Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
Segen oder ein Fluch, sie in Unwissenheit verharren zu lassen?
    Gedankenverloren musterte er das barbusige Indianermädchen, dessen feuchtschwarze Augen ihn in Bann hielten. Allmächtiger, dachte er. Wie in einem Traum kam er sich vor.
    Der Salzgeruch vom Meer her war jedoch zu wirklich, auch der Schrei der Möwen und die bittere Erinnerung daran, wegen einer Hautreizung über Bord geworfen worden zu sein. »Und all meine Sachen haben sie auch behalten«, fluchte er mit zusammengebissenen Zähnen vor sich hin. »Meine Bücher und Pergamentrollen, mein Gold und meine Preziosen. Dass sie mich in Kleidern ausgesetzt haben, ist wohl dem Umstand zu verdanken, dass sie abergläubisch sind und befürchteten, einen Mann nackt ins Meer zu schmeißen würde Unheil über das Schiff bringen.« Und im Stillen schwor er sich, beim heiligen Blut Christi und Santiagos, mit dem nächsten Schiff, das hier anlegte, nach Neu-Spanien zurückzukehren und dafür zu sorgen, dass es Cabrillo und seinen Höllenhunden noch Leid tun würde, jemals gezeugt worden zu sein.
     
    Am Strand hatte sich eine Menschenmenge eingefunden und verfolgte das Tun des Fremden. Männer hockten im Sand und schlossen Wetten ab, was da wohl im Entstehen war – die einen meinten, eine Unterkunft, andere ein Kanu. Begleitet von einer Kinderschar, suchte Godfredo den Strand nach Treibholz und Seetang ab, schleppte dann vom Inland trockene Eichenäste an. Frauen ließen sich mit ihren Korbwaren häuslich nieder und flochten vor sich hin, ohne diesen Mann aus den Augen zu lassen, der emsig und stöhnend mit seinem fragwürdigen Werk zugange war. Auch Marimi schaute zu. Sie wusste als Einzige, was er vorhatte, war die Einzige, die seinen Schmerz nachempfand. Sein eigenes Volk hatte ihn verstoßen, genauso wie Generationen zuvor die Erste Mutter verstoßen worden war. Wie musste ihm ums Herz sein, wie einsam seine Seele. Vom Stamm getrennt, von den Geschichten, von den Vorfahren! Sie betete, dass sein Volk das Feuer sehen und zurückkommen würde, um ihn mit nach Hause zu nehmen.
    Tag für Tag ging Godfredo zum Strand, schichtete umsichtig den Berg Holz und Gras auf, sorgte mit Häuten und Palmwedeln dafür, dass er trocken blieb. Stundenlang suchte er dann den Horizont nach einem Segel ab, bereit, den Feuerstoß zu entzünden, sobald er eins entdeckte, und sich durch Rauchzeichen bemerkbar zu machen, wie schiffbrüchige Seeleute dies seit Jahrhunderten taten. Und nach seiner Rettung würde er Rache üben, denn was Don Godfredo de Alvarez in seinem Innersten bewegte, war nicht etwa Schmerz oder Kummer oder Sorge, wie Marimi glaubte, sondern Zorn im Übermaß und der feste Vorsatz, diesen Schurken jede Stunde heimzuzahlen, die sie ihn sich selbst überlassen hatten.
    Bis dahin blieb ihm nichts anderes übrig, als unter den Eingeborenen zu leben.
    Man wies ihm eine eigene Hütte zu, ein aus Zweigen und Gras errichteter Rundbau mit einem Loch im Dach, damit der Rauch abziehen konnte. Und während er darauf wartete, dass ein Schiff auftauchte, versuchte Godfredo so viel wie möglich über die Menschen, in deren Mitte er lebte, zu erfahren, hatte er doch Spanien und den Gräbern seiner Frau und Kinder in erster Linie deshalb den Rücken gekehrt, um den Erdball zu bereisen und die neu entdeckten Länder zu erforschen.
    Durch Gesten und Zeichnungen auf dem Boden gelang es ihm und Marimi, sich mehr oder weniger zu verständigen; nach einiger Zeit hatte sich Godfredo bereits den einen oder anderen Ausdruck der Topaa angeeignet und Marimi ein paar spanische Worte. Er erfuhr, dass sie mehrere Titel besaß: Hüterin der Höhle, Herrscherin über Kräuter und Gifte sowie Sterndeuterin, ein Amt, das sie bei der Geburt eines Kindes ausübte, um dem Neugeborenen die Zukunft vorauszusagen und ihm einen Namen zu geben. Weiterhin erfuhr er, dass sie ihr Leben lang unverheiratet bleiben musste, da zu befürchten stand, dass die körperliche Vereinigung mit einem Mann sie ihrer Macht berauben und nicht nur ihr Krankheit und Tod bringen würde, sondern dem gesamten Stamm.
    Ein grässliches Schicksal, wie Don Godfredo befand.
    Längst war er von den Topaa akzeptiert; die Männer forderten ihn auf, sich an ihren Glücksspielen zu beteiligen, die sie mit geradezu fanatischem Eifer betrieben, sodass ein Spiel sich über Tage hinziehen konnte. Godfredo lernte schnell, was es mit den Stöckchen auf sich hatte oder mit den Knöchelchen oder was immer die Spieler warfen oder rollten oder in die

Weitere Kostenlose Bücher