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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Luft schmissen. Er lernte, die Perlen, die als Zahlungsmittel dienten, richtig einzusetzen, und dass ein schlechter Verlierer abschätzig angesehen wurde. Auch eine Tonpfeife zu rauchen gewöhnte er sich rasch an; der Tabak schmeckte ihm. Von Gärung wussten die Topaa nichts, weshalb sie keinen Alkohol tranken, um sich in Stimmung zu bringen. Als er aus wilden Trauben Wein herstellte und sich eines Nachts voll laufen ließ, gingen die Topaa auf Abstand, weigerten sich, von etwas zu trinken, was bei ihm bewirkte, dass ein böser Geist Besitz von ihm ergriff. Deshalb trank er nur noch, wenn er allein war. Was er zu schätzen lernte, worauf er sich geradezu freute, waren die Schwitzbäder, bei denen er mit den anderen Männern in der Hitze eines Feuers, dessen Rauch durch das Verbrennen verschiedener Borken einen Wohlgeruch verbreitete, zusammenhockte und sich die Haut sauber schabte, um dann erfrischt und mit neuem Tatendrang die Langhütte zu verlassen. Das jährliche Bad zu Hause hatte er dagegen stets widerwillig absolviert.
    Andere Gepflogenheiten der Topaa allerdings verstörten ihn. Die Frauen mit ihren schwabbelnden Brüsten und die Männer im Adamskostüm! Geradezu schamlos war das! Außerdem fand Godfredo, dass ihre merkwürdigen Gesetze der Promiskuität Vorschub leisteten: Wenn ein Ehemann seine Frau mit einem anderen in einer eindeutigen Situation ertappte, hatte er das Recht, sich von ihr zu trennen und sich mit der Frau des anderen zusammenzutun. Eine andere Sache war die, dass die Topaa bei Vollmond rituelle Fruchtbarkeitstänze veranstalteten und sich dann in ihre Grashütten verzogen, und was dann dort vonstatten ging, blieb nicht verborgen. Unverheiratete Mädchen wurden ermutigt, sich einen Partner zu suchen, und mehrmals war es vorgekommen, dass verheiratete Frauen ihre Gunst Männern geschenkt hatten, die nicht ihre Ehegatten waren. Marimi versuchte zwar, dem schockierten Godfredo, der ein solches Verhalten missbilligte, zu erklären, dass die Vereinigung von Mann und Frau die Fruchtbarkeit der Erde wecke und sicherstelle, dass der Stamm sich vermehre, dass das Beiliegen somit heilig sei, aber Godfredo hielt daran fest, dass sie eine unmoralische Rasse waren.
    Eines Nachts, als sie sich bereits gut verständigen konnten, erzählte ihm Marimi die Geschichte ihres Stammes, bis zurück zur Ersten Mutter. »Woher weißt du das alles?«, fragte er. »Nichts ist aufgeschrieben.«
    »Wir erzählen unsere Geschichte jede Nacht. Die Älteren den Jungen. Auf diese Weise bleibt sie erhalten.«
    »Klingt nicht sehr zuverlässig. Eine Geschichte verändert sich, je öfter man sie erzählt.«
    »Sie
muss
zuverlässig sein. Wir halten uns an den genauen Wortlaut. Kinder lernen sie auswendig, und wenn sie dann an der Reihe sind, sie zu erzählen, entspricht sie genau der, die sie von ihren Großeltern gehört haben. Wie bewahrt
ihr
denn die Erinnerung an eure Ahnen?«
    »Wir haben Bilder. Geburtsregister. Bücher.«
    Sie sprachen über ihre Götter. Er zeigte ihr das Kruzifix und erzählte ihr von Jesus. Sie berichtete ihm vom Schöpfer Chinigchinich und den sieben Riesen, den Begründern der menschlichen Rasse. Auch von der Mondgöttin sprach sie und dass die Topaa zu ihr beteten, was Godfredo recht einfältig fand, weil doch jeder wusste, dass der Mond lediglich ein Himmelskörper war, der, nicht anders als die Sonne und die Planeten, die Erde umkreiste.
    Als er die ersten Male gemeinsam mit dem Stamm seine Mahlzeit eingenommen hatte, war er mit Blicken bedacht worden, die keinesfalls Missbilligung ausdrückten, obwohl er, wie er bereitwillig zugegeben hätte, gierig zulangte. Früher hatte er sein Essen regelrecht hinuntergeschlungen, beim Trinken geschlürft und zwischendurch schon mal einen fahren gelassen, ohne sich dafür zu entschuldigen. Hier hatte es aber doch irgendwie den Anschein, dass ein derartiges Benehmen als unangemessen erachtet wurde. Wenn er sich jetzt abends zu dem ewigen Einerlei aus Eichelbrei oder Kanincheneintopf oder Muschelsuppe niederließ, dachte er umso sehnsüchtiger an die Köstlichkeiten zu Hause, an Rebhühner und Fasane, Würste und Speck, Quittenmarmelade, Florentiner Käse und Marzipan aus Siena. Er lechzte nach Rindfleisch, Lamm, Schwein, Geflügel, Tauben, Ziege und Lamm, nach Keksen und Brot, nach Fleischpasteten, Konfekt und kandierten Mandeln, nach Pilzen und Knoblauch, Gewürznelken und Oliven. Käse, Eier, Milch und Butter tauchten vor seinen geschlossenen Augen auf.

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