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201 - Die Rachegöttin

201 - Die Rachegöttin

Titel: 201 - Die Rachegöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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waren widrig genug.
    »Habt ihr je versucht, euch mit ihnen zu einigen?«
    Airins Blick wurde noch finsterer. »Kein Frieden mit Adoors«, wiederholte sie mechanisch und stapfte in das salzige Meerwasser, als würde sie die beißenden Schmerzen in ihrer Wade nicht spüren.
    ***
    Aus den Aufzeichnungen Pia Armstons, 47 Jahre nach der Verdunkelung
    Wir schaffen es nicht. Wenn wir auch nur einen Teil unseres Wissens retten wollen, dürfen ein paar von uns nie wieder an die Oberfläche. Nur so wird gewährleistet, dass zumindest einige wenige schreiben und lesen können. Dort oben verlieren sie den Verstand. Es ist eine Art Strahlung, die etwas mit den Synapsen des Gehirns tut. Auch Jo erwischt es langsam. Er hat Schwierigkeiten bei einfachen mathematischen Operationen, ist aber noch immer ein Genie im Vergleich zu den anderen. Es muss an seiner Genetik liegen. Leider haben wir so wenig Zeit und fast keine Mittel mehr zum Forschen. Mein Bruder und ich sind die letzten, deren IQ noch bei einem Wert um die hundert liegt. Früher lag er bei hundertundsechzig.
    Aber das ist nicht das einzige Problem. Ich bin alt geworden, spüre jeden Knochen. Es ist an der Zeit zu handeln.
    Ich muss mich jetzt verbünden, ehe es zu spät ist. Ich muss jetzt das Wissen, das die Menschen heute und nach der Eiszeit zum Überleben brauchen, festhalten. Ich muss Wege finden, es einfach zu formulieren. Ich brauche eine solide Struktur, die drei bis vier Jahrhunderte überdauert. Nur so haben unsere Nachfahren vielleicht eines Tages wieder eine Zukunft im Licht der Sonne.
    Oft genug fühle ich mich so einsam und verlassen, dass ich schreien möchte. Oft genug wünsche ich mir zu verdummen, nur um so zu sein wie die anderen. Sie verlieren ihre Erinnerungen. Ich aber erinnere mich an alles. An die Delfine in Shark Bay, die Touristenströme, die Grillfeste in Debbies Garten, die Oper in Sydney, am anderen Ende des Kontinents, zu dem wir in Flugzeugen reisten, an die Musicals, die ich so geliebt habe, und den Geschmack von Himbeereis. Ich bin ein Fossil. Doch bevor ich aussterbe, werde ich alles in die Wege leiten. Die Outdoors werden uns helfen. Es wird gelingen. Ich werde sterben, mein Vermächtnis wird es nicht.
    ***
    Airin stand bis zu den Hüften im Wasser. Sie hielt eine kleine Knochenpfeife in der Hand und tauchte unter die Wellen.
    »Was tut sie da?« Matt wandte sich an Paggi, die zweite Kriegerin der Gruppe. Sie hatte kurz geschnittenes, hellblondes Haar. In der Mitte ihrer Stirn prangte eine große Schmucknarbe in der Form einer Spirale. Ihr Gesicht war breit, die Augen standen ein Stück zu weit auseinander. Sie sah Matt zurückhaltend an. Ihre ganze Körperhaltung zeigte ihre Vorsicht.
    »Sie ruft die Duugons. Ich hoffe, sie beeilen sich. Airins und Lerans Blut wird die Shakaas anziehen.«
    »Haie?« Wenn Matt sich richtig erinnerte, hatte es in diesem Gebiet früher keine Haie gegeben, sondern lediglich ungefährliche Haiwale.
    Rulfan beugte sich zu Chira hinab, die unbehaglich an dem salzigen Wasser schnüffelte. »Ich nehme dich mit, mein Mädchen. Keine Sorge.«
    Airin tauchte wieder auf. Die langen Haare hingen ihr über Stirn und Schultern. Im Licht der Abendsonne wirkte sie wie eine Meerjungfrau. Wenn nur der düstere Blick ihrer Augen nicht gewesen wäre.
    »Sie kommen. Eelton, du kümmerst dich um Leran. Jim und Paggi sichern hinten. Nehmt die Speere. Daan, du kommst mit mir vor. Maddrax und sein Freund Rulfan gehen in die Mitte.«
    Ihre Stimme duldete keinen Widerspruch. Sie öffnete eine lederne Tasche an ihrem Gürtel und holte ein dünnes Seil hervor.
    Matt fiel auf, um wie viel argwöhnischer die Gruppe Rulfan behandelte. Zuerst hatte er gedacht, Airin sei über Chira erzürnt. Schließlich hatte die Lupa ihr in die Wade gebissen.
    Doch es schien an Rulfans Aussehen zu liegen. Immer wieder sah Matt abschätzende Blicke. Eine Verachtung, als wäre Rulfan ein Mensch zweiter Wahl.
    Airin sah bedauernd auf ihre Waffe. Es schien ihr zu missfallen, sie einem Bad auszusetzen. »Wir werden einige Zeit im Wasser sein«, erklärte die Kriegerin. Sie zog ein Messer aus ihrem Gürtel und reichte es Matt. Zögernd gab sie auch Rulfan dessen Messer zurück. »Wenn euch Shakaas angreifen, stecht nach ihren Nasen. Haltet euch gut an den Duugons fest. Sie sind abgerichtet und oft schneller als die Shakaas. Also behindert sie nicht beim Schwimmen.«
    Vor ihnen erhoben sich graue Rückenflossen aus dem Wasser. Matt packte erschrocken das

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