2:0 für Oma
Frage!“ schrie Rolf wütend. „Die dürfen doch den Peppino nicht wegschicken, der ist doch mein Freund, mein amico !“
Die anderen riefen durcheinander: „Da muß man doch was tun! Oma, kannst du nicht was machen?!“
Oma antwortete nicht, aber sie sah nachdenklich aus. Nach dem Abendbrot setzte sie den Hut auf, nahm Handtasche und Regenschirm und machte sich auf den Weg zur Nonna. Als sie nach Hause zurückgekehrt war, ging sie wie immer zum Gute-Nacht-Sagen von einem Kinderzimmer ins andere.
Die Kinder waren erstaunt und ein wenig vorwurfsvoll, daß sie gar nicht bedrückt zu sein schien, obgleich alle sich so große Sorgen um die Volpone-Freunde machten. Aber Oma sagte nur geheimnisvoll: „Die Nonna und ich, wir haben eine Idee!“
Mehr bekamen die Kinder heute nicht aus ihr heraus. Aber die Sorgen waren gleich etwas leichter.
Am nächsten Tag in der Schule sagte Frieder, dessen Vater der Bürgermeister des Ortes war, zu Mario: „Heute ist Gemeinderatssitzung, da werden die beschließen, ob ihr im Dorf bleiben dürft. Ich drück euch die Daumen, aber mein Vater sagt, es sieht schlecht für euch aus.“
Jan horchte Frieder näher aus und erfuhr, daß die Sitzung um achtzehn Uhr im Bürgermeisteramt stattfinden sollte. Kurz vor dieser Zeit zog Oma sich ihr gutes, schwarzes Sonntagskleid an, drehte den Haarknoten besonders sorgfältig zusammen, setzte den lila Strohhut auf, steckte die Granatbrosche an, betrachtete sich noch einmal von allen Seiten im Spiegel und rief die Kinder. Gemeinsam gingen sie ins Dorf. Oma klopfte an die Tür zum Beratungszimmer der Bürgermeisterei und trat ein. Der Bürgermeister und vier der wohlhabendsten Bauern, dazu der Besitzer der einzigen Tankstelle im Ort saßen zusammen um einen großen, runden Eichentisch, jeder mit einem Bierseidel vor sich. Sie blickten erstaunt auf, als die Pieselangs in den Saal drängten.
Der Bürgermeister stand auf: „Leider, leider, Frau Pieselang, habe ich jetzt keine Zeit für Sie, wir haben eine Sitzung!“
„Eben deshalb bin ich ja hier“, sagte Oma freundlich. „Peter, bring mir bitte einen Stuhl.“ Sie setzte sich trotz des mißbilligenden Erstaunens der Männer, zog ihren Rock gerade, nahm die Handtasche auf den Schoß und erklärte: „Ich habe einen Vorschlag zu machen, der unserem Ort großen Nutzen bringen wird. Es handelt sich um die Familie Volpone.“
Die Männer scharrten unruhig mit ihren Bierseideln auf dem Tisch und warfen dem Bürgermeister aufmunternde Blicke zu. Oma Pieselang war im Dorf sehr beliebt, und niemand wagte es, sich mit ihr schlecht zu stellen, aber was zuviel war, war zuviel! Wie konnte die alte Dame einfach in eine Ratssitzung eindringen, wo angesehene Männer das Schicksal des Dorfes entschieden!
Der Bürgermeister bekam einen roten Kopf. „Es tut mir leid, Frau Pieselang“, sagte er immer noch höflich, doch etwas ungeduldig, „aber die Sache ist bereits entschieden. Wir können den Italienern im Ort keinen Zuzug gestatten. Was sollen sie denn hier arbeiten?“
„Das habe ich mir schon überlegt, und da ist mir eine ausgezeichnete Idee gekommen“, meinte Oma. „Großmutter Volpone ist eine wunderbare Köchin. Sie kann in unserm Dorf eine Pizzabäckerei aufmachen und ihr Sohn eine Eisdiele. Beides fehlt hier sehr.“
„Au ja“, riefen die Kinder, die bis jetzt von Omas Plänen noch nichts erfahren hatten. „Fabelhaft, das ist die Masche! Klasse! Echt dufte! Oma, du bist ‘n As!“ Und Rolf hopste wie ein Gummiball auf und ab und rief: „Hurra! Eis, Eis, Eis, Gelato , Gelato , Gelato !“
Bauer Huber, der den zweitgrößten Hof im Dorf besaß, schlug jetzt mit der flachen Hand auf den Tisch. „Also das geht zu weit! Was haben Kinder in einer Ratssitzung zu suchen?!“
Oma nickte und wandte sich ihren Enkeln zu: „Seid lieb und spielt brav draußen, bis ich fertig bin.“
Sie blinzelte ihnen verschmitzt zu. Ohne zu murren, verließen die Kinder den Raum. „Meint sie wirklich, daß wir brav draußen spielen sollen?“ maulte Brigitte.
„Ach wo“, sagte Jan, „das hat sie doch nur gesagt, um die ein bißchen einzulullen.“
Brigitte, Peter und Rolf sahen ihn bewundernd an. Was Jan immer für tolle Ausdrücke wußte! Um nicht allzu artig zu sein, schaukelten sie auf dem Tor der Bürgermeisterei, was, wie sie wußten, verboten war.
Drinnen räusperte sich Bauer Huber. „Wir sollten eine so wichtige Sache wohl überhaupt unter uns beschließen“, sagte er, ohne Oma
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