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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eingeholt! Haben sie die Weißen fest?“
    „Ja.“
    „Doch nicht ermordet?“
    „Das glaube ich nicht.“
    „Gut, laßt einmal sehen!“
    Wir hoben den treulosen Scout vom Pferd, banden ihn an einem Busch fest und gingen dann soweit nach vorn, wie es möglich war, ohne gesehen zu werden.
    „Wahrhaftig, es sind Comanchen“, sagte Jim. „Meinst du nicht auch, alter Tim?“
    „Yes“, antwortete dieser in seiner einsilbigen Weise.
    „Sie stehen eng beisammen. Die Weißen sieht man nicht. Wie könnt Ihr da wissen, daß sie sich dort befinden, Mr. Shatterhand?“
    „Ich vermute es.“
    „Vermuten? Das ist keine Gewißheit!“
    „Hier doch beinahe. Seht Ihr nicht dort rechts zwei Packpferde stehen?“
    „Allerdings. Alle Wetter! Die gehören ja dem Fremden. Sie haben ihn also!“
    „Natürlich! Welchen Grund hätten die Indianer, hier in der Verfolgung eine Pause zu machen, um sich über irgend etwas zu beraten? Es ist gewiß, daß sie die Weißen festhalten.“
    „Was werden sie mit ihnen tun?“
    „Das werden wir bald erfahren. Es kommt dabei viel darauf an, ob bei dem Überfall Blut geflossen ist. Wurde ein Roter verwundet oder gar getötet, so wird man den Weißen keine lange Frist geben.“
    „Sondern sie gleich hier abschlachten. Ja, das ist auch meine Meinung.“
    „Die meinige aber nicht.“
    „Meint Ihr, daß sie sie weiter fortschleppen werden?“
    „Ja, wenn auch nicht allzuweit. Die Verurteilung und Hinrichtung von Gefangenen geschieht bei den Indianern, wenn es möglich ist, stets mit der gebräuchlichen Feierlichkeit, zu welcher ein geeigneter Lagerplatz erforderlich ist; aber die Stelle, an welcher sie sich jetzt befinden, paßt nicht dazu. Erstens gibt es da kein Wasser für einen Vielstündigen oder gar noch längeren Aufenthalt, und zweitens ist sie nicht sicher genug. Sie liegt zu frei; wer sich dort befindet, kann leicht gesehen werden. Darum denke ich, daß die Comanchen bald aufbrechen werden, um sich einen bessern Platz zu suchen.“
    „Wenn man wüßte, wo er liegt, könnte man ihn vorher aufsuchen, um sie zu beschleichen.“
    „Jedenfalls wenden sie sich dem Fluß zu; aber ihnen vorankommen, das würde ein höchst gefährliches Beginnen sein.“
    „Warum?“
    „Weil man, um sicher zu sein, nicht nur die Gegend überhaupt, sondern die spezielle Stelle kennen müßte, wo sie lagern wollen. Kennt man diese nicht, so riskiert man, entdeckt zu werden. Es ist gar nicht zu vermeiden, daß man Spuren hinterläßt, welche am Tage bemerkt werden müssen. Wartet man zufälligerweise gar an dem Punkt auf sie, wo sie bleiben wollen, so ist man unbedingt verraten.“
    „Well, so gehen wir ihnen nicht voran, sondern folgen hinter ihnen her! Die Hauptfrage ist, ob es uns gelingen wird, ihre Gefangenen zu befreien.“
    „Darüber läßt sich jetzt noch gar nichts sagen. Wenigstens nichts weiter, als daß die Ausführung unsers Vorhabens eine ganz verteufelte, gefährliche Sache ist. Wir sind nur drei gegen siebzig Personen; das will etwas heißen.“
    „Mit Ziffern darf man in solchen Fällen nicht rechnen; dies wäre nur dann nötig wenn wir einen offenen Angriff beabsichtigten; da wir aber nur durch List zum Ziel kommen können, haben wir es mit geistigen Faktoren zu tun.“
    „Geistige Faktoren, sehr gut, wirklich sehr gut, Sir! Meint Ihr, daß Jim Snuffle und Tim Snuffle solche geistige Faktoren sind?“
    „Ich hoffe es, da es uns nur in diesem Fall gelingen kann, die Roten zu überlisten.“
    „Überlisten? Hm, was das betrifft, so denke ich, daß wir uns nicht allzu dumm anstellen werden. Meinst du nicht, alter Tim?“
    „Yes!“
    „Mesch'schurs, darf ich eine Bitte aussprechen?“ ließ sich da der Gefangene hören.
    „Welche?“ fragte ich.
    „Ich bin mit daran schuld, daß meine Gefährten in diese Lage geraten sind; also ist es meine Pflicht, mich auch daran zu beteiligen, daß sie befreit werden. Bindet mich los; gebt mir die Freiheit, und Ihr sollt sehen, daß ich alles tue, was Ihr von mir verlangen könnt!“
    „Ja, wenn wir Euch trauen könnten“, antwortete Jim.
    „Ihr könnt es. Ich gebe Euch die Versicherung –“
    „Schweigt!“ fiel ich ihm in die Rede. „Wer seine Kameraden in der Gefahr so feig und treulos verläßt, dem ist nie zu trauen.“
    „Es war ja nur der Schreck, Sir!“
    „Selbst wenn wir dies zugeben wollten, stände zu erwarten, daß Ihr wieder erschreckt.“
    „Auf keinen Fall. Ich weiß ja nun, wen wir vor uns haben, und kann nicht

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