2007 - Die Schatztaucher
zweiten Leidenschaft - im Gegensatz zu seiner derzeitigen ersten - nie ein Geheimnis gemacht. Er aß gut und gern - und am liebsten Süßes. „Bruderherz", sagte er, „ich erkunde die Stadt und sammle Daten. Also, wo seid ihr?"
„In einer Bibliothek."
Necker leckte so lautstark an der serimischen Süßspeise, daß sein Bruder es einfach hören mußte. „Du meinst, ein Datenzentrum?"
„Nein, ich meine eine Bibliothek. So ein Gebäude, in dem jede Menge Regale stehen, deren Bretter sich biegen, weil sie die Bücher und den Staub, der sich darauf angesammelt hat, kaum noch tragen können. Du weißt doch, was Bücher sind?"
„Und so was gibt es hier noch?"
„Ich verstehe es auch nicht. Die Bibliothekare drehen jedenfalls durch."
„Warum?"
„Weil sie nichts zu tun haben. Kein Schwein auf diesem Planeten wirft noch einen Blick in Bücher Sie verschwenden ihre Zeit, und das macht die armen Kerle fertig. Sie haben alles katalogisiert, indiziert, entstaubt und auswendig gelernt und warten nun verzweifelt darauf, daß irgendwer sich blicken läßt, um sich ein Buch auszuleihen, aber es kommt einfach keiner. Diese Bibliothek wäre das Paradies für dich, Bruderherz."
„Warum?"
„Nur um sich mit dir unterhalten zu können, würden sie loslaufen und die unglaublichsten Süßspeisen für dich ankarren. Und wenn sie den Eindruck haben, daß du dich wirklich für ihre Arbeit interessierst, besorgen sie dir auch noch eine Frau, damit du ein paar Stündchen länger bleibst."
„Bruderherz, du bist ein ausgemachter Idiot."
„He, ich bin's, Marth. Dustaff läßt sich gerade von einer hinreißenden Bibliothekarin, deren Ohren bis zu ihrem Bauchnabel fallen, den Nacken massieren."
Necker seufzte. „Du meinst keine Ohren", sagte er. „Also, wo seid ihr?"
Marth verzichtete auf weitere anzügliche Bemerkungen und gab ihm eine Wegbesehreibung.
Um die Bibliothek, einen hohen Kuppelbau, zu betreten, mußte Necker sich auf die Knie niederlassen. Die Tür war für Serimer geschaffen. Als er fluchend hineinrobbte, fragte er sich, wie Icho Tolot sich in den Planetoiden der NACHT bewegt hatte.
In dem Gebäude selbst konnte er sich zu seiner Überraschung ungehindert bewegen. Das Prinzip der Ehrfurcht schien in allen Galaxien des Universums Gültigkeit zu haben: Bedeutende Gebäude - Kirchen, Bibliotheken, Gerichte, Krankenhäuser machten ihre Besucher allein durch die Höhe ihrer Decken noch kleiner, als sie es sowieso schon waren.
Die gesamte Belegschaft wieselte um die elf Dookies herum, die es offensichtlich genossen, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.
Fünf, sechs Serimer redeten auf sie ein und liefen hin und her, um immer wieder andere Bücher heranzukarren.
In einem Punkt hatte Marth tatsächlich nicht gelogen: In ihrer Begeisterung, endlich etwas zu tun zu haben, hatten die Bibliothekare zahlreiche Speisen und Getränke ihrer Heimatwelt herangeschafft und drängten sie den Besuchern förmlich auf.
Necker begab sich umgehend zu dem Tisch mit den lukullischen Kostbarkeiten.
Als Marth ihn sah, grinste er über das ganze Gesicht. „Da habe ich wieder mal eine geniale Idee gehabt. Diese Bibliothek ist eine Fundgrube."
Necker schnüffelte an einer appetitlich aussehenden Wurzel, deren obere Hälfte von einem frittierten Teig überzogen war, während die untere in einer grünblauen Sauce schwamm. „Was habt ihr denn herausgefunden?"
In seinem Eifer, endlich etwas zu tun zu bekommen, schob sich einer der Bibliothekare zwischen Necker und Marth. „Das kann ich viel besser erklären", sagte er. „Ich weiß genau, was ihr in Erfahrung bringen wollt."
Marth schob die Hand in eine Schüssel, in der graue Würmer durcheinanderwimmelten. „Behrmans schmecken am besten, wenn sie noch etwas leben", sagte er und stopfte sich eine Handvoll in den Mund. Dann sah er den Bibliothekar an. „Erklär's du ihm. Aber faß dich kurz, Zwerg!"
„Natürlich, natürlich", sagte der Serimer-Bibliothekar und sah zu Necker hoch. „Es ist entsetzlich, aber in Segafrendo herrscht seit über elftausend Segaf Krieg."
Necker rechnete nach. Das waren über tausend Jahre. „Und warum?" fragte er. „Wer weiß das schon?" gab der Bibliothekar zurück. „Generationen kommen und gehen und vergessen. Aber es gibt bestimmt einige Nachschlagewerke, die ich suchen könnte ..."
Er hielt kurz mit seinen hektischen Handbewegungen inne und wollte sich umwenden. „Später", sagte Necker. „Nun bleib mal hier."
Tausend Jahre ... Er
Weitere Kostenlose Bücher