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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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verkünden hatte. »Die Kanaillen sind raus«, sagte er, »raus aus der Stadt! Mit ihrer Beute. Einer meiner Leute hat auf einem Parkplatz bei Los Órganos einen Lkw-Konvoi gesammelt, und da entdeckten die Soldaten einen Laster auf dem Platz. Wahrscheinlich wäre er ihnen nicht weiter aufgefallen, wenn sie nicht unter dem Fahrzeugheck unzählige Module gefunden hätten, also elektronische Bauteile. Die lagen da ausgestreut herum wie Hühnerfutter. Die Männer haben die Plane geöffnet und sind rauf gestiegen. Und jetzt halten Sie sich bitte fest, meine Herren! So zahlreiche Indizien für ein gerade begangenes Verbrechen hat bestimmt noch kein Kriminalbeamter vorgefunden, jedenfalls nicht auf einen Schlag. Im Ladeteil und in der Kabine liegt jede Menge brisantes Zeug herum. Sogar Lehrbücher über Dioxine haben meine Leute entdeckt und seltenweise technische Anleitungen, dazu Sprengstoff und Geräte wie dieses hier«, er zeigte auf die Sprechanlage, »und Kabelrollen, Werkzeug und so weiter, auch die Plastikbeutel, in denen das Lösegeld ausgehändigt wurde.«
»Und was haben Ihre Leute mit den Sachen gemacht?« Die Frage des Polizeichefs klang besorgt, wenn nicht gar erregt.
»Keine Angst! Sie haben sich das Sammelsurium angesehen, aber nichts mit bloßen Händen berührt.«
»Gott sei Dank! Ich fahre jetzt mit den Männern der Spurensicherung dorthin. Ein Parkplatz bei Los Órganos, sagten Sie?« »Ja«, antwortete der Oberst und beschrieb den Platz genauer.
Dann fuhr er fort: »Und noch etwas haben die Soldaten gefunden, etwas, was sie alle erfreuen, oder sagen wir mal, beruhigen wird: einen Stadtplan von Acapulco, auf dem die Standorte von fünf Dioxinfässern und sechs TNT-Depots eingetragen sind.«
»Bleibt zu hoffen, daß dieser Plan echt ist«, sagte Garcia, und darauf meinte der Oberst: »Wird schon. Die TNT-Plätze stimmen mit denjenigen überein, an denen die Sprengungen stattgefunden haben; das Dioxinfaß, das wir überprüft haben, ist auch eingezeichnet.«
»Und was ist mit dem Landkommando?« fragte Reyes. Der Oberst lachte bitter auf. »Jetzt bin ich sicher: Das hat es nie gegeben!«
Die Nachricht von der veränderten Lage löste Erleichterung und zugleich Betriebsamkeit aus. Selbst Peralta, dem der fehlende Schlaf nicht nur vom Gesicht, sondern auch von jeder Bewegung abzulesen war und der sich nur noch mit Hilfe ungezählter Tassen Mokka wachgehalten hatte, wurde wieder munter. »Hombres«, sagte er, »jetzt geht’s los! Ich brauche noch einmal einen Spezialtrupp mit Ingenieuren, Technikern, Sprengmeistern und so weiter; am besten dieselben Leute, die mir beim ersten Faß geholfen haben.« Dann fragte er den Polizeichef: »Nehmen Sie mich mit? Ich muß mir deren Instrumentarium ansehen, bevor die Sache steigt.«
Die beiden verschwanden, und gleich darauf löste die Gruppe sich weiter auf. Die Offiziere kehrten zu ihren Einheiten zurück, der Bürgermeister fuhr ins Rathaus. Auch Paul Wieland verließ das Zimmer 1610. Er hatte sogar seinen Jeep wieder zur Verfügung. Manolo hatte ihn inzwischen vor dem Portal des REINA DEL PACIFICO abgestellt. So war der Weg ins REFUGIO diesmal in wenigen Minuten geschafft.
    Er fand Petra schlafend vor, wollte sie nicht wecken, sich nur ganz leise neben sie legen. Aber wie bei so vielen der vom Gift Verschreckten bedeutete auch bei ihr der Schlaf in diesen Tagen nur ein ganz leichtes Entrücktsein, und so saß sie aufrecht im Bett, kaum daß er sich hingelegt hatte. Und dann lief es wieder völlig gegen die Regel, ja, gegen die Vernunft: Er war müde, sie war müde, und es war sechs Uhr morgens, aber sie standen auf und machten Frühstück und setzten sich auf den noch halbdunklen Balkon.
    Er erzählte von den jüngsten Ereignissen, besonders ausführlich von dem Moment, als er mit den anderen Männern zwischen den Stelzwurzeln der Mangroven hockte und die Yacht, auf der sie die Bande und das Geld wähnten, in die Luft flog.
    »Wieder einmal«, sagte er, »haben sie bewiesen, wie gewissenlos sie sind und daß Menschenleben für sie nicht zählen. Bei einer mehrstündigen Fahrt mit automatischer Steuerung über ein Meer, mit dem sie bestimmt nicht vertraut sind und dessen Strömungsverhältnisse sich selbst von Kennern nur sehr begrenzt kalkulieren lassen, kann niemand auf die Meile genau eine Sprengung vorausplanen. Bei nur etwas verändertem Wind hätte die Drift das Boot früher aufs Land zutreiben können. Und nun mal dir aus, wir sechs da

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