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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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die Jahre der Muße ihn aufgeweicht? Oder lag es daran, daß es den Staat nicht mehr gab, den er um jeden Preis gegen subversive Kräfte zu verteidigen hatte? Vielleicht war es von allem etwas, ein bißchen der Kalk, ein bißchen das Nichtstun, und den Rest besorgte die verfluchte Wende.
Er war längst bei seiner zweiten Zigarette, hatte sie zur Hälfte geraucht, da rief Blanquita, diesmal auf spanisch:
» Señor, teléfono! «
Am liebsten wäre er gerannt, aber die soeben angestellten Überlegungen machten, daß er sich zusammennahm und die alte Gelassenheit, wenn sie denn nicht mehr da war, wenigstens spielte.
Im Büro hielt Bartolo ihm den Hörer hin und ging dann hinaus, machte die Tür hinter sich zu.
Er meldete sich mit »Bärwald«.
Es war Kornmesser, und das Gespräch dauerte keine zehn Sekunden.
»Du hast die Notfallnummer. Unter der rufst du mich in einer Stunde vom nächsten Postamt aus an. Ende.« Er hörte, daß aufgelegt wurde, starrte den Hörer an, legte selbst auf.
Mist, in der VENTA geht’s also nicht! Ich muß ganz bis nach Colmenar. Und was, wenn ausgerechnet dann Lothar anruft?
Er nahm den Ford, hatte in wenigen Minuten die Carretera erreicht, drehte auf. Daß er weder die HADEXNummer noch Kornmessers Lübecker Privatanschluß benutzen und obendrein nicht von der Hacienda aus telefonieren durfte, war mehr als beunruhigend. Mußte etwa mit einem Lauschangriff auf diese Anschlüsse gerechnet werden?
Er wußte, auch Kornmesser wechselte nun das Telefon, fuhr, wahrscheinlich von Lübeck aus, in Richtung Herrnburg, dann über die einstige Grenze hinweg und hinein nach Mecklenburg, zunächst auf der 208 nach Lüdersdorf und dann auf der Nebenstrecke bis Westerbeck. Dort, an einem der beiden kleinen Seen, lag der Amalienhof, ein zweihundert Jahre altes Bauernhaus, Kornmessers Refugium, von dem er einmal gesagt hatte: »Dahin zieh’ ich mich zurück, wenn alle unsere Häuser brennen.«
Himmel noch mal, was war los?
Kurz vor der VENTA war er versucht, doch auszuscheren und das Gespräch von dort aus zu führen. Kornmesser würde das ja nicht mitkriegen. Aber dann sagte er sich: Auch wenn die Wirtin kein Wort Deutsch kann, was anzunehmen ist, weiß ich nicht, ob da womöglich bei offener Verbindungstür irgendwas Teutonisches in der Küche hockt! Also fuhr er weiter. Der Anblick der alten Poststation lenkte seine Gedanken für einen Moment in freundlichere Gefilde. Dort schien der Mond, und ein aufregendes Weib trat aus der Tür, kam auf ihn zu und verkündete ihm unumwunden ihre Lust auf einen Mann.
Die schöne Erinnerung zerstob, als die VENTA seinen Blicken entschwand, und sofort war die Sorge wieder da. Er malte sich sogar aus, Lothar sei umgebracht worden und habe vor seinem Tod alle Geheimnisse preisgegeben.
Er hatte die Straße fast für sich allein. Nur wenige Fahrzeuge waren ihm bis jetzt entgegengekommen, einmal ein Getränkewagen, hoch beladen mit Bier- und CocaCola-Kästen, einmal ein Cabrio, einmal ein Eselskarren. Und überholt hatte er bis jetzt nur einen Reisebus aus Frankreich.
Colmenar. Er bog von der Carretera ab, erreichte den Ort, fragte einen Passanten nach dem Postamt, fuhr dorthin, parkte und ging hinein. Er mußte ein paar Geldscheine hinterlegen. Dann stand er in einer Zelle, sah auf die Uhr. Fünf Minuten fehlten noch bis zur vereinbarten Zeit. Er begann trotzdem zu wählen, rechnete damit, daß er nicht gleich durchkommen würde. Doch schon nach diesem ersten Versuch hatte er Kornmesser in der Leitung.
»Ich bin’s«, sagte er. »Ist es wirklich zu gefährlich, die anderen Anschlüsse zu benutzen?«
»War nur eine Vorsichtsmaßnahme. Lothar Schmidtbauer ist verschwunden.«
»Verschwunden? Wie? Doch nicht abgehauen?«
»Er ist unauffindbar, hat sein Hotelzimmer offenbar seit zwei Tagen nicht mehr betreten. Hast du eine Ahnung, wo er sein könnte?«
»Keinen Schimmer.«
»Weißt du vielleicht von einer Frauengeschichte?«
»Nein. Höchstens … , nein.«
»Spiel hier nicht den fairen Freund, sondern sag mir, was Sache ist!«
»In Ribe hatte er ein Mädchen, aber er wird doch nicht …«
»Da hab’ ich schon angerufen, weil ich ja weiß, daß der Junge, wohin er auch kommt, spätestens nach vierundzwanzig Stunden ’ne Braut hat. Fehlanzeige. In Ribe war er nicht.«
»Stimmt, Lothar ist ein scharfer Hund, aber auf gar keinen Fall würde er wegen einer Frau seinen Dienst vernachlässigen. Dafür leg’ ich meine Hand ins Feuer. Wie geht es nun weiter?«
»Ich werde einen unserer

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