Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
ertrinken.
Denk nicht an den Dämon, der dir im Nacken sitzt, dann existiert er nicht.
»Das Haar ist schwarz, ohne Spuren von Grau«, sprach sie in ihr Diktiergerät, mit einer Stimme, die ein wenig zu laut klang, »zu einem vierzehn Zoll langen Zopf geflochten, der allem Anschein nach unten am Nacken abgeschnitten wurde. Vermutlich der Zopf einer Frau.« Mit einer Pinzette angelte sie etwas heraus, was wie eine rosa Flocke aussah. »Der Zopf scheint zusammen mit Blütenblättern vergraben worden zu sein«, sagte sie und wendete die spröde Flocke unter Licht um, besah sie sich eingehend unter einer Lupe. »Bougainvillea«, ergänzte sie dann.
    Sie schluckte angestrengt. Die Enge in ihrer Brust war noch immer zu spüren, wie ein düsteres, schwarz gefiedertes Wesen, das im Schatten außerhalb des Pool-Decks der Dimarcos auf der Lauer gelegen und nur darauf gewartet hatte, dass Erica einen Anflug von Schwäche zeigte und nicht aufpasste, um in sie einzudringen und sich in ihrer Brust einzunisten.
    »Da die Bougainvillea erst nach 1769 nach Kalifornien gelangte und der Zopf in einer tieferen Schicht gefunden wurde als der, in der wir die Ein-Cent-Münze entdeckten, andererseits aber in einer höheren Schicht als in der, in der das Blechkruzifix lag, muss das merkwürdige Ritual, in dessen Verlauf dieser Zopf abgeschnitten wurde, zwischen 1781 und 1814 stattgefunden haben.« Sie legte eine Pause ein, ihr Blick ging ins Leere, ihre Hände verharrten über dem Fundstück.
Wir kommen der Sache zeitlich näher,
überlegte sie.
    Sie nahm den Zopf in beide Hände, spürte das Gewicht dieser Flechten, die einmal die Zierde einer jungen Frau gewesen waren. Warum wohl hatte man sie ihr derart rigoros abgeschnitten? In einem Jahrhundert, in dem die Frauen ausnahmslos ihr Haar lang trugen, schien diese radikale Handhabung auf eine Bestrafung hinzudeuten oder auf eine Disziplinierung oder Demütigung. Eins stand zumindest fest: Das Opfer war keine Amerikanerin. Das war in der Schicht, in der man den Zopf gefunden hatte, auszuschließen. Es konnte sich demnach um eine Spanierin handeln, die möglicherweise von ihren moralisch empörten Brüdern in die Höhle geschleppt und dann auf diese Weise bestraft worden war, weil sie die Ehre der Familie besudelt hatte. Oder aber es handelte sich um einen Racheakt der mexikanischen Schwestern eines jungen Mannes, der Selbstmord begangen hatte, nachdem er von der Trägerin des Zopfs abgewiesen worden war. Oder hatte man sie gezwungen, sich einem in Vergessenheit geratenen indianischen Opferritual zu unterwerfen?
    Erica schloss die Augen und merkte, dass ihr Tränen über die Wangen liefen. Dieses Haar hatte einst warm auf dem Rücken einer Frau gelegen, hatte, wenn sie rannte, auf und ab gewippt, hatte im Wind geflattert, war gebürstet worden, gewaschen, gestreichelt, vielleicht geküsst. Und schließlich liebevoll mit Bougainvilleablüten durchflochten worden, um später rücksichtslos abgeschnitten zu werden.
    Sie drückte den Zopf an die Brust und dachte daran, wie Jared nach ihrer Locke im Nacken gefasst und sie wieder unter die Strassspange geschoben hatte. Welch vertrauliche Geste, und welch überwältigende Gefühle dadurch geweckt wurden! Unvermittelt überschwemmte Erica ein Schmerz, wie eine Flutwelle kalten, unsäglichen Kummers. Ein Schluchzer entrang sich ihr. Die Beklemmung in ihrer Brust nahm zu. Sie stellte sich Jared auf seiner einsamen Insel vor, wie er vor seinen Rettern floh, um für sich zu bleiben. Und noch früher, bei einer halsbrecherischen Fahrt ins Krankenhaus, von Schuldgefühlen und Angst wie von Schwertern durchbohrt.
»Es hätte verhindert werden können …«
    Schlagartig wurde ihr klar, was sich da hinter ihrem Herzen wie ein boshafter Kobold eingenistet hatte. Die Realität. Jareds und ihre eigene. Jetzt wusste sie, warum sie in letzter Zeit häufig über ihn nachgedacht hatte. Weil er so allein war.
    Wir alle brauchen jemanden, der auf uns aufpasst, nur dass nicht alle von uns in der glücklichen Lage sind, jemanden zu haben. Ich. Jared. Die Lady in der Höhle. Wir sind allein umso verwundbarer, wenn man uns angreift.
    Wie sie die Lady vor Unbill beschützte, wollte sie mit einem Mal Jared vor allen Ginny Dimarcos der Welt beschützen. Nur dass sie nicht einmal wusste, wo sie damit anfangen sollte.

Kapitel 10
    Luisa
1792
    S ie würden weggehen. Doña Luisa und ihre Tochter Angela.
    Nur dass Angela nichts davon ahnte. Auch Hauptmann Lorenzo nicht, Luisas

Weitere Kostenlose Bücher