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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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gewachsen. Er hatte, nachdem die Durchsage gekommen war, das Sprechgerät angestarrt, hatte zu zittern begonnen und war nicht mehr in der Lage gewesen, die Taste herunterzudrücken und auf die furchtbare Nachricht zu reagieren. »Eso no!« Das nicht! Mit sich überschlagender Stimme und begleitet von wildem Kopfschütteln hatte er den anderen immer wieder diese Worte zugerufen. Daß er in seine Muttersprache zurückgefallen war, hatte sein Entsetzen nur noch verdeutlicht. Schließlich hatte Richard ihn gepackt, vom Stuhl gezerrt und auf die hintere Ducht mehr geworfen als gesetzt. Dort hatte er gehockt, während Leo kurzentschlossen das Gerät eingeschaltet und die Rolle des Sprechers übernommen hatte.
    Und dort, auf der Heckducht, kauerte Fernando noch immer, die Ellenbogen auf die Knie gestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Am Beben seines Oberkörpers sahen die anderen, daß er weinte.
    Georg legte ihm den Arm um die Schultern, aber brüsk wehrte er die freundschaftliche Geste ab. Leo machte es weniger feinfühlig. Er stellte sich vor den Spanier hin und brüllte ihn an: »In jedem Krieg gibt es Tote, und dies ist ein Krieg!«
    Fernando hob den Kopf. »Aber … aber so war es nicht geplant! Erst der Polizist und nun … die sechs! Und vielleicht noch mehr …«
    »Vielleicht tausend«, unterbrach Richard die Stammelei, »vielleicht zweitausend, wenn sie nämlich nicht zahlen. Das ist der Plan, und dem hast du zugestimmt.«
    »Sehr richtig!« ergänzte Leo. »Wir haben sozusagen einen Vertrag geschlossen. Folglich muß jeder ihn einhalten, egal, was passiert.«
    »Du hast doch immer gesagt … sie gehen auf unsere Forderung ein, haben keine Wahl, und so …«
»Damit wären wir wieder mal bei der verdammten Blumenerde!« schrie Leo. »Also bei deiner Meinung, man brauche den Ernstfall gar nicht einzukalkulieren. Was glaubst du wohl, wie viele Leute diesen Coup schon vor uns ausprobiert hätten, wenn alles so einfach wäre! Merk dir das, mein Junge, hier gibt es kein So-tun-als-ob, wie es die hundertprozentige Absicherung nicht gibt.«
Aber auch Fernando steigerte plötzlich seine Lautstärke, gewann, zumindest verbal, seine Sicherheit zurück. »Ich ging davon aus, daß es ohne Opfer abgehen würde. Und nun? Schon sieben Tote! Und dabei ist noch kein Milligramm von unserem Gift freigesetzt! Wir haben gesagt: nur Randgebiete, in denen kein Mensch wohnt. Aber du? Du wolltest unbedingt deine blöde special show ! Das Ganze ist ein Scheißspiel geworden, und ich spiele nicht mehr mit! Ich will keinen Pfennig von eurem verfluchten Geld! Okay, ich bin ein Gauner, hab’ in meiner Heimat das Ding mit Georg gedreht, den Immobilienschwindel, und ich hätte auch diese Sache mit euch durchgezogen. Aber Mord war nicht inbegriffen.«
»Du Schwachkopf!« Leo verlor die Beherrschung, beugte sich hinab und packte den Spanier vorn am Hemdkragen.
»Mir scheint, auch du hast …«, er ließ ihn los und tippte mit zwei Fingern gegen den schwarzbehaarten Schädel, »… da oben bloß ’ne Wasserblase! Genau wie unsere Monsterbabys! Sonst würdest du nicht solchen Stuß von dir geben. Wer mit gefährlichen Konsequenzen droht, muß, wenn sie unvermeidbar werden, auch dazu stehen. Felix und ich haben über hunderttausend Mark in das Unternehmen gesteckt, aber nicht in der Absicht, es beim ersten Eintreten von Schwierigkeiten hinzuschmeißen. Und nun fällst du uns in den Rücken! Du bist ein Versager, ein Waschlappen! Trotzdem bist du immer noch unser Partner, denn jetzt ist ein Stadium erreicht, in dem eine Beteiligung sich nicht mehr aufkündigen läßt. Wir sitzen …«, er lachte bitter auf, »alle in einem Boot. Also, du hast drei Möglichkeiten. Nummer eins: Du springst ins Wasser und versuchst an Land zu schwimmen. Klar, daß wir dich dann abknallen müssen. Leuchtet dir das ein?«
Fernando nickte.
»Nummer zwei: Du bleibst an Bord und leistest passiven Widerstand. Du liegst hier faul herum und verweigerst jede Mithilfe. Klar, daß wir dich dann fesseln und einsperren müssen, denn wir sind nicht hier, um Parasiten zu züchten, und außerdem müßten wir ja damit rechnen, daß du unsere Geräte zerstörst oder unser Schiff anbohrst. Leuchtet dir das ebenfalls ein?«
Wieder nickte Fernando.
»Okay. Möglichkeit Nummer drei: Du kommst zur Vernunft, siehst ein, daß man sich bei einem Vorhaben wie diesem keinen Nervenzusammenbruch leisten kann, und versprichst uns, wieder mitzumachen, und zwar ohne jede Einschränkung.

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