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1WTC

1WTC

Titel: 1WTC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich von Borries
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großen amerikanischen Architekturtraditionen des 20. Jahrhunderts. Gut neun Jahre später, am 4. April 1973, wird das eine Milliarde Dollar teure Gebäude eröffnet und fortan als neue Ikone der New Yorker Skyline gefeiert.
    Für diesen Bericht ist die Architektur des alten World Trade Centers von keiner großen Bedeutung; wichtiger sind die Versuche, sie zu zerstören. Am 26. Februar 1993 explodiert ein mit Sprengstoff gefüllter Lastwagen in der Tiefgarage des Nordturms. Siebenhundert Kilo TNT, sechs Tote, tausend Verletzte. Aber das World Trade Center stürzt nicht ein. Erst am 11. September 2011 gelingt die Zerstörung, als der American Airlines Flug Nummer 11, in Boston mit Kurs auf Los Angeles gestartet, in den Nordturm des World Trade Centers rast.
    Vielleicht beginnt die Geschichte aber auch mit Jennifer. Ihre Eltern, die Mutter Schwedin, der Vater Amerikaner, lernten sich am 26. April 1976 im World Trade Center kennen – bei der Eröffnung des Windows on the World, des Restaurants in den obersten Stockwerken des Nordturms. Es ging schnell zur Sache, gleich im Restaurant, genauer: auf der Toilette. Ihre Mutter hat zwar nur vage Andeutungen gemacht, aber Jennifer fühlt sich als Kind des Gebäudes.
    Zwei Jahre nach der Geburt lassen sich die Eltern scheiden, Jennifer wächst im Heimatort ihrer Mutter auf, einer Kleinstadt in der südschwedischen Provinz Skåne. Sie geht zur Schule, trifft ihren ersten Freund, trennt sich wieder. Sie studiert Kunstgeschichte in Stockholm, dann zieht sie nach New York. Nach mehreren Praktika und Aushilfsjobs in Galerien und Museen eröffnet sie mit fünf Freundinnen einen kleinen Ausstellungsraum in Williamsburg. Ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag will sie als romantische Reminiszenz an ihre Zeugung im Windows on the World feiern. Alles ist von langer Hand geplant und vorbereitet, aber dann gibt es die Twin Towers nicht mehr.
    Jennifers Leben geht weiter. Als im Zuge der Finanzkrise der Kunstmarkt einbricht, meldet ihre Galerie Konkurs an. Sie fühlt sich allerdings weiterhin als Galeristin, selbst wenn sie nun ihr Geld als Art Advisor verdient. Sie berät Sammler, die vor dem Kauf teurer Kunstwerke neben der Meinung des Galeristen noch eine unabhängige Expertise hören wollen. Weil ein Doktortitel dabei nicht schaden kann, beginnt sie 2008 ein Promotionsstudium an der Columbia. Sie forscht über ein zeitgenössisches Thema, die frühen Werke der französischen Künstlerin Sophie Calle.
    Nebenbei arbeitet sie ehrenamtlich für die New York Civil Liberties Union, eine NGO, die sich mit Datensicherheit befasst. Dort dokumentiert sie die Entwicklungen am Ground Zero und wie sich New York seit der Zerstörung der Twin Towers verändert hat.
    Für Jennifers Freund Tom beginnt die Geschichte im Irak und in Afghanistan. Immer schon wollte er Architektur studieren, doch seine Eltern konnten sich die Studiengebühren an seiner Wunschuniversität nicht leisten. Großvater und Vater waren beim Militär, also wird auch Tom Soldat – nicht zuletzt in der Hoffnung, später einfacher an ein Stipendium zu kommen. Da er einen einjährigen Grundlagenkurs in Kunst am College of Art and Design in seiner Heimatstadt Minneapolis belegt hat, landet er bei einer Einheit, deren offizieller Auftrag das Sichern archäologischer Grabungsstätten und musealer Kunstschätze ist. Insgeheim hat sich diese aber auf das Aufspüren von Verstecken und Geheimnissen anderer Art spezialisiert.
    Vier Jahre lang ist Tom bei der Army, erst im Irak, dann in Afghanistan. Dort sucht und katalogisiert er die aufgefundenen Güter, geraubte Kunstschätze und Waffen. Nebenbei dokumentiert er zahllose Fälle von Zerstörungswut gegen kulturelle Symbole. Und er erfährt, wie eng Architektur mit der Erzeugung und Aufrechterhaltung von Macht verbunden ist. Zurück in den USA erhält er 2004 ein Stipendium für ein Architekturstudium in Princeton. Nach dem Master macht er sich auf die Suche nach einem Job.
    Dann wäre da noch Syana. Als die Flugzeuge ins World Trade Center rasen, arbeitet sie in San Diego am Institute for Creative Technologies. Das Institut wird vom US-Militär finanziert und entwickelt Computerspiele, mit denen die US-Army neue Soldaten rekrutieren will, aber auch Waffen-Interfaces, deren Bedienung so einfach sein soll wie die eines guten Ego-Shooters. Die in Bangalore aufgewachsene Hackerin befasst sich mit der künstlichen Intelligenz digitaler Systeme. Später verlässt sie das ICT und entwickelt als

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