200 - Die Hölle stirbt!
gebreitet, und sobald er die »weltbewegende« Botschaft in ihrem vollen Umfang verarbeitet hatte, sprang er auf und schüttelte mir lachend beide Hände, als hätte soeben das Krankenhaus angerufen und ihm mitgeteilt, daß das Kind das Licht der Welt erblickt habe.
Der Industrielle war noch nie so aus dem Häuschen gewesen.
Man hätte fast meinen können, er wäre der Vater. Er sprach von einem Haus, das er uns zur Hochzeit schenken würde – wo immer wir es haben wollten – und mir schoß unwillkürlich durch den Kopf, daß es nicht übel gewesen wäre, dorthin zurückzukehren, wo alles angefangen hatte: in unser kleines Dorf, das nicht allzuweit von London entfernt war.
Da konnten uns unsere Freunde jederzeit besuchen, und wir konnten in die Stadt fahren, wenn uns danach war. Unser Kind würde in einer überschaubaren Umgebung aufwachsen. Die Natur war da noch in Ordnung, die Luft gesünder als in London. Man muß an viele Dinge denken, wenn ein Kind unterwegs ist, aber zum Glück braucht man nichts zu überstürzen.
Neun Monate sind reichlich Zeit…
Als ich dem Industriellen vom möglicherweise bevorstehenden Grabgesang der Hölle erzählte, fiel es auch ihm – wie uns allen – schwer, das zu glauben.
»Das wäre zu schön, um wahr zu sein«, sagte Tucker Peckinpah. »Aber ich wage fast nicht, mich darauf zu freuen, denn die Enttäuschung wäre zu groß, wenn es Loxagon und seinen Komplizen im allerletzten Augenblick gelänge, die Hölle zu retten.«
»Lassen wir die Dinge einfach an uns herankommen«, sagte ich.
»Wird das beste sein.«
»Und tun wir inzwischen weiter unseren Job, als wüßten wir nichts von den erfreulichen Aussichten.«
Der Industrielle nickte, begab sich zu seinem Schreibtisch und holte eine Flügelmappe. Er setzte sich neben mich. »Sie baten mich, einiges für Sie in Erfahrung zu bringen.« Er schlug mit der flachen Hand auf die Mappe. »Hier ist das Ergebnis.«
»Sie bedienen mich prompt wie immer, Partner«, stellte ich zufrieden fest. Peckinpah öffnete die Mappe. »Da wäre zunächst Tyron Gunn. Er ist stiller Teilhaber mehrerer Nachtklubs in Soho und läßt das Geld, das er vor siebzehn Jahren von seinem Großvater mütterlicherseits geerbt hat, für sich arbeiten. Vor zwei Jahren hat er alle Beziehungen zu seinen Freunden abgebrochen…«
»Genau wie Tom Tennant«, sagte ich.
»Für mich steht fest, daß er damals zum Werwolf wurde.«
Der Industrielle gab mir einen Zettel, auf dem Tyron Gunns komplette Anschrift stand. Mir fiel auf, daß Gunn nicht weit von Roger Martin entfernt wohnte. Man hätte sie beinahe als Nachbarn bezeichnen können.
Ich steckte den Zettel ein.
»Ich habe mich gefragt, wie die Wolfsplage entstanden sein könnte«, sagte Tucker Peckinpah. »Wir haben vier Namen: Steve Cobb, Tom Tennant, Roger Martin und Tyron Gunn. Ich habe versucht, diese vier Männer so gründlich wie möglich zu durchleuchten. Dabei fiel mir folgendes auf: Roger Martin bestritt vor zwei Jahren mehrere Polospiele in der Sowjetunion. Er kam weit in Rußland herum, und ich bin der festen Überzeugung, daß er dort Kontakt mit einem Werwolf hatte. Kurz nachdem er von Rußland zurückkehrte, fiel er vom Pferd, brach sich die Schulter, und aus war's mit dem aktiven Sport. Jedermann weiß, was für ein exzellenter Spieler Roger Martin war.«
»Selbst der beste Reiter fällt hin und wieder vom Pferd«, sagte ich.
»Ich denke, daß das Tier spürte, wen es auf dem Rücken trug. Das Pferd hatte Angst vor dem Wolf in Roger Martin und warf ihn deshalb ab.«
»Wäre denkbar.« Ich schürzte die Lippen.
»Roger Martin gab den Wolfskeim dann an Tyron Gunn weiter, der infizierte damit möglicherweise Steve Cobb… Und so entstand allmählich das gefährliche Rudel.«
Mit weiteren Namen und Adressen konnte mir Tucker Peckinpah im Augenblick leider nicht dienen. Aber er hatte noch einige interessante Dinge mehr auf Lager.
»Was nun diesen weißen Porsche angeht und die Person, die Ihnen zwei Werwölfe vor der Nase weggeschnappt hat…«, begann der Industrielle und kramte dabei in seiner Mappe, »… so handelt es sich hierbei nicht, wie Sie angenommen haben, um einen Mann, sondern um eine junge Frau.«
Ich sah Peckinpah überrascht an. »Das ist ja ein Ding.«
Mein Partner klatschte ein großes Foto vor mir auf den Tisch. »Caitlin Vaccaro, vierundzwanzig Jahre alt, Mutter Britin, Vater alter italienischer Adel, sehr vermögend. Er lebt seit fast dreißig Jahren in Japan. Caitlin
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