2 ½ Punkte Hoffnung
Lächeln im Gesicht. Sie hat vermutlich keine Probleme, die sie lösen muss. Ich wette, niemand nennt sie jemals DUMM.
KAPITEL 3
Engel und Sterne
»Alle mit blauen Augen – bitte steht auf.« Trotz des ›bitte‹ war Mr. Hudsons Gesicht versteinert. Stühle kippten um und stießen gegeneinander, als eine Gruppe von Blauäugigen aufstand und sich gegenseitig anstarrte.
»Das ist nur ein Experiment, aber bitte, nehmt es ernst und achtet auf eure Reaktionen.« Mr. Hudson nahm ein Blatt Papier von seinem Pult. »Ich will keine Kommentare hören, während ich euch einen Erlass von der Yamhill County-Kommission für Jugendsicherheit vorlese.«
Er räusperte sich. »Von heute an darf niemand mit blauen Augen an Wochenenden ins Kino gehen, nach sieben Uhr abends das Haus verlassen, an Tankstellenshops einkaufen oder auf irgendeinem öffentlichen Gelände Skateboard fahren.«
Die blauen Augen hoben die Augenbrauen, runzelten die Stirn, öffneten den Mund, doch schluckten jeglichen Protest runter. Brody Brinkman verdrehte seine sehr blassblauen Augen und schlug die Arme übereinander, Jessica Bobie bückte sich, um sich die Schnürsenkel zu binden, und murmelte etwas von: »Bescheuert.«
Mr. Hudson wandte sich an alle, die noch saßen: »Was sagt ihr zu diesem Erlass der Kommission?«
»Warum nur die mit blauen Augen?«, fragte Annette Stuckey. »Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Jep, als ob Brody ein Gangster wäre«, sagte Justin Thayer. »Na los, Bro.«
Es gab jede Menge Einwände: »Nicht fair.« »Beschiss.« »Stinkt zum Himmel.«
»Das ist doch nicht echt, oder, Mr. H?«, erkundigte sich Noelle Laslett.
Meine Brust krampfte sich zusammen und meine Haut brannte und prickelte. Aber mir konnte eigentlich nichts passieren.
Ich habe doch braune Augen!
»Blaue Augen, ihr könnt euch setzen.« Mr. Hudson hatte noch immer diesen ernsten Tonfall.
Noch eine Runde unruhiger Stühle und Gegrummel.
»Na gut. Wie seht ihr das, Blauaugen?« Mr. Hudson ging an die Tafel.
»Dürfen wir jetzt etwas sagen?«, fauchte Peter Monroe.
»Nur zu«, antwortete Mr. Hudson, den Stift in der Hand.
»Sie können niemandem etwas verbieten, nur weil er blaue Augen hat. Das ist doch lächerlich. Was ist das überhaupt für eine komische Kommission? Was haben die vor?«
Mr. Hudson schrieb
verwirrt
an die Tafel.
»Ach was, verwirrt ist viel zu harmlos.« Peter wurde lauter. »Aber ich kann das Andere hier nicht sagen, nur, dass es mit ange- anfängt und sich auf ›List‹ reimt.«
Wir unterdrückten ein nervöses Lachen, während Mr. Hudson
List
schrieb. »Sonst noch Meinungen?«, fragte er.
Annette zeigte auf. »Es ist unheimlich. Solche Regeln hält doch kein Mensch ein, und dann gibt es Streitereien und man kann verletzt werden.«
Unheimlich
landete auf der Tafel. »Vielleicht ist ja Polizei zugegen«, sagte Mr. Hudson. »Und passt auf, überprüft Ausweise, nimmt ungehorsame Blauaugen fest.«
»Nie im Leben!« Justin sprang wütend auf. »Hören Siemal, Mr. H, was soll das eigentlich? So was passiert nicht in Oregon, in den Vereinigten Staaten von Amerika.«
Mr. Hudson schrieb
Unglaube und Vertrauen
auf. »Ich weiß eure engagierten Reaktionen zu schätzen. Zur Beruhigung derer, die nicht richtig hingehört haben: Das hier ist ein Experiment in dieser Klasse – nicht in Yamhill County.« Er ging zu seinem Pult und hob ein Buch hoch. »Es ist jedoch kein frei erfundenes Experiment.« Er blätterte ein wenig und las dann vor.
Ab Mai 1940 ging es bergab mit den guten Zeiten: erst der Krieg, dann die Kapitulation, der Einmarsch der Deutschen, und das Elend für uns Juden begann. Judengesetz folgte auf Judengesetz, und unsere Freiheit wurde sehr beschränkt. Juden müssen einen Judenstern tragen; Juden müssen ihre Fahrräder abgeben; Juden dürfen nicht mit der Straßenbahn fahren; Juden dürfen nicht mit einem Auto fahren, auch nicht mit einem privaten. Juden dürfen nur von 3–5 Uhr einkaufen; Juden dürfen nur zu einem jüdischen Frisör; Juden dürfen zwischen 8 Uhr abends und 6 Uhr morgens nicht auf die Straße. Juden dürfen sich nicht in Theatern, Kinos und anderen dem Vergnügen dienenden Plätzen aufhalten; Juden dürfen nicht ins Schwimmbad, ebenso wenig auf Tennis-, Hockey- oder andere Sportplätze; Juden dürfen nicht rudern; Juden dürfen in der Öffentlichkeit keinerleiSport treiben; Juden dürfen nach 8 Uhr abends weder in ihrem eigenen Garten noch bei Bekannten sitzen; Juden dürfen nicht zu Christen ins
Weitere Kostenlose Bücher