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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Leserbriefe. Und jetzt will diese Nachbarin …«
    »Mrs. Sheard?« fragte ich unwillkürlich.
    »Ja, genau die. Mrs. Enid Sheard. Sie hat angerufen und sagt, sie will auspacken.«
    »Für eine gewisse Summe.«
    Hadden runzelte die Stirn. »Ja.«
    »Unausstehlich, die alte Schachtel.«
    Hadden wirkte leicht verärgert, setzte aber nach. »Ich dachte, nachdem Sie in Castleford gewesen sind, könnten Sie bei ihr reinschneien und nach dem Rechten sehen. Das wär’ genau das Richtige für die Dienstagsbeilage.«
    »Ja. Okay. Aber, tut mir leid, was ist mit Clare Kemplay?« Da sprach die Verzweiflung und meine Magengrube, da sprach ein Mann, der nur noch Baustellen und Ratten vor sich sah.
    Hadden schaute kurz überrascht aufgrund des weinerlichen Tons meiner Frage, doch dann stand er wieder auf und sagte:
    »Keine Sorge. Wie schon gesagt, Jack wird die Stellung halten, und er hat versprochen, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Reden Sie mit ihm.«
    »Er haßt mich«, sagte ich und weigerte mich zu gehen.
    »Jack Whitehead haßt jeden«, erwiderte Bill Hadden und öffnete die Tür.
     
    Samstag nachmittag, das Büro war wunderbar still und gnädigerweise war nichts von dem scheiß Jack Whitehead zu sehen. Die Sunday Post war schon zu Bett.
    Leeds United mußte wohl gewonnen haben, aber mir war das scheißegal.
    Ich hatte verloren.
    »Hast du Jack gesehen?«
    Kathryn saß allein an ihrem Schreibtisch und wartete. »Der wird wohl im Pinderfields Hospital sein, oder? Auf die Obduktion warten.«
    »Scheiße.« Die Story war futsch, und ich hatte Angstvisionen, Welle um Welle von immer noch mehr Ratten, die über Meilen und Meilen von Baustellen huschten.
    Ich sackte an meinem Schreibtisch zusammen.
    Jemand hatte mir ein Exemplar der Sunday Post auf meine Schreibmaschine gelegt. Ich mußte kein beschissener Kojak sein, um herauszufinden, wer.
    MORD – VON JACK WHITEHEAD, GERICHTSREPORTER DES
    JAHRES.
    Ich nahm die Zeitung in die Hand.
    Gestern in den frühen Morgenstunden entdeckten Arbeiter im Devils Ditch in Wakefield die unbekleidete Leiche von Clare Kemplay (9).
    Eine erste medizinische Untersuchung ergab keine eindeutige Todesursache, doch Detective Chief Superintendent George Oldman, der die Suche nach Clare geleitet hatte, ordnete umgehend den Einsatz einer Mordkommission an.
    Es war vorgesehen, daß Dr. Alan Coutts, der Pathologe des Innenministeriums, am späten Samstagnachmittag die Obduktion vornehmen sollte.
    Clare war seit Donnerstag gegen 16.00 Uhr nicht mehr gesehen worden, als sie auf dem Heimweg von der Morley Grange Junior and Infants School verschwand. Ihr Verschwinden löste eine der größten Suchaktionen der Polizei aus, die es im Bezirk je gegeben hat; Hunderte von Anwohnern schlossen sich der Polizei an, um in Morley und der angrenzenden Gegend zu suchen.
    Erste Polizeiumfragen konzentrieren sich auf alle, die sich zwischen Freitagmitternacht und sechs Uhr früh am Samstagmorgen in der Nähe des Devils Ditch aufgehalten haben. Die Polizei möchte vor allem mit Personen Kontakt aufnehmen, die in dieser Zeit möglicherweise ein parkendes Fahrzeug in der Nähe des Devil’s Ditch gesehen haben. Jeder, der über solche Informationen verfüge sollte sich mit der nächsten Polizeidienststelle oder über Wakefield 3838 direkt mit der Mordkommission in Verbindung setzen.
    Mr. und Mrs. Kemplay und ihr Sohn finden Trost bei Verwandten und Nachbarn.
    Blutige Schlagzeilen verkaufen sich besser.
    »Wie war’s mit Hadden?« Kathryn beugte sich über meinen Schreibtisch.
    »Na, was glaubst du denn, verdammt?« fauchte ich, rieb mir die Augen und suchte nach jemand Unbeschwertem.
    Kathryn kämpfte gegen die Tränen an. »Barry meinte, ich soll dir sagen, er holt dich morgen um zehn ab. Zu Hause bei deiner Mutter.«
    »Aber morgen ist doch Sonntag, verdammt.«
    »Dann geh und frag Barry doch selber. Ich bin nicht deine verdammte Sekretärin. Ich bin selber Journalistin, verdammte Scheiße.«
    Ich stand auf und verließ das Büro, aus Angst, jemand könnte hereinkommen.
     
    Im Vorderzimmer lief der Beethoven meines Vaters, so laut es nur ging.
    Im Hinterzimmer hatte meine Mutter den Fernseher noch lauter gestellt: Turniertanz und Springreiten.
    Scheiß Pferde.
    Der Köter von nebenan bellte die ganze Fünfte hindurch.
    Scheiß Hunde.
    Ich goß den Rest Scotch ins Glas und dachte an die Zeit, als ich tatsächlich ein bescheuerter Polizist werden wollte, aber viel zu große Angst hatte, es auch tatsächlich zu

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