1995 - Der Tod auf Terra
Pulsschlag wurde zur Qual.
Nach Atem ringend, brach er in die Knie. Was immer geschah, es kam nicht aus dem Konfess-Zentrum, sondern von draußen. Mit letzter Kraft jagte Bechner seine Kameras durch den Energievorhang. Sein Schädel drohte zu zerspringen. Eine tödliche Kraft schnürte seinen Brustkorb zusammen.
Gloom Bechner ahnte, dass er sterben würde. Das letzte, was er noch wahrzunehmen glaubte, war das schaurige Lachen des Sensenmannes - dann schwanden ihm die Sinne.
4.
„ Ich werde siegreich gegen die Feinde sein. Ich teile den Himmel, öffne den Horizont und bereise zu Fuß die Erde. Die Ruhmreichen und Großen werden zu mir kommen, denn ich bin im Besitz zahlloser Dinge der Macht."
Planet Terra, aus dem Papyrus des Ani.
Eine kleine, zeitlich und räumlich begrenzte Kultur, aber doch für Überraschungen gut. Fast war es bedauerlich, dass das Volk der Terraner am Ende seines Weges stand. Der Diener der Materie sinnierte den Versen nach, die in der Vergangenheit geprägt worden waren. Sie schienen wie auf ihn zugeschnitten zu sein, und genau das faszinierte ihn wie schon lange nichts mehr. Hatten jene zerbrechlichen Kreaturen auf ihrem Dasein vom Staub zum Staub die Fähigkeit entwickelt, die Wege der Zeit vorherzusehen? Eigentlich unvorstellbar, denn Zeitquanten galten als die flüchtigste Erscheinung des Universums, aber auch als dessen nachhaltigste. Ein winziges Raumfahrzeug näherte sich WAVE. Ramihyn reagierte verständnislos.
Glaubten die Terraner, die Kosmische Fabrik mit einer dreieinhalb Meter langen, schlanken Kapsel gefährden zu können? „Einfangen!" befahl er seinen Helfern. Die Kapsel, mit einem einfachen Antigrav und einer Düse versehen, in der verbrennende Gase den Antrieb besorgten, würde WAVE um mehrere hundert Kilometer verfehlen. Sie war aus unmittelbarer Nähe eines zerklüfteten Kontinents auf der Nordhalbkugel gestartet worden. Dabei waren seit gut einem Tag keine Starts oder Landungen mehr erfolgt, seit WAVE drei große Kugelschiffe hatte verglühen lassen. „An Bord der Kapsel wurde ein Terraner registriert. Außerdem ein schwacher thermonuklearer Sprengsatz. Der Terraner weist keine Vitalfunktionen auf." Ein überraschtes Grollen drang aus Ramihyns Rachen. Was beabsichtigten die Primitiven? Handelte es sich um den Versuch einer Verständigung, oder schickten sie eine Opfergabe? Für einen Augenblick glaubte er, es könnte für ihn interessant sein, die Psyche der Terraner zu erkunden. Aber es war wohl die Mühe nicht wert, die Feinheiten einer Kultur zu ergründen, die er - nur vorübergehend bewahren musste. Lediglich ein paar Äußerlichkeiten galt es zu klären, die hilfreich sein würden, ihre Todesgedanken sinnvoll zu archivieren.
Ramihyn ließ die Kapsel in einen unbedeutenden Außenhangar einholen und öffnen. Schon als er die Halle betrat, spürte er, dass wirklich alle Lebensfunktionen des Terraners erloschen waren. Man hatte ihm einen Toten geschickt. Um ihn zu verhöhnen? Er, Ramihyn, genoss jedes einzelne Opfer, dessen verlöschende Existenz er aus der Struktur seines Anzugs heraus erspüren konnte. Das war es was seinem Dasein als Diener der Materie den wirklichen Sinn gab. Der Tod eines Lebewesens bedeutete für ihn einen winzigen Vorgeschmack auf das Ende des Universums. Alle Philosophie würde eines fernen Tages in dieser Singularität aufgehen.
Die Terraner verhöhnten ihn nicht nur sie zeigten ihm mit dem Toten eine Verachtung, wie sie deutlicher kaum sein konnte. Ramihyn ballte die siebenfingrigen Pranken. Ein winziger Stromkreislauf in der Hülle der Kapsel schloss sich. Die thermonukleare Sprengladung wurde gezündet. Den tausendstel Bruchteil eines Augenblicks benötigten die Atome, um in einer sonnenhellen Explosion zu reagieren. Ramihyn glaubte noch, die Gluthitze zu spüren, die ihn verschlingen wollte, doch da hatte sich schon das Schirmfeld aufgebaut, das ihn vor den Auswirkungen schützte. Die optische Dämpfung erlaubte den Blick in den wabernden Glutkern, der den toten Terraner samt der Kapsel verschlang. Zurück blieb... ... atomarer Staub. Eine winzige Menge, die sich innerhalb der energetischen Sperre ausbreitete. Schäden waren nicht entstanden. Der Hangarboden wies lediglich erhöhte Temperaturwerte auf. Ramihyn öffnete das Außentor und ließ die Atmosphäre samt dem Staub in den Weltraum entweichen.
Sein Zorn war ebenso abrupt abgeflaut, wie er ihn überkommen hatte. Nie hätte er geglaubt, dass niedere Wesen
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