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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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neuer Fahndungsansatz heraus, der gerade jetzt, als er angezogen auf seinem Bett lag und schon wieder nach der Zigarette griff, deutlicher Kontur gewann.
    Es war, was sich da in seinem Kopf abspielte, eine im Grunde simple logische Zuordnung, ein Spiel mit Faktoren gleicher oder ähnlicher Qualität. Lemmert, der stark visuell veranlagt war und sich zum Beispiel Namen am besten dadurch merkte, daß er sie einmal schriftlich festhielt, stand auf, ging zurück in sein Wohnzimmer, stellte sich an die Tafel, auf der sonst die Billardergebnisse notiert wurden, nahm das Stück Kreide von der Ablage und schrieb auf die linke Seite der etwa dreißig mal fünfzig Zentimeter messenden schwarzen Fläche die drei Namen Braden, Haggerty und Morrison untereinander. Dann schrieb er daneben, in einer zweiten Rubrik, wieder drei Wörter untereinander, und zwar Tennis, Segeln und Reiten, so daß jedem der Männer die Sportart zugeordnet war, mit der er es – jeweils gemeinsam mit einer Frau – zu tun gehabt hatte. In einer dritten Rubrik notierte er, in Fortsetzung der Braden-Reihe, Ruth Silbermann. Darunter folgte, in der Haggerty-Reihe, ein Fragezeichen, und ganz unten setzte er den Namen Katharina Golombek ein. In die nächste Spalte kam, über alle drei Zeilen hinweg, ein riesiges »v«. Das stand für »Vögeln«. Da das Tafelbild bleiben sollte, er aber für den nächsten Morgen seine Putzfrau erwartete, begnügte er sich mit der Abkürzung.
    Dann erfolgte eine vehemente Unterbrechung. Er mußte etwa ein dutzendmal niesen, tat es mit großem Körperaufwand und Gedröhn. Danach schenkte er sich einen Wacholderschnaps ein, trank ihn in einem Zuge, stellte sich erneut vor sein Tafelbild und wertete es aus:
    Ruth Silbermann, oder wie immer die Dame heißt, wird auf Braden angesetzt. Das Kommunikationsmittel heißt »Tennis«, und es schließt den Sex ein. Eine Dame X wird auf Haggerty angesetzt, das Kommunikationsmittel heißt »Segeln«, und es schließt den Sex ein. Katharina Golombek wird auf Morrison angesetzt. Das Kommunikationsmittel heißt »Reiten«, und es schließt den Sex ein. Der Sex ist der eigentliche Köder, weil die von ihm ausgehende Verlockung jeden anderen Reiz übertrifft. Und jetzt kommt der Knalleffekt! Es gibt auch ein Bindeglied zwischen den drei Männern, und es heißt GY 350, das Munitionslager von Wasloh. Ich fresse einen Besen, wenn es zwischen den drei Aktionen, bei denen jedesmal ein Depot-Kundiger durch ein Weibsbild verlockt wurde, keinen Zusammenhang gibt! Die beiden ersten Pärchen sind perdu. Braden ist tot, und Ruth Silbermann hat sich in Luft aufgelöst. Haggerty ist ebenfalls tot, und seinen Lockvogel kennen wir nicht. Aber Morrison und Frau Golombek sind am Leben! Natürlich empfiehlt es sich, erstmal mit dem Colonel zu sprechen. Ich hoffe, er ist bereit, mir was zu erzählen. Von seiner Rammelei will ich ja gar nichts wissen, aber vom Drum und Dran!
    Er holte aus seiner Jacke, die über einer Stuhllehne hing, sein Notizbuch, setzte sich damit an die Bar, zog das Telefon heran, wählte die Nummer, über die der Depotchef in dringenden Fällen zu erreichen war und die nur wenige Leute hatten. Morrison meldete sich.
    Lemmert entschuldigte sich wegen der späten Stunde und auch wegen seiner krächzenden Stimme, erzählte dem Amerikaner von dem Schaubild auf seiner Schiefertafel, erklärte die von ihm vermuteten Zusammenhänge und sagte dann gradheraus: » Colonel , ich weiß, ich bin indiskret, aber es gibt Umstände, unter denen man sich Diskretion gar nicht leisten kann. Würden Sie mir bitte erzählen, auf welche Weise Sie Frau Golombek kennengelernt haben?«
    »Woher wissen Sie überhaupt von meiner Verbindung zu ihr?«
»Wir haben davon erfahren. Natürlich nicht als Ergebnis einer Observation. Die steht uns nicht zu, obwohl eine Bedrohung Ihres Depots ganz vitale deutsche Interessen berührt. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob ein in der Bundesrepublik gelegenes US-Territorium eine Funkstation, ein Hospital, einen Kindergarten beherbergt oder ein Giftgasdepot, denn wenn das Ding bei einem Anschlag in die Luft fliegt, sind mit Sicherheit tausendmal mehr Deutsche betroffen als Amerikaner! Das ausströmende Gas würde ja nicht an Ihren Zäunen haltmachen, und damit wären selbstverständlich deutsche Behörden für die Katastrophenabwehr zuständig und verantwortlich. Okay, Ihr Kontakt zu den Golombeks ist nun, wie ich gehört habe, vorbei, aber für meine Nachforschungen könnte es

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