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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kopf, der – – – Anführer sein.
    Während alle ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Gebet richteten und dabei keinen Blick von Südwest wenden durften, während ich im Nordost von ihnen lag, zog ich mein Messer und schob mich zu Halef hin. Er sah mich kommen und hielt mir die gefesselten Arme hin; ein Schnitt, und sie waren frei; die Fußfessel zertrennte ich mit einem zweiten raschen Schnitt; hierauf raunte ich ihm in das Ohr:
    „Kriech nach dem Weg hin, und dann schnell geradeaus, wo du Kara finden wirst, wenn du ihn rufst!“
    „Und du, Sihdi?“ fragte er, um mich besorgt.
    „Ich komme nach. Nehmt den Kamelen die Stricke von den Beinen! Rasch, rasch!“
    Er kroch fort, und ich blieb an der Stelle liegen, wo er gelegen hatte, um mein Vorhaben in dem Augenblick auszuführen, an welchem die Feinde mit dem Zusammenlegen ihrer Gebetsteppiche zu tun haben würden.
    Das war alles freilich viel schneller geschehen, als ich es erzählen kann, und eben hatte ich Halef im Weg verschwinden sehen, als der Schluß kam:
    „Allah ist sehr groß! Allah ist sehr groß in Größe, und Preis sei Allah in Fülle!“
    Grad als der Vorbeter das Wort Fülle ausgesprochen hatte und die andern begannen, ihm den Satz nachzusprechen, richtete ich mich hinter dem Anführer halb auf, bog mich vor, faßte ihn mit der Linken an der Schulter, riß ihn zurück und schlug ihm die rechte Faust an die Schläfe, daß er zusammensank. Er bekam zu meiner Sicherheit sofort noch einen zweiten Hieb; dann sprang ich auf, raffte ihn zu mir empor, schwang ihn mir auf die Schulter und eilte Halef nach. Die zweihundert Menschen hinter mir waren mir in diesem Augenblicke gleichgültig; ich hatte ihren Anführer und brauchte sie infolgedessen nicht zu fürchten.
    Mit weiten Schritten, die schon mehr Sprünge waren, legte ich den Gang zurück und hastete dann weiter. Da erklangen hinter mir laute Stimmen, und vor mir hörte ich Halef nach seinem Sohn rufen; ich vermehrte meine Eile, denn die Verfolger hinter mir konnten schneller laufen als ich, der ich eine solche Last zu tragen hatte. Es gelang mir, ohne von ihnen eingeholt zu werden, unsere Kamele zu erreichen, welche zum bequemen, sofortigen Aufsteigen noch am Boden lagen. Halef war auch da.
    „Schnell in den Sattel, Halef!“ gebot ich ihm. „Und nimm hier diesen Gefangenen mit hinauf. Macht euch rasch davon, gerade ostwärts, und haltet nach ungefähr zweitausend Schritten an.“
    „Und du, Sihdi?“ fragte er.
    „Ich muß noch einen Scherari fangen, den wir später als Boten brauchen werden.“
    „Aber das ist zu gefährlich! Du hast schon genug getan und mußt – – –“
    „Fort, fort!“ unterbrach ich ihn. „Es wird sonst zu spät. Sorgt dafür, daß dieser Mensch nicht schreit, wenn er erwacht. Und nun fort mit euch!“
    Vater und Sohn gehorchten, und ich legte mich platt in den Sand, um von den Verfolgern nicht zu zeitig gesehen zu werden. Dann hörte ich eilige Schritte und sah einen einzelnen Scherari gerannt kommen, welcher seinen Kameraden weit voran war. Nichts konnte mir lieber sein als das. Er blieb sechs oder acht Schritte vor mir stehen und lauschte. Als er nichts hörte, ging er zögernd weiter, immer näher zu mir heran. Hinter ihm ertönten die Rufe seiner Gefährten. Er drehte sich um und antwortete ihnen, indem er mir den Rücken zukehrte. Ich sprang auf, faßte ihn beim Hals und versetzte ihm den schon oft erwähnten Jagdhieb an den Kopf. Er sank mir mit einem schnell verhauchenden Gurgeln in die Arme; ich nahm ihn auf und trug ihn fort, ohne mich dabei übermäßig zu beeilen, weil ich von den andern Scherarat noch nicht gesehen wurde und mich nach einer Richtung entfernte, in welcher sie mich gewiß nicht suchten. Ich erreichte Halef und Kara, als mein zweiter Gefangener eben aus seiner Betäubung erwachte. Sie waren wieder abgestiegen und hatten den ersten Gefangenen mit zusammengebundenen Händen zwischen sich sitzen, indem sie ihn mit ihren gezückten Messern bedrohten, ja keinen Laut von sich zu geben.
    „Da kommt er“, sagte Halef zu ihm. „Das ist er, von dem ich dir gesagt habe, der starke und unüberwindliche Emir Hadschi Kara Ben Nemsi Effendi. Er ist der berühmte Besitzer dieser beiden Gewehre, von denen das eine zehntausendmal schießt, ohne daß man es zu laden braucht, und wird dich sofort in die Dschehennah (Hölle) senden, wenn du einen Laut von dir gibst oder eine unerlaubte Bewegung machst.“
    „Das werde ich allerdings tun“,

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