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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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eins. Paul Wieland stand neben dem Bootswrack, das in großen schwarzen Buchstaben die Aufschrift MISTER Dl trug. Bei ihm befanden sich ein Oberleutnant und ein Leutnant des Heeres, ein Korvettenkapitän und ein Leutnant der Marine und der Pilot des Hubschraubers. Alle Männer hatten Ferngläser in den Händen. Sie erwarteten die Yacht, suchten immer wieder die dunkle Fläche des Meeres ab.
    Sie standen auf der der Lagune vorgelagerten Nehrung. Hier war es, vor allem durch den Wind, kühler als in der geschützten Bucht von Acapulco. Wieland fröstelte, und er bedauerte den Piloten, der jetzt zwar noch seine olivfarbene Montur trug, die Badehose aber schon griffbereit neben sich hatte; sie hing an einer der drei aufragenden Bootsspanten, die im Licht des Hubschraubers wie gebleichte Walfischrippen aussahen. 
    »Ich glaub’, da kommt sie!« sagte einer der Offiziere. »Halb rechts.«
    »Ja, das könnte die Yacht sein«, meinte Paul Wieland. »Sie haben die Kerle vorhin erlebt«, sagte der Marineleutnant, »was für Typen sind es?«
    »Sie waren maskiert«, antwortete Paul Wieland, »schienen sehr professionell zu sein, gaben ihre Befehle kurz und bündig.«
    »Wie viele waren es?«
»Drei, die ich sehen konnte. Aber da keiner von ihnen eine Waffe in der Hand hatte, nehme ich an, daß hinterm Schanzkleid noch ein paar mehr hockten, mit ihren Pistolen im Anschlag.«
»Hat Ihre Vermutung, daß es Deutsche sind, sich bestätigt?« fragte der Korvettenkapitän.
»Ja.« Paul Wieland berichtete von dem kleinen Vorfall, durch den der eine hatte erkennen lassen, daß er das Deutsche zumindest verstand. Dann fuhr er fort: »Sie sprachen zwar immer englisch, auch untereinander, aber ohne Zweifel mit deutschem Akzent.« Er wandte sich an den Piloten:
»Wann müssen wir hier verschwinden?«
»Ich schätze, in einer Viertelstunde. Sie brauchen sich nicht bis zur Absperrungslinie zurückzuziehen. Verkriechen Sie sich doch da drüben in den Mangroven! Da sieht man Sie nicht, aber Sie können alles sehr gut beobachten.«
»Was meinen Sie«, fragte Wieland, »wohin der Flug geht?«
»Schwer zu sagen. Guatemala. Honduras. El Salvador. Es könnten, von der angegebenen Zeit her, auch die USA sein, atlantische Seite. Ich tippe aber auf Guatemala. Da geht’s dann wahrscheinlich runter auf die Piste von irgendeiner verkommenen Plantage. Vielleicht im Urwald. Ich bin allerdings sicher, daß die Herren nur umsteigen wollen. Bestimmt steht auch da eine aufgetankte Maschine bereit, und weiter geht’s. Sonst brauchte der Pilot ja bloß den Ort durchzugeben, an dem er gelandet ist, und dann wären im Handumdrehen, wenn nicht wir, so doch die Guatemalteken da.«
Die Yacht war ein gutes Stück nähergekommen. Sie konnten nun schon mehrere Lichter unterscheiden, und auch die Fahrt des Schiffes war deutlich wahrzunehmen.
Der Pilot sagte: »Ich glaube, jetzt wird’s Zeit für meinen Striptease.« Er zog sich aus, wickelte sein Zeug zu einem Bündel zusammen und warf es in den Hubschrauber. Als letztes flogen die Stiefel in die Kabine. Als er die Badehose angezogen hatte, sagte er: »So, ich geh’ rauf und werf den Motor an. Und Sie verziehen sich in die Büsche!«
Wenige Minuten später hockten die fünf Männer im Dickicht der Mangroven. Wieland setzte sein Fernglas an die Augen. Es war ein hochwertiges Nachtglas, das die Marine ihm überlassen hatte. Deutlich konnte er die Umrisse der Yacht erkennen. Was ihn verwunderte, war, daß das Schiff gar nicht auf den erleuchteten Hubschrauber zuhielt. Es schien, als würde die Landung ein Stück weiter östlich stattfinden.
Er setzte das Glas ab, rieb sich die Augen, sah hinüber zum Helikopter. Den Piloten hinter der Scheibe konnte er nicht ausmachen, weil die Rotorblätter den Sand hoch aufwirbelten. Er richtete den Blick wieder aufs Wasser. Tatsächlich, die Yacht war, im Abstand von etwa fünfzig Metern zum Ufer, schon ein kleines Stück an dem vereinbarten Treffpunkt vorbeigefahren und hielt auch weiterhin östlichen Kurs.
Er sah das rote Positionslicht an Backbord und die Heckbeleuchtung. Auch im kurzen Mast saß eine Lampe, und in ihrem Licht konnte er sogar den Steuermann sehen. Und wieder, wie schon bei der Geldübergabe, fiel ihm das seltsam lange Heck auf. Wie ein Trailerschiff in Miniformat, dachte er, und er spann diesen Faden noch ein bißchen weiter: Vielleicht haben sie dahinten die Fässer an Bord gerollt. Wo wohl? In den USA? Oder wollten sie mit ihren merkwürdigen Heckflossen nur

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