2001 - Odysee eines Mutanten
alles mitbekamen, reagierten ebenso. Die Illusion, daß der kleine Junge nun durch die Luft fliegen würde und irgendwann in mehr als einem Kilometer Tiefe auf der Erde aufprallen würde, war wirklich perfekt.
Doch es passierte natürlich nicht. Der unsichtbare Prallfeldschirm stoppte den Flug des Jungen nach ein paar Metern. Ein wenig unsanft zwar, aber hart war der Aufprall nicht, weil der Prallschirm federte.
Jeune war rasch wieder auf den Beinen und wollte wiederum zu seiner Mutter eilen. Aber der Vater bekam ihn an der Hand zu fassen und riß ihn hoch.
„Hast du nicht gehört, was ich von dir verlange?" herrschte er den Sohn zornig an. „Du sollst fliegen, Jeune." Und er schleuderte den Jungen erneut von sich, diesmal kraftvoller als zuvor.
Wieder flog der kleine Junge zappelnd durch die Luft, wieder wurde der Flug nach kurzer Dauer vom Prallfeld federnd abgefangen. Als sich der Junge diesmal aufrappelte, schluchzte er heftig. Er wischte sich die Tränen mit den Handrücken aus den Augen und wollte an seinem Vater vorbei. Doch dessen kräftiger Arm versperrte ihm den Weg. Er faßte Jeune und hob ihn ruckartig hoch.
„Ungehorsamer Bengel!" schrie er ihn voller Haß an, während er ihn heftig schüttelte. „Willst du endlich folgsam sein und tun, was dein Vater von dir verlangt! Fliegen sollst du, Jeune! Fliegen! Fliegen!"
Abermals segelte der kleine Junge durch die Luft, bis ihn der Prallschirm bremste. Diesmal blieb er reglos liegen, er hatte die Besinnung verloren.
Als sich der Vater mit einem gräßlichen Laut auf ihn stürzen wollte, nahmen ein paar Besucher ihren Mut zusammen und rangen ihn nieder. Zuerst wehrte er sich mit aller Kraft, doch auf einmal wurde er ruhig, sackte förmlich in sich zusammen.
Nachdem die Menschen George zögernd losgelassen hatten, wurde sein Körper von Zuckungen geschüttelt. Er röchelte mit hilfesuchend ausgestrecktem Arm. Medoroboter kamen und brachten George in die Intensivstation der Residenz. Dort konstatierte man einen Herzinfarkt. Dank der raschen Hilfe, die George erfahren hatte, bestand keinerlei Lebensgefahr für ihn.
„Was ist los? Was ist passiert?" wollte der geschwächte George wissen. „Wo sind meine Frau und mein Sohn?"
Der behandelnde Arzt, dem von einem wachsamen TLD-Agenten assistiert wurde, versuchte ihm so schonungsvoll wie möglich zu erklären, was er mit seinem Sohn angestellt hatte.
Als George das hörte, bekam er einen Nervenzusammenbruch und mußte erneut notversorgt werden.
Er konnte es nicht fassen, daß er so etwas getan haben sollte. Der Mann behauptete steif und fest, sich an nichts mehr erinnern zu können, was nach dem Besuch des Restaurants Marco Polo passiert war.
*
Warum Perry Rhodan mit seiner Ministerin für Mutantenfragen sprechen wollte, hatte einen klaren Grund: Er entsann sich der Tatsache, daß Moharion Mawrey ihn kurz vor dem Attentat aus einer Krisensitzung geholt hatte, um ihm eine Warnung zukommen zu lassen. Doch Rhodan hatte nicht mehr erfahren, worum es genau ging, weil der mordlüsterne Aagenfelt dazwischengekommen war.
„Ich bin froh, daß du mir endlich Gelegenheit für dieses Gespräch gibst", sagte Moharion Mawrey zur Begrüßung. „Ich muß einiges mit dir besprechen, was mir bedeutungsvoll erscheint."
Moharion war ganz in Schwarz gekleidet, eine Farbe, die ihre Konturen ineinanderfließen ließen, und ihr wirres, schwarzes Haar schien mit ihrem Umhang, den sie über dem Buckel trug, verwoben. Nur das Gesicht bildete einen hellen Kontrast, ließ sie blaß erscheinen, obwohl sie keinen hellen Teint hatte.
„Diesmal wird niemand unser Gespräch stören - hoffe ich zumindest", sagte Rhodan in Anspielung auf den Zwischenfall mit Aagenfelt, nachdem er ihr Platz angeboten hatte. „Als du mich zuletzt zu einem Dringlichkeitsgespräch gebeten hast, wolltest du mich da vor Tautmo Aagenfelt warnen?"
„Nein, nicht direkt vor ihm", antwortete sie mit leichtem Kopfschütteln; es war wirklich nur die Andeutung eines Kopfschüttelns, weil ihr diese Bewegung wegen ihres Gebrechens leichtes Unbehagen bereitete. „Ich wußte nichts von Aagenfelts Besessenheit, wenn ich das mal so formulieren darf. Mir ging es um eine allgemeine Bedrohung, die nicht genau zu charakterisieren und zuzuordnen war. Aber im nachhinein betrachtet, scheint es, daß Aagenfelts Amoklauf aus dieser Bedrohung, auf die ich dich hinweisen wollte, resultiert. Im übrigen ist die Gefahr keineswegs vorbei."
„Ich würde mir wünschen,
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