", fuhr Soe ra Lor fort: „Versiegelt nun den Zugang zu dieser Höhle." Es war eine harte, mühsame Arbeit, doch schließlich war die Höhle vollständig geschlossen. Kein Laut, kein feiner Lichtstrahl drang mehr von außen herein. Sie hatten sich kurz vorher noch flüsternd und mit tröstenden Worten verabschiedet.
Soe ra Lor und Vor ri Nas waren allein. Zwei Fackeln erhellten die Höhle und warfen lange Schatten über all die Gegenstände, die sich darin befanden. „Der reichste Schatz der Welt", murmelte Vor ri Nas. „Wird es lange dauern, was meinst du?"
„Ich glaube nicht. Vor Herowotts Eintreffen ist es sicher vorbei", antwortete Soe ra Lor. „Die Höhle ist luftdicht verschlossen, und die Fackeln verbrauchen zusätzlich Sauerstoff. Wenn sie erloschen sind, wissen wir, dass es vorüber ist. Wir werden müde und schlafen ein. Das langsam wirkende Gift dient nur der Vorsicht, falls uns doch noch jemand finden sollte. Es wird ein friedlicher Tod sein, Vor. Du brauchst keine Angst zu haben."
„Ich habe keine Angst", flüsterte sie. „Du bist bei mir, und bald wird Ramsoh uns in ihre Arme schließen. Nichts könnte schöner sein ..."
7.
Gantusch
(25. Januar 1291 NGZ)
Der Bordsyntron reagierte sofort und aktivierte den Schutzschirm, bevor die Torpedos Schaden anrichten konnten. Der Shift erzitterte unter einer Menge von Explosionen. Als die Sicht allmählich wieder klar wurde, waren sie von einem Heer umzingelt, das aus bewaffneten Tausendfüßern in Kampfanzügen bestand. „Cartagener!" rief Mhogena überrascht. „Also haben doch einige überlebt und sich hierher zurückgezogen!"„Und mein Boot gestohlen!" ereiferte sich Vil an Desch. „Ich will sofort mein Elcoxol!"
„Vermutlich haben sie es längst ins Wasser ausgekippt", meinte der Orter fast schadenfroh. Dao-Lin funkte die Cartagener in Sinjuil an, um ihnen mitzuteilen, dass sie nicht zu den Algiotischen Wanderern gehörten, sondern Retter aus einer fremden Galaxis seien. Natürlich schenkten die Cartagener diesen Beteuerungen keinen Glauben. Das war durchaus verständlich nach allem, was sie durchgemacht hatten.
Sogar als der Syntron des Shifts ein Hologramm Mhogenas nach außen projizierte, waren die Cartagener nicht zu bremsen. Sie hielten den Gharrer wohl eher für einen Verräter als für den Fünften Boten Thoregons. Sie griffen den Shift an, obwohl ihnen klar sein musste, dass sie hoffnungslos unterlegen waren. Doch das tat ihrer Angriffswut keinen Abbruch. „Mein E1coxol!" kreischte Vil an Desch. „Sie haben kein Recht dazu!" Niemand beachtete ihn. Alle blickten gespannt nach außen. „Sollen wir uns zurückziehen?" fragte der Pilot. „Nein, zuerst müssen wir zu dem Boot", lehnte Dao-Lin ab.
Weitere Kostenlose Bücher