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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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muß er das Seil an den Händen durchtrennt haben. Aber wie? Kein Mensch schafft es, eine Wäscheleine von solcher Stärke zu zerreißen. Die Heizung? Hat er vielleicht irgendwie an die Flammen herankommen können? Wohl kaum, denn das Feuer brennt unter dem großen Blechmantel, ist nicht zugänglich. Und den zu entfernen, dürfte – mit auf dem Rücken verschnürten Händen und ohne Werkzeug – unmöglich sein. Aber, verdammt, die Fußfesseln waren gelöst, und das heißt, auch die Hände waren frei! Die lauerten hinter seinem Rücken. Mein Gott, wenn ich mich nur ein einziges Mal umgedreht hätte! Er wäre im selben Augenblick auf den Beinen gewesen und hätte mich wie ein Panther angesprungen!
Nachträglich liefen ihm Schauer über den Rücken, und dann malte er sich aus, Frau Engert käme nach Haus, suchte und riefe nach ihm, wagte es schließlich, die Tür zum Heizungsraum zu öffnen und fände dort ihn statt des anderen, gefesselt, vielleicht bewußtlos, vielleicht tot. Oder sie wäre gar nicht bis nach unten gelangt. Vogt hätte sie, die Ahnungslose, schon vorher überwältigt und bei seiner Flucht zwei Leichen zurückgelassen. Klar, dachte er, gefährliche Zeugen läßt so einer nicht am Leben.
Jetzt öffnete er doch die Flasche, schenkte sich ein, trank, rauchte mit nervösen Zügen.
Um zwanzig vor elf kam sie, und wenn sie von der Geburtstagsfeier auch nur einen Hauch von Gelöstheit mitgebracht hatte, so war er durch seinen Bericht in kürzester Zeit zerstört.
»Wir brauchen also keine Wäscheleinen«, beendete er seinen Rapport, »wir brauchen Ketten.«
Und die besaß sie, hatte an einem Haken in der Garage mehrere der aus rot-weiß gefärbten Metallgliedern bestehenden Ketten hängen, wie man sie zum Versperren von Zufahrten verwendet. Sie holte sie, brachte auch zwei Vorhängeschlösser mit.
»Die sind genau richtig«, sagte er. »Trauen Sie sich zu, sie ihm anzulegen?«
»Natürlich. Hab’ ich ja mit der Leine auch gemacht.«
»Sie dürfen wieder nur von der Seite her arbeiten, also nicht direkt vor ihm stehen.«
»Das hab’ ich inzwischen gelernt, und das Lehrgeld waren seine Fußtritte.«
»Stimmt. Aber es gibt noch einen anderen Grund. Während Sie ihm die Ketten anlegen, halte ich die Waffe auf ihn gerichtet. Wenn Sie zwischen ihm und mir ständen, hätte er Sie als Schild vor sich. Und er ist zu allem entschlossen, vielleicht mehr noch als vorher. Das Wort ARBOLEDA muß ihn zu Tode erschreckt haben. Wie ein Blitz fuhr es ihm in die Knochen.«
Er nahm die Ketten in die Hand, und sie gingen in den Keller. Er sah durchs Schlüsselloch. Vogt saß auf seiner Matratze. Er hatte die Hände hinter dem Rücken, und über seinen Fußgelenken verlief das Seil.
Sie öffneten, traten ein. Kämmerer stellte sich an die Heizung, zielte auf Vogt und sagte:
»Wir erneuern jetzt Ihre Fesseln. Drehen Sie sich um, aber bleiben Sie dabei sitzen!«
Vogt rührte sich nicht.
Kämmerer veränderte ganz leicht die Zielrichtung und gab einen Schuß ab. Die Kugel schlug wenige Zentimeter neben Vogts Hosenbein in die Matratze. Das wirkte. Der Gefangene drehte sich um, gab sich nun auch keine Mühe mehr, seine wieder gewonnene Bewegungsfreiheit zu verbergen.
»Legen Sie die Hände hinter sich zusammen und halten Sie die Arme ein Stück vom Körper weg!«
Vogt gehorchte. Frau Engert trat von der Seite her an ihn heran, schlang eine der Ketten mehrmals um seine Handgelenke und sicherte die Bindung mit einem Vorhängeschloß.
»Umdrehen!« befahl Kämmerer, und wieder gehorchte Vogt, so daß wenig später auch seine Füße von einer Kette zusammengehalten wurden.
»Wie haben Sie das eigentlich geschafft?« fragte Kämmerer, erwartete allerdings keine Antwort, und sie kam auch nicht. Er untersuchte die Stirnseite des Heizungsmantels, denn wenn überhaupt, so hätte Vogt nur von ihr aus an den Brenner und damit ans Feuer herankommen können, aber zwei der Schrauben saßen so hoch, daß sie für die auf dem Rücken gefesselten Hände unerreichbar waren. Er sah sich weiter um und entdeckte schließlich den einzigen Gegenstand, der ein Hilfsinstrument gewesen sein könnte, die Sicherungsklappe. Er faßte sie an, und da sie nur lose in der Halterung steckte, hatte er sie dann auch schon in der Hand.
»Also das war’s! Aber die Kette schaffen Sie damit nicht.« Er setzte die Klappe wieder ein.
»Und Sie sind fest entschlossen, weiterhin zu schweigen?«
Keine Antwort.
»Soll ich Ihnen mal die Hosen runterlassen? Wir gehen dann vor

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