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1995 - Der Tod auf Terra

Titel: 1995 - Der Tod auf Terra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wochenlang unerträglich gewesen wären, dort hatte Schutt die Narben nivelliert.
    In ihrer Wirkungsweise schien die fremde Waffe eine Mischung aus Desintegrator und Intervallkanone zu sein, wie wir sie vor langer Zeit als Hauptwaffe der Perlians und der Zweitkonditionierten kennengelernt hatten. Enggebündelte Hyperfelder erzeugten beim Auftreffen eine rein mechanische Wirkung, deren enorme Vernichtungskraft sogar Thermostrahlen übertraf. Intervallkanonen arbeiteten unsichtbar, überlichtschnell und zerstörten nahezu jedes bekannte Material. Das Zentrum des Einschlags, wenn ich es halbwegs richtig einschätzte, hatte über dem HQ-Hanse gelegen, aber ob die gewaltige, weit in den Boden reichende Anlage wirklich völlig zerstört worden war...?
    Starke Scheinwerferbatterien geisterten durch den Dunst. Roboter und Hunderte Helfer wühlten sich auf der Suche nach Überlebenden durch die Randbereiche des Kraters. Ich sah sie menschliche Körper aus dem Schutt ziehen - Tote. Was wollte ich noch hier? Meine Betroffenheit wuchs mit jeder Minute, die ich länger das Bild absoluter Zerstörung in mich aufnahm. Ich war nicht nach Terrania gekommen, um mit bloßen Fäusten in Bergen von Schutt zu graben, das konnte ich später noch tun. Ich musste mehr über den Diener der Materie, diesen Ramihyn, in Erfahrung bringen.
    Nicht die Toten brauchten mich, sondern die Lebenden.
    Trotzdem fühlte ich mich schäbig, und meine Handlungsweise erschien mir wie eine Flucht vor mir selbst, als ich mich abwandte. „Sieh nicht zurück!" sagte ich mir. „Die Vergangenheit kannst du nicht ändern, du musst die Zukunft gestalten." Eine tiefe Wunde hatte sich in meine Seele eingefressen. Sie tat verdammt weh.
    Neu-London.
    Ein feiner Nieselregen hing in der Luft. Er entsprach den Wettervorstellungen der Insel für Anfang April. Obwohl im Zentrum der Metropole rege Geschäftigkeit herrschte, wirkten die Menschen gehetzt. Mit Scheuklappen hasteten sie durch das Labyrinth der Passagen, vorbei an Sehenswürdigkeiten, die nach präatomaren Plänen wieder aufgebaut worden waren. Kaum jemand hielt inne, um mit Freunden oder Nachbarn zu plauschen oder einfach um zu bedauern, dass man ausgerechnet die hausierenden Aktien der Whistler Company viel zu früh abgestoßen und damit ein kleines Vermögen verschenkt hatte.
    Niemand beachtete die einsame Gestalt auf der Tower Bridge, die der klammen Nässe zum Trotz gelangweilt ins Themsewasser blickte. Nur wer genauer hinschaute, konnte erkennen, dass der Mann - er mochte Anfang Vierzig sein und hatte an den Schläfen deutliche Geheimratsecken, die er aus unerfindlichen Gründen nicht durch eine einfache genetische Behandlung verschwinden ließ einen winzigen Netzhautprojektor vor dem linken Auge trug. Sein Flüstern steuerte mehrere flugfähige Minikameras.
    Der Mann war ruhiger geworden als noch vor wenigen Jahren. Die Zeit damals, als das Zeitrafferfeld um Trokan, den Neo-Mars, zusammengebrochen war, als die Herreach auf der Bühne des Sonnensystems erschienen und Perry Rhodan mit dem 2500-Meter-Raumer GIL-GAMESCH eingeflogen war, bezeichnete er heute als seine Sturmund-Drang-Periode, die Aufbauphase der Terrania News Report als inzwischen etablierter Nachrichtensender. Vom Teilhaber war er zum alleinigen Inhaber avanciert, aber das Fieber, bedeutenden Geschehnissen nachzujagen, spürte er noch immer. Vor allem hatte er seinen Riecher nicht verloren, der ihn mit untrüglichem Gespür zu den wirklichen Sensationen führte. In Neu-London hielt er sich auf, weil erst vor fünf Tagen in der City eine Filiale der TNR eröffnet worden war, ein Glaspalast, dessen Architektur Baustile von mindestens vier galaktischen Völkern vereinte, zwei davon nichthumanoid. TNR heftete es sich an die Fahnen, mit diesem Bau richtungweisende Akzente zu setzen.
    Trotzdem lehnte er im Nieselregen am Geländer der Tower Bridge und steuerte Minikameras über die Köpfe der Passanten hinweg. Die Aufzeichnung würde in knapp einer Stunde gesendet werden. „Hier meldet sich Gloom Bechner mit den Neun-Uhr-Nachrichten. Was vor wenigen Tagen namhafte Wirtschaftsstrategen noch für völlig undenkbar gehalten hätten, ist eingetreten. Millionen Menschen haben ihr Konsumverhalten über Nacht verändert. Nach einem völlig ungewöhnlichen Ansturm auf die Lebensmittellager in den frühen Morgenstunden kam es bereits zu tumultartigen Szenen. Nicht nur hier in Neu-London, in vielen Metropolen Europas deckten sich die Einwohner persönlich mit

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