2001 Himmelsfeuer
Person ihn weggeworfen hatte! Alle im Lager hatten ihren Kuchen gegessen und erklärt, dass es keinen besseren in der ganzen Gegend gäbe. Wie kam diese Person dazu, ihren Kuchen wegzuwerfen? Eliza wusste genau, dass diese Geste weniger mit Miss D’Arcys Sorge um Seths Gesundheit zu tun hatte als vielmehr damit, ihren Anspruch auf ihn geltend zu machen. Eliza wusste, was diese Person im Schilde führte. Auch wenn Seth es nicht merkte.
Das ging nun schon eine ganze Weile so. Wann immer Seth und Eliza samstagabends auf der Veranda ihres Hotels beisammensaßen, gab er Widersprüchliches von sich. Sprach er einerseits davon, dass er bald die Geduld mit Miss D’Arcy verlieren würde, die ihn immerhin eine Stange Geld kostete, so schwärmte er im nächsten Moment von ihrem Parfüm oder von ihrer Art zu lachen. Eliza spürte, was Seth selber noch gar nicht wahrnahm: dass auch er immer mehr in den Bann dieser Person geriet.
Eliza hatte nicht damit gerechnet, in Bezug auf Seth Konkurrenz zu bekommen. Einer der Gründe, aus dem Osten nach Kalifornien zu ziehen, war für sie der gewesen, dass dort zehn Männer auf eine Frau kamen. Selbst eine Frau wie sie, ein ›spätes Mädchen‹ von dreißig Jahren, hatte immer noch gute Chancen, sich einen Fang wie Seth Hopkins zu schnappen. Sie hatte acht Monate lang daran gearbeitet, dass er sie irgendwann ›unter ehelichen Aspekten‹ betrachten würde, hatte ihn mit Kuchen und Fleischpasteten becirct, seine männliche Kraft gelobt, wann immer er die eine oder andere kleine Reparaturarbeit an ihrem Hotel verrichtete. Nie war ein Wort der Kritik über ihre Lippen gekommen, selbst wenn er sich den Mund an seinem Ärmel abwischte, statt die Serviette zu benutzen, oder wenn er rülpste, ohne sich dafür zu entschuldigen. Sie äußerte auch keinen Gedanken darüber, dass er seinen Claim auf den von Charlie Bigelows ausdehnen sollte, da der sein Gebiet nicht hundertprozentig nutzte. Sie drängte ihn auch nicht, statt des Siebtrogs eine richtige Goldwaschrinne zu verwenden – da er immer wieder erklärte, die Goldwäscher stromaufwärts sollten nicht so gierig sein, weil für die Goldwäscher stromabwärts dann nichts mehr abfiel. Sie verkniff sich jeden Kommentar, wenn er erklärte, er wollte nur so viel verdienen, wie er für ein behagliches Leben brauchte, während alle anderen in Devil’s Bar darauf brannten, eines Tages reicher als der sagenhafte König Midas zu sein. Eliza fand, es wurde allmählich Zeit, Seth mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass sie zwar gute Freunde waren und sich gegenseitig halfen, wie das bei Nachbarn üblich war, dass er jedoch dringend eine Frau brauchte und sie sich einen Mann an ihrer Seite wünschte, was nur einen logischen Schluss zuließ. Und da musste diese Miss D’Arcy auftauchen, die ihn mit ihren schönen Kleidern und ihrer weiblichen Hilflosigkeit um den Finger wickelte.
»Dauert nicht mehr lange«, sagte Seth und stopfte sich seine Pfeife. »Dann wird Kalifornien ein Bundesstaat.«
»Wenn das passiert, tun sie hoffentlich was gegen all diese Fremden, die hier reinströmen. Wie ich höre, gibt es jetzt auch Chinesen in American Fork?«
Er blickte sie erstaunt an. »Sind wir nicht
alle
Fremde, Eliza?«
Sie lächelte gekünstelt. »Aber gewiss. Ich habe nur Spaß gemacht.«
Er nickte und widmete sich wieder seiner Pfeife. »Jeder hier kommt von irgendwo anders her. Bis auf die Indianer. Ich schätze mal, Gott hat sie direkt hier erschaffen.«
Eliza sagte nichts darauf. Sie hasste die Ureinwohner Kaliforniens und fand, man sollte sie so schnell wie möglich loswerden. Dem Himmel sei Dank für Männer wie Taffy Llewellyn und Rupert MacDougal, die gelegentlich Säuberungsaktionen in der Gegend vornahmen. Wenn es nach Seth Hopkins ginge, wäre Devil’s Bar bald von Wilden umgeben. »Geht es mit Miss D’Arcy denn jetzt besser?«, fragte sie bei dem Gedanken an eine weitere verhasste Person.
Seth zog an seiner Pfeife. »Ein echtes Problem, Eliza. Sie ist ja hübsch verpackt, aber sie ist absolut nutzlos. Ich hab versucht, ihr ein paar Dinge beizubringen, aber sie scheint Angst vor dem Herd zu haben. Wenn das Fett in der Pfanne spritzt, springt sie zurück. Sie will sich ihre schönen Kleider nicht schmutzig machen. Und alle Waschbären und Füchse der Umgebung lieben meine Hütte mittlerweile, weil sie so viel Abfall nach draußen wirft. Neulich komme ich abends nach Hause, da sehe ich Miss D’Arcy aus der Hütte rennen mit der brennenden
Weitere Kostenlose Bücher