20 - Im Reiche des silbernen Löwen I
forderte mich der gefangene Scout auf. „Ihr werdet finden, daß alles genauso ist, wie ich gesagt habe.“
Ich sprang ab und betrachtete die Eindrücke auf das sorgfältigste. Es war schwer, sehr schwer, zur Gewißheit zu kommen, denn die Stelle, an welcher die Roten die Fährte geschont hatten, war gar nicht lang, und es kam mir sehr darauf an, die verkehrte Spur eines Pferdehufes zu entdecken; aber nach längerem Messen und Vergleichen gelangte ich doch zu dem gewünschten Resultate. Um noch sicherer zu sein, trat ich zu dem Pferd, welches der Scout jetzt ritt, und untersuchte einen Hufstapfen desselben. Jim Snuffle schüttelte darüber verwundert den Kopf und fragte:
„Warum denn das, Sir? Wir haben es doch nicht mit diesem Pferde zu tun!“
„Sogar sehr“, antwortete ich. „Ich will doch wissen, ob Perkins die Wahrheit gesagt hat.“
„Könnt Ihr das denn am Huf seines Pferds ablesen?“
„Ja.“
„Alle Wetter! Das brächte der Sohn meines Vaters nicht fertig. Wie fangt Ihr es nur an?“
„Sehr einfach. Es sind wirklich sechs Weiße hier geritten, und einer von ihnen ist zurückgekehrt.“
„Sagt Euch das die Fährte?“
„Ja.“
„Das ist gefährlich, Sir!“
„Warum?“
„Weil die Indsmen die Eindrücke hier auch untersucht haben; sie mußten da ebenso wie Ihr sehen, daß jemand zurückgeritten ist; also wissen sie, daß er sich hinter ihnen befindet und werden ihm einen Hinterhalt legen, in den wir leicht fallen können.“
„Habt keine Sorge! Sie haben nichts bemerkt. Es ist nur der Eindruck eines einzigen Hufs da, und der ist so leicht und undeutlich, daß nur ich ihn entdecken konnte, weil ich wußte, daß Perkins behauptet, umgekehrt zu sein. Er hat die Wahrheit gesagt. Ich sah einen umgekehrten Stapfen, welcher vom linken Hinterfuße seines Pferdes stammt.“
„Well! Aber wenn die Indsmen gerade diesen einzigen Stapfen auch bemerkt hätten?“
„Dann würden sie nicht weit von hier eine Falle gestellt haben, die mir sicher nicht entgehen würde. Ich werde scharf achtgeben. Reiten wir weiter!“
Wir setzten den unterbrochenen Ritt fort, und als ich selbst nach einer halben Stunde nichts davon entdeckt hatte, daß ein Hinterhalt gelegt worden sei, waren die Snuffles überzeugt, daß ich recht gehabt hatte.
Nach einiger Zeit kamen wir an die Stelle, wo Perkins umgekehrt war; seine Gefährten hatten nicht auf ihn warten, sondern langsam weiterreiten wollen; die Entscheidung lag also nicht hier, sondern weiter vorn. Darauf sahen wir, daß zwei Indianer die Spur verlassen hatten, der eine nach der rechten und der andere nach der linken Seite.
„Ob die etwa als Späher fortgeritten sind?“ fragte Jim Snuffle.
„Jedenfalls. Der Anführer hat aus der Spur ersehen, daß er den Weißen nahe war, und diese Kundschafter vorangeschickt, um Gewißheit zu erhalten. Es wird sich bald zeigen, wo sie wieder zu dem Trupp gestoßen sind.“
Ungefähr eine Viertelstunde später kehrte erst die Spur des einen und dann auch diejenige des andern zu der Hauptfährte zurück, und wir konnten nun erwarten, in nicht langer Zeit den Ort des Überfalls zu erreichen. Da die Roten sich sehr leicht noch dort befinden konnten, war die äußerste Vorsicht nötig, wenn wir nicht riskieren wollten, ganz unerwartet auf sie zu stoßen. Darum ritt ich eine Strecke voran, jeden Augenblick bereit, von ihnen bemerkt oder gar angegriffen zu werden.
Glücklicherweise ging diese Befürchtung nicht in Erfüllung, obgleich das Terrain für mich gefährlich war. Es gab nämlich zerstreutes Strauchwerk, und ich konnte hinter jedem Busch einen oder auch mehrere Feinde erwarten. Da hatte das Gesträuch plötzlich ein Ende, und ich sah auf dem vor mir liegenden Plan, höchstens drei Minuten von mir entfernt, die Indsmen lagern. Hätte mein Pferd nur vier oder fünf Schritte weiter getan, so wäre ich sehr wahrscheinlich von ihnen bemerkt worden.
Ihre Tiere, welche freigegeben worden waren, tummelten sich nach Belieben herum; sie selbst bildeten einen Kreis, in dessen Innern eine wichtige Verhandlung geführt zu werden schien. Er war aber so dicht, daß der Blick nicht zwischen den einzelnen Personen hindurchdringen konnte. Ich ritt eine kleine Strecke zurück, stieg ab, band mein Pferd an und forderte die Snuffles, welche jetzt anlangten, auf, dasselbe zu tun.
„Absteigen?“ fragte Jim. „Warum? Dürfen wir nicht weiter?“
„Nein. Die Indianer halten da draußen.“
„Alle Wetter! Haben wir sie endlich
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