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20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wurden in weitem Umkreis vom Scheinwerfer der Nautilus ausgeleuchtet: Nirgends aber kam Grund in Sicht. Nach Stunden schließlich näherten wir uns der 6 000-m-Grenze und da endlich tauchten die Spitzen schwarzer Berge vom Grund empor. Aber das konnten immer noch Himalaja-Riesen von 8 000 m Höhe sein, deshalb drang die Nautilus tief in sie hinein, und wir spürten jetzt auch den Druck, den die Wassermassen auf den Stahlkörper ausübten. Man hörte förmlich, wie die Panzerplatten an den Nieten und Bolzen rissen und unter dem Druck der 6 000 at auf jedem cm2 der Oberfläche stöhnten.
    »Welch ein Bild!«, rief ich. »All das zu sehen, was noch nie ein Mensch gesehen hat: Diese prachtvollen Felsen, sie stehen schwarz und schweigend hier am tiefsten Grund des Ozeans, und schauen Sie die unbewohnten Grotten … man müsste das zeichnen, um es nie wieder zu vergessen …«
    »Wollen Sie ein kleines Erinnerungsfoto?«, fragte Nemo lächelnd.
    »Was soll das heißen?«
    »Na, schauen Sie mal zu.«
    Auf seinen Befehl erschien jetzt einer seiner Gefährten mit einer Kamera, die er vor einem der Salonfenster aufbaute. Die elektrische Lampe beleuchtete den Grund des Meeres mit diffusem Licht, sodass keine harten Schlagschatten entstanden. Die Umdrehung der Schraube wurde so reguliert, dass die Nautilus einige Minuten lang unbeweglich in dieser Tiefe stehen blieb. Dann hatten wir ein vorzügliches Negativ.
    Auf dem Positiv sind urweltliche Felsen zu sehen, die niemals das Licht der Sonne bestrahlt hat, höchste Zähne des Granitkerns der Erde, von absolut lebensleeren Grotten durchzogen. Und im Hintergrund die Wellenlinie eines unterseeischen Gebirges, all das aus glattem, schwarz glänzendem Felsen, fleckenlos, ohne den Anflug eines Pflanzenwuchses, in seltsam klar profilierten Formen.
    Das Bild war kaum fotografiert, da sagte der Kapitän: »Wir wollen es nicht übertreiben, Monsieur Aronnax. Die Nautilus darf einem derartigen Druck nicht allzu lange ausgesetzt werden. Halten Sie sich fest!«
    Noch bevor ich begriff, was dieser letzte Ruf sollte, wurde ich zu Boden geschleudert. Die Schraube des Fahrzeugs hatte aufgehört zu arbeiten, die Höhenruder standen vertikal und die Nautilus schoss wie ein prall gefüllter Ballon in die Höhe, durchschnitt mit wahnsinniger Geschwindigkeit die Wassermassen über ihr und sprang wie ein fliegender Fisch über die Wasseroberfläche hinaus. Dann fiel sie auf die Wogen zurück, was mächtig spritzte.

22. Kapitel
    Ich hatte gedacht, spätestens auf der Höhe von Kap Hoorn werde Nemo von seinem strikten Südkurs abgehen, um in die Gewässer des Stillen Ozeans zurückzukehren. Aber nichts dergleichen geschah, wir fuhren stets nach Süden. Am 14. März kamen Conseil und Ned Land in mein Zimmer; ich konnte mir denken, worum es bei diesem Gespräch gehen sollte. Der Kanadier hatte lange Zeit nicht mehr von Flucht geredet, aber bei dem Gedanken, dass wir mit der Nautilus geradewegs auf den Südpol zuhielten, kamen auch mir Zweifel an der unbedingten Vertrauenswürdigkeit des Kapitäns.
    »Eine einfache Frage, Monsieur«, sagte Ned Land.
    »Ja, bitte?«
    »Wie viel Mann Besatzung befinden sich an Bord der Nautilus?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Die Manöver, die bis jetzt ausgeführt wurden, kann man mit sehr wenigen Leuten fertigbringen.«
    »Das stimmt, dafür genügen wahrscheinlich zehn Mann.«
    »Und weshalb sollen mehr an Bord sein?«
    Diese Frage war allzu durchsichtig und die Folgen, die sie mit sich bringen konnte, waren mir unbehaglich. Ich sah dem Kanadier fest ins Gesicht und antwortete : »Weil die Nautilus , wenn mich nicht alles täuscht, eben mehr als nur ein Schiff ist: Sie ist ein Asyl für Menschen, die wie Nemo die Verbindung zur Erde und zur Welt der Menschen abgebrochen haben.«
    »Das kann schon sein«, meinte Conseil, »aber schließlich ist das Fassungsvermögen dieses Dampfers begrenzt. Monsieur kann sicher ausrechnen, wie viel Menschen höchstens an Bord sein können!?«
    Dieser Ton bei meinem Diener war mir völlig neu und ich fragte verblüfft: »Wieso, mein Guter? Wie stellst du dir das vor?«
    »Monsieur kennt doch das Volumen der Nautilus und Monsieur weiß auch, wie viel Luft ein Mensch zum Atmen braucht. Außerdem ist ihm bekannt, dass wir alle 24 Stunden zum Luftholen auftauchen. Das ist doch eine einfache Textaufgabe.«
    »Aber die Lösung kann nie auf den Mann genau sein, denn der Grad der Verbrauchtheit unserer Luft steht nie fest, wenn wir sie

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