1988 VX (SM)
und mit seinem unerschütterlichen Willen erreicht worden, daß der Zaun, die Türme, die Sensoren und die Soldaten überlistet werden konnten, und er sollte nicht dabeisein!
Noch einmal versuchte er es mit der Jagd: »Was meinen Sie, wie still, wie reglos man manchmal ausharren muß und wie lange, bis man seinen Schuß anbringen kann! Und dann die Gefahr, daß das Tier den Gegner wittert!«
»Ist das wirklich eine Gefahr?« fragte Robert und gab die Antwort dann gleich selbst: »Doch wohl nicht! Da kann es höchstens passieren, daß Sie das Tier verfehlen oder gar nicht erst zum Schuß kommen. Aber das da …«, er wies mit dem Daumen nach oben, »ist etwas ganz anderes! Wenn da jemand was wittert, ist es aus! Was tun Sie zum Beispiel, wenn Sie, achtzig Meter von unserem Loch entfernt, an einer Bunkerwand hocken, und plötzlich packt ein GI Sie am Genick?«
»Was tun denn Sie, wenn er Sie packt?«
»Er packt mich nicht, und genau das ist der springende Punkt.«
Darauf wußte Golombek keine Antwort, und sofort redete Robert weiter: »Wir müssen in eine der Mannschaftsunterkünfte eindringen, um die Bunkerschlüssel zu holen. Das funktioniert nur mit einem Trick. Der Wachhabende – wir hoffen, daß es nur einer ist und daß die anderen schlafen – wird durch irgendwas herausgelockt, vielleicht durch ein imitiertes Katzengejaule, und dann schlüpft einer von uns in den Bau, nimmt die Schlüssel an sich und verschwindet wieder. Für so eine Aktion – vielleicht wird es eine ganz andere, denn dies war ja nur ein Beispiel – braucht man ein absolut eingespieltes Team. Wir sind eins. Aber Sie …, Sie wissen doch von all diesen Dingen nichts! Wir haben dann auch unsere Zeichen, mit denen wir uns verständigen, unsere geheimen Signale. Mann«, jetzt schlug er Golombek sogar in kumpelhafter Manier auf die Schulter, »wir können Ihnen das alles unmöglich an einem Tag beibringen!«
Es war seltsam, so oft schon hatte der viel Jüngere ihn überredet, vor ein paar Tagen erst, als sie Joseph auf seinem nächtlichen Erkundungsgang ertappten, und auch jetzt konnte er Roberts Argumente nicht widerlegen, vor allem das eine nicht: daß unter Umständen ein winziger Fehler die ganze Aktion zum Scheitern brächte. Also stimmte er, wenn auch nicht von Herzen, sondern nur über den Verstand, schließlich zu.
Der Uhrzeit nach mußte es draußen jetzt dunkel sein. Robert nahm das auf dem Boden liegende Periskop in die Hand, hielt es ins Licht der Halogenlampe, betrachtete es genau. Im unteren Teil hatte es einen ausklappbaren Fuß, mit dessen Hilfe man ihm festen Stand geben konnte. Er stellte das Gerät auf, schob dann den ebenfalls ausziehbaren Kopfteil in das Loch der Holzplatte, drückte ihn durch die dünne Erdschicht nach oben. Auf dem stählernen Stab war eine Markierung angebracht, von der man ablesen konnte, wie weit das Objektiv ausgefahren war. Bei fünfzehn Zentimetern hielt er inne, sah hindurch, machte – das Gerät vor den Augen – ganz langsam eine 360-GradDrehung, meldete dann: »Rabenschwarz!« Er schob das Periskop weiter in die Höhe. Wieder der Blick und wieder die Drehung.
»Sehen Sie schon die Grasfläche?« fragte Golombek. »Nein, und dazu wird es auch gar nicht kommen, denn die liegt ja im Dunkeln.«
Wieder ein Stück hinauf und wieder die Drehung, doch diesmal nicht ganz herum. »Da! Ich sehe eine beleuchtete Straße! Und drei Bunker!«
Er drehte sich weiter herum, und gleichzeitig berichtete er: »Ein Auto.«
»Fährt es?« fragte Nadine.
»Nein, es steht vor einem zweistöckigen Gebäude. Ohne Fahrer. Und da! Ein Panzer! Zwei! Drei! Sie stehen aufgereiht im Hintergrund vor einem kleinen Waldstück.«
»Sind auch GIs da?« fragte Golombek.
»Ja, vor den Panzern steht ein Posten. Und da sehe ich Fenster, ganz nah! Vier große Fenster. Das muß die Sanitätsstation sein, denn ich hab’ die Lichter fast vor der Nase.«
Ein neuer Schwenk. »Jetzt ist es wieder dunkel. Noch immer. Aha, das Proviantlager! Die Fenster sind dunkel, aber man erkennt es im Licht der Straßenlampen. Und jetzt ist es wieder das alte Bild, die Straße, die drei Bunker, das Auto, die Panzer, der Posten. Moment! Auf der Straße gehen zwei Männer. Ganz gemächlich. Sie werden grad von einem Auto überholt. Ich glaub’, es ist ein Panzerspähwagen. Er biegt ab, ist weg.«
»Hoffentlich machen sie morgen keine Nachtübung!« sagte Nadine.
»Dann verschieben wir die Sache«, antwortete Robert. Er trat vom Periskop zurück,
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