Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
ins Freie warf, wohl wissend, dass die Waschbären und Füchse sich später daran delektieren würden, stellte sie sich Seth Hopkins’ Reaktion vor: Wenn sie ein Essen ruiniert oder Löcher in seine Hemden gebrannt hatte, wurde er nie wütend oder schroff. Er pflegte einfach zu sagen: »Das lernen Sie noch und machen es das nächste Mal besser.« Seth Hopinks war der gutmütigste Mann, den sie kannte. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass er beinahe einen Menschen getötet hätte. Und dennoch hatte er genau deswegen im Gefängnis gesessen, wie er sagte. Zu dieser Art von Rage schien er gar nicht fähig zu sein. Vielleicht liebte er diese Frau, die er beschützen wollte? Gab es womöglich eine verborgene Seite an Seth Hopkins, einen Quell der Leidenschaft, der nur auf die richtige Frau wartete, eine wie sie, die wusste, was Leidenschaft bedeutete?
    Sie schalt sich selbst für derlei Gedanken – immer häufiger ertappte sie sich dabei, wie sie Träumereien über Seth Hopkins nachhing, seine Gestalt, seine männliche Kraft, seine schönen Gesichtszüge, ja selbst bei der Vorstellung, wie es wäre, von ihm geküsst zu werden – und ging wieder in die Hütte mit ihren schummerigen Winkeln, ihrem Modergeruch und ihrer Einsamkeit. Angelique hatte Nägel in die Wände getrieben, um ihre Kleider daran aufzuhängen, damit sie die Flecken und kleinen Risse darin bearbeiten konnte. Ihre Garderobe peinlichst in Ordnung zu halten, war oberstes Gebot für sie und beanspruchte beinahe ihre ganze Aufmerksamkeit. Und es hielt sie davon ab, verrückt zu werden.
    Angelique hätte nie gedacht, dass das Leben so hart sein konnte. Sie entwickelte bereits Blasen und Schwielen an den Händen, und ihre Muskeln schmerzten die ganze Zeit. Es gab nur Arbeit, Arbeit, Arbeit und keinerlei Zerstreuung oder Vergnügen. Nicht einmal der Wanderzirkus machte Halt in Devil’s Bar, weil das Lager zu klein war und den Aufwand nicht lohnte. Das einzige Klavier stand im Saloon, zu dem die Frauen keinen Zutritt hatten. Ablenkung brachten lediglich die samstagabendlichen Schlägereien, der gelegentliche Faustkampf auf der Straße, das mitternächtliche Getöse, wenn die Schwarzbrenneranlage von Llewellyn, dem Waliser, mit lautem Knall explodierte und das ganze Lager aufschreckte oder wenn Charlie Bigelow keine weitere Kostprobe von Rupert MacDougals Dudelsackkonzerten mehr ertrug, mit seinem Gewehr aus dem Zelt gerannt kam, auf die Sackpfeifen zielte und ausrief: »Lern endlich ’ne andere Melodie oder ich schicke dich und deinen verdammten Blasebalg geradewegs ins Jenseits!«
    Die Geburt des Swenson-Babys hatte zumindest einen Lichtblick dargestellt. Nachdem Kinder in diesem Teil des Territory zu den Seltenheiten gehörten, strömten die Goldgräber von überall her, um der Mutter die Ehre zu erweisen und Gaben für das Kind zu bringen. Selbst Indianer kamen und brachten Glasperlen und Federschmuck. Angelique sah, wie erwachsene Männer beim Anblick des Babys weinten, und so viel Ehrerbietung und Huldigung ließen sie an die Heilige Nacht und die Geburt des Jesuskindes denken (obwohl später alle Männer betrunken waren und das Camp mit Schlägereien und Pistolenschüssen aufschreckten).
    Am schlimmsten aber war ihr Heimweh. Sie gierte nach Chilis und Tortillas. Ihr Ohr sehnte sich nach dem Klang einer spanischen Gitarre. Sie vermisste den Bummel über die riesigen Märkte in Mexico City, wo sie in Töpferwaren, Textilien und kunstvollen Holzschnitzereien stöbern konnte. Sie wünschte, sie könnte mit jemandem Spanisch sprechen.
    Sie hob die kleine aztekische Statue auf und umschloss sie fest mit den Fingern. In der vertrauten Form spürte sie eine Verbindung zur Heimat und sprach im Geiste ein kleines Gebet für die Gottheit, sie möge ihr Kraft schenken. Dann küsste sie die kühle Jadefigur und stellte sie an ihren Platz zurück.
    »Hallo? Miss D’Arcy?«
    Angelique drehte sich um und sah Eliza Gibbons in der Türöffnung stehen. »Oh! Miss Gibbons!« Sie zog hastig einen Stuhl heran und wischte den Staub von der Sitzfläche. »Was für eine Ehre. Bitte kommen Sie herein.«
    Eliza musterte das grüne Satinkleid der jungen Frau über den zahlreichen Unterröcken, die Aquamarine, die an ihren Ohrläppchen funkelten. Als ob sie sich für einen großen Ball herausgeputzt hat, höhnte Eliza insgeheim. Aber da klebte Mehlstaub an ihrem Gesicht und in den Haaren, und bei näherer Betrachtung konnte man Flecken auf dem Kleid entdecken, die noch so viel

Weitere Kostenlose Bücher