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20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Natur Ihnen auch hier zu Diensten ist. Aber ich frage mich doch: Wozu braucht die Nautilus einen derartigen Zufluchtsort? Sind Sie auf dem Meeresgrund nicht sicher genug?«
    »Doch. Aber dort finde ich nicht überall Elektrizität. Um mich zu bewegen, brauche ich Elektrizität, und um die zu erzeugen, brauche ich Kochsalz, und um Kochsalz zu gewinnen, brauche ich Kohle. Der Zufall will, dass ich gerade hier ausgedehnte unterseeische Kohlenflöze habe, die Reste von Wäldern der Urzeit, die hier versanken.«
    »Dann arbeiten Ihre Matrosen jetzt als Bergleute?«
    »Ja. Die Minen laufen unterseeisch wie zum Beispiel die Flöze von Newcastle. Meine Leute arbeiten mit Hacke und Schaufel vor Ort und bringen mir die Steinkohle herauf. Übrigens hat die Salzgewinnung hier noch einen Vorteil: Durch die Krateröffnung zieht der dabei entstehende Dampf ab und gibt dieser Klippe das Aussehen eines noch tätigen Vulkans. Damit halte ich mir unerwünschte Gäste vom Hals.«
    Ich stieg hinab, um nach Conseil und Ned Land zu suchen, traf sie in der Kabine des Kanadiers und schlug ihnen einen Erkundungsgang durch die Höhlung des Vulkans vor. Wir hatten nicht viel Zeit, aber es gab auch nicht viel zu erkunden. Wir waren bald in die Höhe gelangt, in der die Wände überzuhängen begannen, und mussten uns zu einem Rundgang auf eine Art Galerie über dem Seeufer bequemen. Ned fand etwas Merkwürdiges: einen Bienenstock, von dem er sich Honig mitnahm, um damit seine Brotfrüchte zu veredeln.
    Dicht am Seeufer entdeckten wir schließlich eine von Farnkräutern und Meerfenchel verdeckte Grotte, deren Boden aus feinstem Sand bestand. Wir ließen uns in dieser prachtvollen Höhle nieder, und so von der Nautilus abgeschirmt, kamen wir bald wieder auf die ewigen Fluchtpläne zu reden. Das Thema interessierte mich nicht mehr. Ich gab zerstreute Antworten und schwieg schließlich völlig, denn ich fühlte eine süße Müdigkeit über mich kommen. Auch Conseil nickte ein und der Kanadier sprach langsamer … ich träumte (die Träume können wir uns nicht aussuchen), mein Dasein habe sich auf das Vegetieren einer Molluske reduziert und diese Grotte seien die zwei Schalen meiner Muschel …
    Da weckten mich Conseil und ein Kältegefühl am ganzen Körper. Die Flut kam und presste Meerwasser in den See, also auch in unsere Grotte. Wir machten uns rasch auf den Rückweg zur Nautilus und wechselten dort die Kleidung.
    Obwohl die Energieversorgung längst abgeschlossen war, rührte sich das Fahrzeug nicht von der Stelle. Wir blieben die ganze Nacht hier liegen und erst am nächsten Morgen gab Nemo den Befehl zur Fortsetzung unserer Reise.
    Es ging jetzt strikt nach Süden. Nemo durchquerte den Atlantik mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit, sodass ich nicht selten das Gefühl hatte, er werde gejagt. Er entfernte sich, ganz wie Ned Land es vorausgesehen hatte, immer weiter von Europa und die Chancen einer Flucht wurden immer geringer. Ich sah den Kapitän selten; ich wusste, dass er arbeitete. Mehrmals fand ich auf den Lesepulten der Bibliothek aufgeschlagene Bücher, darunter auch mein Lehrbuch, mit unzähligen Anmerkungen von seiner Hand an den Seitenrändern. Und manchmal in der Nacht hörte ich die Töne der Orgel. So verflossen die Tage eintönig – bis zum 13. März.
    Da stand ein neues Abenteuer auf Nemos Programm: Tiefenmessung. Wir hatten bis zu diesem Tag bereits mehr als 30 000 sm zurückgelegt und befanden uns unter 45° 37’ südl. Breite und 37° 53’ westl. Länge. Keine Sonde hatte in dieser Gegend bisher Grund gefunden und Nemo wollte mit der Unsicherheit endlich Schluss machen. Selbstverständlich genügte für dieses Untertauchen nicht, dass die Behälter mit Wasser gefüllt wurden. Deshalb entschloss sich Nemo, den Meeresgrund in einer hinreichend langen Diagonalfahrt aufzusuchen. Die Höhenruder seitlich des Schiffsrumpfs wurden auf 45° Neigung zur Horizontalen eingestellt, die Fenster im Salon zur Sicht freigegeben und dann schlug die Schraube mit höchster Umdrehungszahl in die Wassermassen. Der eiserne Rumpf der Nautilus begann zu dröhnen wie die tiefste Saite eines Basses und trat seine Tauchfahrt an. Die Zeiger des Manometers drehten sich reißend schnell, Nemo und ich verfolgten sie mit größter Aufmerksamkeit.
    Bald lag die von den meisten Fischen bewohnte Zone über uns und wir trafen nur noch sehr wenige Tiefenbewohner an. Die leeren Gewässer in 4 000 m und 5 000 m Tiefe waren erstaunlich durchsichtig und

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