1988 - Die Diener der Materie
Transdimensionalen Zustandswandler abholen lassen."
Samaho sah, wie der Körper des Zyklopen sich in eine Art Drachen verwandelte, und der Carnivorenschlund spie ein plasmatisches Feuer, das jedes niedere Lebewesen zu Asche verbrannt hätte.
„Aber da gibt es noch etwas...", sprach Hismoom mit einemmal leise. „Es ist damit zu rechnen, daß in den kommenden Jahrmillionen ein Thoregon errichtet werden soll. Diese Errichtung muß selbstverständlich verhindert werden. Es wird Aufgabe der Diener der Materie sein, auf die Zeichen zu achten; es ist nicht immer einfach, die Pläne von Superintelligenzen zu durchkreuzen.
Dessen seid stets gewahr. - Ihr werdet sehr, sehr mächtig sein, niemand in diesem Universum wird über euch stehen, ihr Diener der Materie. Die Hohen Mächte haben jedoch oft gesehen, daß die Geschöpfe diesseits der Materiequellen an ihrer Macht gescheitert sind. Es gibt deshalb eine Beschränkung, die euch auferlegt ist und die ihr niemals umgehen könnt: Die Diener der Materie können das Standarduniversum niemals verlassen. Sie können nicht in das Multiversum vordringen, sie können nicht über Kosmonukleotide wie DORIFER oder TRIICLE-9 gebieten; und sie können niemals den Weg hinter die Materiquellen gehen, wie es Cairol vermag."
Aus dem glühenden Zyklopenschädel schlug eine Stichflamme von einem Meter in die Höhe. Und plötzlich war von dem Schädel nichts mehr übrig.
Die Katastrophe ging mit einem fürchterlichen mentalen Schlag einher.
Hismoom, so machte sich Torr Samaho klar, konnte nicht länger bei ihnen bleiben.
Die Arme wurden in einem molekularen Teilchenregen vom Körper vollständig abgetrennt. Die Beine, stammdick, schmorten in einer Sekunde auf wenige Zentimeter Umfang zusammen und brachen, weil sie das Gewicht der ausgegasten Körperasche nicht mehr zu tragen vermochten.
Als die Reste zu Boden prallten, als eine Wolke von Asche in die glühend heiße Luft aufstieg und zur Decke der Halle hinaufgetragen wurde, da war der Kosmokrat Hismoom bereits verschwunden.
Samaho spürte seine Gegenwart nicht länger. Wahrscheinlich hatte er in einem Nullzeit-Transfer die Materiequelle von Erranternohre erreicht. Er war in seine rätselhafte Heimat zurückgekehrt, in das Land hinter den Materiequellen, von wo der Kampf gegen das Chaos im Multiversum geleitet wurde.
Ein fernes Rufen drang an seine Ohren. Es war die Stimme des Roboters Cairol.
Samaho zuckte zusammen, er ignorierte das Brennen auf seiner Haut, warf seinen Zyklopenleib herum und stürmte durch die Maschinenhalle nach draußen.
„Cairol!" brüllte er.
Der Roboter stand regungslos auf dem Plateau, metallgewordener Ausdruck einer überirdisch bedeutungsvollen Kränkung.
Aber seine ausgestreckten Arme deuteten zum Himmel hinauf.
Der Dunst hatte sich verflüchtigt. Zum ersten Mal, seit Torr Samaho das Plateau betreten hatte, blickte er auf das Lichtermeer einer Galaxis, auf die Abbilder ferner Sterne und Planeten, und vor diesem gewaltigen Panorama gruppierten sich neun womöglich noch gewaltigere Objekte zu einem schwebenden Ring.
Es waren die Kosmischen Fabriken: NOCTUA, SUVARI, MATERIA, NAR SARENNA, JORGON, GUE, WAVE, KYMBRIUM, ROA KERENA.
Die Türme der Festungen waren bis zu sechzig Kilometer hoch. Und obgleich die Fabriken untereinander keinerlei optisch wahrnehmbare Unterschiede aufwiesen, konnte Torr Samaho mit einer traumwandlerischen Sicherheit spüren, welcher der fliegenden Fabrikkomplexe mit der mythischen MATERIA identisch war.
„Jetzt, Cairol, nicht wahr?" hauchte er. „Jetzt gehen wir an Bord. Es ist soweit."
Nun, da seine innerste Sehnsucht Wirklichkeit wurde, stand der ehemalige Crozeirenprinz kurz davor, seine Beherrschung zu verlieren. Er fühlte sich orientierungslos und klein, im falschesten Augenblick von allen.
„Ja, Torr Samaho. Jetzt."
Er sah die Silhouette, die er für MATERIA hielt, schwerelos wie eine ins gigantische vergrößerte Feder niedersinken, gegen einen schrumpfenden Ausschnitt des Sternenmeers, und als MATERIA über dem Plateau ankam, war der Rest des Universums unsichtbar.
5.
Chronik: Ende April des Jahres 1291 NGZ stellte sich Analysten der intergalaktischen Szenerie die Frage, inwiefern ein Unterschied auszumachen sei zwischen dem so apostrophierten „Dritten Weg" der Superintelligenz ESTARTU und den Zielen der Koalition Thoregon.
Ähnlichkeiten drängten sich jedoch allenfalls auf den ersten Blick auf. Bei näherer Betrachtung - selbst mit dem terranischen
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