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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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schaltete Radio Leeds ein:
    Die Leiche der vermißten Clare Kempley wurde in den frühen Morgenstunden im Brachland des Devil’s Ditch in Wakefield von Bauarbeitern entdeckt. Auf einer Pressekonferenz auf der Wood Street Police Station in Wakefield rief Detective Chief Superintendent George Oldman zur Jagd nach dem Mörder auf und appellierte an Zeugen, sich zu melden:
    »Im Namen der Familie Kemplay und der gesamten Polizei von West Yorkshire möchte ich unseren Aufruf wiederholen …«
    Scheiße.
     
    »Dich hat doch jemand in der Hand. Jemand hat dich doch verdammt noch mal in der Hand!«
    »Da liegst du völlig falsch, und außerdem wäre ich dir sehr dankbar, wenn du auf deinen Ton achten würdest.«
    »Tut mir leid, aber du weißt, wie nah ich dran bin …«
    Dann konnte man nichts mehr verstehen, und ich gab es auf, mitzuhören, worüber die beiden stritten. Die Tür zu Haddens Büro war dicker, als sie aussah, und daß die fette Steph tippte, half auch nicht.
    Ich sah auf die Uhr meines Vaters.
    Dawsongate: Gelder der Ortsverwaltung für privaten Hausbau; minderwertiges Baumaterial für den sozialen Wohnungsbau; Schmiergelder, wohin man sieht.
    Barry Gannons Baby, seine Obsession.
    Die fette Steph schaute von der Arbeit auf, lächelte mitfühlend und dachte, du bist der nächste.
    Ich lächelte zurück und fragte mich, ob Jack es ihr wirklich von hinten besorgte.
    Wieder hob Barry Gannon in Haddens Büro seine Stimme.
    »Ich will doch nur zu dem Haus gehen. Sie hätte dich nicht angerufen, verdammt noch mal, wenn sie nicht hätte reden wollen.«
    »Es geht ihr nicht besonders gut, das weißt du doch. Das wäre unethisch. Das wäre einfach nicht recht.«
    »Unethisch!«
    Scheiße. Das würde noch die ganze verdammte Nacht dauern.
    Ich stand auf, zündete mir noch eine Zigarette an, ging wieder auf und ab und murmelte: »Scheiße, Scheiße, Scheiße.«
    Die fette Steph sah verärgert auf, aber nur halb so verärgert, wie ich es war. Unsere Bücke kreuzten sich, und sie tippte weiter.
    Ich sah erneut auf die Uhr meines Vaters.
    Gannon stritt sich weiter mit Hadden über Dawsongate, irgendein Scheiß, für den sich außer Barry eh keiner interessierte, während der verdammte Jack Whitehead unten saß und die größte Story des verdammten Jahres schrieb.
    Eine Story, die jeder lesen wollte.
    Meine Story.
    Plötzlich ging die Tür auf, und Barry Gannon kam lächelnd heraus. Er schloß leise die Tür hinter sich und zwinkerte mir zu.
    »Du schuldest mir was.«
    Ich machte den Mund auf, aber er legte einen Finger an seine Lippen und ging pfeifend den Flur entlang davon.
    Die Tür ging wieder auf. »Tut mir leid, daß Sie warten mußten. Kommen Sie rein«, sagte Hadden. Er hatte die Ärmel hochgekrempelt, und die Haut unter seinem silbrigen Bart glühte rot.
    Ich folgte ihm ins Büro, schloß die Tür und setzte mich. »Sie wollten mich sprechen?«
    Bill Hadden setzte sich hinter seinen Schreibtisch und grinste wie der beschissene Weihnachtsmann. »Ich wollte nur sicher gehen, daß Sie wegen heute nachmittag nicht sauer sind.« Er hielt ein Exemplar der Sunday Post in die Höhe, um seinen Punkt noch zu unterstreichen.
    MORD.
    Ich warf einen Blick auf die fette schwarze Schlagzeile und starrte dann die Zeile darunter an, die noch fetter und schwärzer wirkte:
    VON JACK WHITEHEAD,
    GERICHTSREPORTER DES JAHRES.
    »Sauer?« fragte ich und konnte beim besten Willen nicht sagen, ob ich verscheißert oder besänftigt, verjagt oder umarmt werden sollte.
    »Nun, ich hoffe, Sie haben nicht den Eindruck gewonnen, man hätte Sie aus der Story gedrängt.« Haddens Lächeln wirkte irgendwie matt.
    Ich fühlte mich völlig paranoid, so als tropfte Barrys Verfolgungswahn von den beschissenen Wänden des Büros. Ich hatte keine Ahnung, warum wir überhaupt dieses Gespräch führten.
    »Ich bin raus aus der Story?«
    »Nein. Überhaupt nicht.«
    »Ich verstehe. Dann kapiere ich allerdings nicht, was heute nachmittag passiert ist.«
    Hadden lächelte nicht mehr. »Sie waren nicht da.«
    »Kathryn Taylor wußte, wo ich war.«
    »Wir konnten Sie nicht erreichen. Also habe ich Jack geschickt.«
    »Ich verstehe. Also ist das jetzt Jacks Story?«
    Hadden fing wieder an zu lächeln. »Nein. Sie werden gemeinsam darüber schreiben. Vergessen Sie nicht, Jack war über …«
    »Zwanzig Jahre lang Gerichtsreporter für Nordengland. Ich weiß. Er teilt mir das jeden verdammten Tag mit.« Ich war völlig verzweifelt und verängstigt.
    Hadden stand

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