1995 - Der Tod auf Terra
Ramihyn. Und nur einer von uns kann überleben.
Wenn es überhaupt möglich war, den Diener der Materie anzugreifen, gewiss nicht mit den vergleichsweise konventionellen Mitteln, über die Terra verfügte. Schon gar nicht mit den lächerlichen Kampfgleitern, die die TLD-Agentin organisiert hatte. Jemand wie Ramihyn spazierte nicht schutzlos über einen feindlichen Planeten. Natürlich barg sein eigenartiger Anzug stärkste Schutzschirmaggregate und Waffensysteme. Beides lahmzulegen bedurfte es ebenso besonderer Mittel. „Also dann, Moo", murmelte ich. „Falls wir versagen, werden wir keine zweite Chance erhalten."
Mein letzter Blick galt dem wieder in Dunkelheit versinkenden Ruinenfeld, das vom HQ-Hanse geblieben war. Jeder Stein hier bedeutete für mich ein Stück terranische Geschichte ... „... sie wird nicht enden", sagte ich im Selbstgespräch. „Wenn ich es nicht schaffe, werden andere nach mir kommen."
Ich dachte an Mondra und unser ungeborenes Kind. Allem besseren Wissen zum Trotz hatte ich mich entschieden, wieder eine Familie zu gründen.
Doch inzwischen fragte ich mich, ob ich unverantwortlich gehandelt hatte. Mondra war klar gewesen, worauf sie sich einließ und dass ein Leben an meiner Seite alles andere als leicht sein würde. Ein Sohn - ich war mir plötzlich sicher, dass sie einen Sohn zur Welt bringen würde. Und diesmal würde ich bei seiner. Erziehung nicht die alten Fehler wiederholen.
Margret Zhamants Gleiter waren in den Straßenschluchten Terranias verschwunden. Ich versuchte gar nicht erst, die Möglichkeiten meines Galornenanzugs auszuspielen, um sie zu orten. Falls der Zyklop und der Diener der Materie wirklich identisch waren, sollte Ramihyn nicht vorzeitig auf mich aufmerksam werden. ich hatte den Hauch des Todes gespürt, den der Zyklop innerhalb der Eineinhalbkilometergrenze verbreitete. Der mentale Druck hatte mich fast gelähmt, aber nicht getötet, weil mein Zellaktivator mich schützte. Deshalb war ich überzeugt davon, dass Ramihyn einem Aktivatorträger zwar Schmerzen zufügen, ihn aber nicht auf seine Weise umbringen konnte. Damit befähigte mich der Chip, näher. an den Zyklopen heranzugehen als jeder andere - ein Umstand, mit dem Ramihyn wahrscheinlich nicht rechnete und den ich für mich ausnutzen musste. Margret Zhamant und egal welche Agenten sie auch mobilisierte, würden sich nicht einmal bis auf Sichtweite nähern können. Aber wollte sie das wirklich? In dem Moment verwünschte ich die Tatsache, dass ich nicht an ihrer Seite geblieben war. Für den Plan, der urplötzlich in meinen Gedanken Gestalt gewonnen hatte, war ich besser allein.
Vielleicht - eine Überlegung, die mir gar nicht behagen wollte, sagte mir, dass Ramihyn das Leid anderer einkalkulierte - war es sogar gut, wenn die Agenten den Zyklopen vorübergehend ablenkten. Margret würde keinesfalls blindwütig zuschlagen, sondern sich besinnen und schwere Kampfroboter mobilisieren. TARA-V-UH waren mindestens soviel wert wie ihre Kampfgleiter. Vor allem galt für sie die Todeszone nicht. Mit hoher Beschleunigung flog ich nach Süden. Der Sternenboulevard lag nahezu ausgestorben vor mir. Nur wenige Fahrzeuge waren unterwegs, und Menschen, ob allein oder in Gruppen, sah ich kaum. Die Nachricht vom erneuten Erscheinen des Zyklopen schien sich wie ein Lauffeuer verbreitet und die für gewöhnlich auch zu nachtschlafender Zeit belebten Straßen leer gefegt zu haben. Ramihyn würde dennoch seine Opfer finden; Stahlplastwände schützten nicht vor seiner mentalen Todeskraft.
Der Ganaru-Ring und dahinter der Zoo von Terrania zu meiner Rechten. Die Schwärze in dem Bereich war erdrückend. Linker Hand der Gobi-Park mit dem Stardust-Denkmal. Auch hier wesentlich weniger Lichter als zu anderen Zeiten. Lediglich eine gewaltige Holoreklame zeichnete ihre bunten Bilder unter die Wolken. Das Abenteuer des ersten Mondfluges nachvollziehen - empfohlen für Kinder von drei bis acht... Trotz meiner wachsenden Anspannung reagierte ich amüsiert. Wen sonst sollte eine sensitive Simulation dieses Kalibers denn heute noch hinter dem Ofen hervorlocken?
Rund vierzig Kilometer bis zur Thora Road, die sich in schnurgerader West-Ost-Richtung vom Flottenraumhafen bis Atlan Village hinzog. Wenn Ramihyn wirklich meinetwegen zurückgekommen war, würde er warten. Andernfalls war er längst wieder verschwunden. Der Pikosyn meines Raumanzugs hatte inzwischen den Auftrag, alle Medienfrequenzen zu überwachen und mich augenblicklich zu
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