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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Kooperation beweisen. Würden Sie uns sagen, wo Kämmerer sich aufhält, falls Sie es erfahren? Ich werde Sie von Zeit zu Zeit anrufen.«
    »Ja, das würde ich machen.« 
    »Wenn er an Ihre Tür kommt, haben wir ihn, aber es kann ja sein, daß er nur telefoniert. Okay, Ende.« 
    Es klickte in der Leitung. Dillinger legte den Hörer auf und berichtete seiner Frau.
    »Würdest du wirklich«, fragte sie dann, »Kämmerers Aufenthaltsort verraten?«
    »Wenn’s nicht anders geht, ja.« 
    Norbert erschien in der Tür. »Wir sind fertig.«
    »Prima«, sagte der Vater. »Übrigens ist mir zu der Laufkatze noch was eingefallen. Wenn ihr den Drachen auch mal
am Abend steigen laßt, könnt ihr sogar ein Licht nach oben schicken, natürlich nur eins mit einem Minigehäuse und einer winzigen Batterie, sonst schafft es der Wind nicht.« 
    »Toll! Besorgst du mir so eine Lampe?«
    »Das mach’ ich.«

23
    Georg Schöller ging auf Reisen, und es war, weil seine Barschaft nichts anderes erlaubte, wieder nur die kleine Version. Er saß in der SCHLEUSE, einer zwielichtigen Kneipe in Halle, und war schon bei seinem fünften Schnaps angelangt.
    Nicht einmal Willi, der neue, aus dem Westen gekommene Wirt, wußte, warum das Lokal, das von der Saale als dem nächstgelegenen Gewässer mindestens drei Kilometer entfernt war, diesen Namen bekommen hatte, und wenn jemand danach fragte, gab er seine ganz private Erklärung ab, eine Schleuse bedeute immer ein Zwischenreich und hier handele es sich eben um jenes, das zwischen der meistens bitteren Wirklichkeit und einem versöhnlichen Traumland liege, und das Transportmittel, mit dessen Hilfe man den Wechsel vollziehe, sei der Alkohol. Den hielt er denn auch in allen nur denkbaren Varianten für seine Gäste bereit. Doch um den Weg ins Traumland noch verlockender zu machen, hatte er zusätzlich fünf wohlgestaltete Mädchen in seinem Sortiment. Zwei stammten aus Halle, drei hatte er aus dem Westen mitgebracht.
    Die Kunden schätzten seine Getränke und seine Mädchen sehr, ihn selbst hingegen weniger. Er war ihnen zu prahlerisch, zu anmaßend. Es wurde sogar erzählt, er habe ihnen, als er zum ersten Mal die fünf Stundenbräute offerierte, gesagt: »Ihr müßt alles von Grund auf neu lernen, sogar das Fremdgehen!« Das aber war dem Vernehmen nach einem der Männer denn doch zuviel gewesen, und er hatte gekontert: »Du redest mal wieder Stuß! Und überhaupt, bevor ihr kamt, kannten wir hier kein Aids. Das gibt’s bei uns erst seit der Wiedervereinigung.«
    Wenn Georg Schöller von den zahlreichen in jüngster Zeit eröffneten Kneipen die SCHLEUSE bevorzugte, so nicht etwa, weil die Mädchen ihn reizten. O nein, die ließen ihn kalt! Das war schon immer der Fall gewesen, und so hatte seine Haftstrafe denn auch mit defaitistischen Reden, die er als Grund gern vorschob, nicht das geringste zu tun. Die langen Jahre im Gefängnis waren die Quittung dafür gewesen, daß er sich in seiner Funktion als FDJFührer dem einen oder anderen der seiner Obhut anvertrauten Jungen sexuell genähert hatte. Nun, wieder in Freiheit, war er bemüht, sich zu disziplinieren, und floh, so oft es ging, in die SCHLEUSE und damit sozusagen ins Gegenlager, wo die Präsenz der Huren ihm helfen sollte, sich vor sich selbst zu schützen. Der Alkohol tat ein übriges, denn er entführte ihn in ein Reich, in dem er auch ohne Knaben glücklich sein konnte.
    An diesem Abend war das Lokal, wie jeden Sonntag, nur wenig besucht. Ein einziger Tisch war besetzt. An ihm saßen auch zwei der Mädchen. Schöller aber hatte einen Platz an der Theke gewählt.
    »Du läßt dich hier immer nur vollaufen«, sagte der Wirt zu ihm. »Warum schnappst du dir nicht eine von meinen Miezen und verschwindest mit ihr nach oben? Guck doch mal, was die heute wieder für schöne Sachen mitgebracht haben!«
    Schöller drehte sich um, warf einen Blick auf die Runde. Die eine der beiden Frauen, eine hübsche Brünette von etwa zwanzig Jahren, hatte gerade ihr Kleid aufgeknöpft und bot nun ihre straffen Brüste zur allgemeinen Besichtigung dar. Die neben ihr Sitzenden brauchten sich nicht mit dem Augenschein zu begnügen, sondern durften sogar die Festigkeit überprüfen, was sie hingebungsvoll besorgten, der eine von links, der andere von rechts.
    Schöller wandte sich wieder dem Wirt Willi zu. »Vielleicht ein anderes Mal«, antwortete er. »Heute hab’ ich nur Durst.«
    »Das sagst du jedesmal. Dabei hattet ihr doch früher so was nicht.

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