2001 Himmelsfeuer
minderjährige Beklagte bestellt zu werden und ersuchte um eine sofortige Neuanhörung. Der Richter musterte Erica eindringlich und sagte: »Diese Dame interessiert sich für deinen Fall. Bist du damit einverstanden?«
»Ja.«
»Dann werde ich meine letzte Verfügung streichen, diese Frau zu deiner Prozessvertreterin ernennen und deinen Fall an das Jugendgericht verweisen. Du bekommst hier eine letzte Chance, Mädchen. Hoffentlich weißt du dein Glück zu schätzen.«
Hatten die Retter aufgegeben? Glaubten sie, sie sei unter dem Erdrutsch begraben? Sie spürte einen harten, steinähnlichen Gegenstand in ihrer Hand. Wie war der dahin gelangt, und warum hielt sie ihn so fest umklammert?
Und dann: Geräusche! Ein dumpfes Klopfen. Scharrgeräusche. Gedämpfte Stimmen. »Ja …«, flüsterte sie mit trockener Kehle. »Ich bin hier … hört nicht auf …«
»Macht schon!«, rief Jared. »Beeilt euch! Die Luft wird ihr knapp!« Erica war seit nunmehr fast acht Stunden in der Höhle verschüttet.
Das Rettungsteam grub wie besessen, um das Geröll und die Erde vor dem Höhleneingang wegzuschaffen. Sie benutzten Schaufeln, Eimer, Spatel und die bloßen Hände. Die Sanitäter standen bereit.
»Wartet!«, rief Jared aufgeregt und bedeutete ihnen mit den Händen, still zu sein. »Ich glaube, ich habe etwas gehört …«
Von der Einsturzstelle vernahmen sie ein schwaches Rufen.
»
Hallo?
Kann mich jemand hören?«
»Das ist Erica! Sie lebt! Grabt weiter!«
Endlich, nach weiteren angstvollen Minuten, stießen sie auf eine schmale Öffnung in der Erde. Sie hörten, wie Erica mit schwacher Stimme rief: »Könnt ihr mich sehen? Jared, sind Sie das?«
Er stürzte sich auf das Erdreich, bis das Loch groß genug war, dass er mit einem Helfer Erica heraushieven und ihr auf die Beine helfen konnte. Sie war vollkommen verdreckt und zitterte am ganzen Körper. »Luke! Ist er verletzt?«
»Er ist okay. Er konnte sich gerade noch mit einem Sprung vor dem Einsturz retten. Was ist mit Ihnen? Sind Sie okay, Erica?«
»Ja, ja«, erwiderte sie schwach. Sie löste ihre verkrampften Finger und blickte erstaunt auf die kleine rosa Figur in ihrer Hand. »Ich habe mir den Weg freigegraben … Ich weiß nicht, in welcher Schicht ich das gefunden habe … ist es aztekisch? Wie kommt eine aztekische Gottheit so weit nach Norden …?«
Unvermittelt zog Jared sie an sich und küsste sie auf den Mund.
Erica klammerte sich einen Moment lang an ihn, dann versagten ihre Beine.
»Alles okay?«, fragte Jared noch einmal.
»Oh ja. Alles bestens«, erwiderte sie.
Dann brach sie ohnmächtig zusammen.
Kapitel 14
Angelique
1850
S ie versteigerten Frauen. Schon wieder.
Seth Hopkins fand diesen Brauch einfach widerlich. Offiziell war die Sklaverei in Kalifornien verboten, die Behörden von San Francisco waren jedoch machtlos, da die Schiffskapitäne das Recht auf ihrer Seite hatten und unbezahlte Schiffspassagen einfordern konnten, auch wenn das bedeutete, dass weibliche Passagiere an den höchsten Bieter verkauft wurden.
Seth kam es so vor, als hätte sich die Zahl der verlassen im Hafen modernden Schiffe seit seinem letzten Besuch vervielfacht. Sobald ein Schiff in den Hafen einlief, gingen Kapitän und Mannschaft Hals über Kopf von Bord und machten sich auf zu den Goldfeldern. Geschäftstüchtige Männer hatten einige der Klipper auf Land gesetzt und sie zu Hotels umgebaut, doch der Wald von Masten und Spieren von gut fünfhundert weiteren aufgegebenen Schiffen erstreckte sich immer noch weit in die Bucht von San Francisco hinein. Deshalb hatte die
Betsy Lain
so weit draußen ankern und Fracht und Passagiere mit einem Boot an Land bringen müssen. Seth hielt einen Moment lang mit dem Bepacken seines Wagens inne, um den widerlichen Auflauf von Männern mit anzusehen, die der Fracht der
Betsy Lain
begierig entgegensahen. Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass der Klipper aus Boston
Frauen
brachte.
Nachdem sie die Zollschuppen passiert hatten, machten sich einige der Frauen hastig auf den Weg und, wie Seth aus Erfahrung wusste, auf die Suche nach ihren Ehemännern, die ihre Familien verlassen hatten, nachdem sie vom Goldfieber gepackt worden waren. Die übrigen Frauen, die ihre Schiffspassage nicht bezahlt hatten, würden jedermann auf der Pier angeboten, der den erforderlichen Preis bezahlte, und gerieten damit in eine furchtbare juristische Knechtschaft.
Aus allen Teilen der Welt kamen Frauen und Männer nach Kalifornien
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