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2.01 Donnerschlag

2.01 Donnerschlag

Titel: 2.01 Donnerschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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Magensaft!
    Auch wenn ich gar nichts von Küssen und diesem ganzen Geschmodder verstand, wusste ich doch, dass Leon nicht richtig gehandelt hatte. Man opfert seinen Traum nicht für so etwas wie ‚Liebe‘! Und auch nicht für ‚Freundschaft‘. Dafür waren ‚Freundschaft‘ und ‚Liebe‘ nicht da. So etwas machten vielleicht die Idioten in den Liebesromanen, die meine Mutter zuhause im Wohnzimmer las. Doch einen echten Kerl brachte so etwas ganz langsam um.
    Das wussten wir jetzt, und weil wir es wussten, sahen wir die Eisblumen auf Rabans Brille wachsen. Wir sahen, wie die Logos auf den Trikots verblassten, als der Tau, der sich auf sie legte, langsam gefror.
    „Und?“, fragte Marlon, als es am kältesten war. „Seid ihr stolz auf das, was ihr beide erreicht habt? Ich mein: Habt ihr uns wirklich ‚beschützt‘?“
    Er fixierte Vanessa und seinen Bruder. „Dann schaut euch mal um. Wir sind stolze sieben. Sieben von vierzehn. Ja, sieben von einstmals so stolzen vierzehn haben euren so mutigen Plan überlebt. Sie haben die Langweile ertragen. Und wisst ihr warum? Weil sie nichts davon wussten. Nichts von eurem feigen Komplott. Nein, sie haben euch alle nur einfach vertraut. Sie sind euch gefolgt, weil ihr das Wichtigste wart, was es in ihrem Leben gab. Fragt Markus, los, oder Maxi und Raban. Komm, Juli, sag’s ihnen, wie willst du sein?“ Er packte den Jungen im Schlafanzug und schob ihn zornig zu Vanessa. „Sag’s ihr, Juli, wie willst du sein? Los, sag’s ihr. Los, sag’s ihr.“
    Da traute sich Juli. „Ich“, sagte er vorsichtig und wurde dann stolz: „Ich will mich nie vor etwas verstecken.“
    „Gut“, triumphierte Marlon. „Habt ihr das alle gehört? Und ich denk’ genauso. Denn wenn ich mich verstecke, bin ich nicht mehr. Dann gibt’s mich nicht mehr. So wie’s die Wilden Kerle schon lang nicht mehr gibt. Aber das können wir ändern, und jeder, der das genauso sieht, kommt heute Nachmittag in den Teufelstopf .“ Er sprang in den Vorgarten von Rabans Haus und zog dort sein Fahrrad aus dem Versteck. „Das Training beginnt für alle um vier!“ Er fixierte Vanessa und schenkte seiner Freundin ein versöhnliches Lächeln. „Damit alles so bleiben kann, wie es früher mal war.“ Dann trat er kräftig in die Pedale.
    „Damit alles so bleibt!“, triumphierte Raban, und Juli schlug ohne zu zögern in seine Hand ein.
    „Ja, und zwar wild und gefährlich“, grinste „Huckleberry“ Fort Knox.
    „Eins, zwei, drei!“, zählte Markus begeistert und Maxi schrie ein den Rost seiner Stimmbänder sprengendes „Raaah!“.
    Vanessa, die einstmals so Unerschrockene, schaute noch einmal zu Leon, und auch der sah jetzt wieder glücklich aus.
    „Alles ist gut!“, sagte er zu dem immer noch skeptischen Mädchen, und als die ihm nicht antwortete, nahm er sie bei der Hand. „Solange du wild bist. Na, komm schon, Vanessa“, lachte der Slalomdribbler und hob das Mädchen, das immer noch daran dachte, wie April Marlon angeschaut hatte, über die Mauer. Dort sprangen die Kerle auf ihre Räder und rasten davon. Sie rasten davon, als die Sonne aufging und die Kälte der Nacht endlich verscheuchte.
    Nur ich blieb zurück und bewegte mich nicht. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich jetzt sollte. Ich hatte kein Zuhause wie die anderen Kerle. Das fiel mir jetzt ein. Ich war ausgebüchst, abgehauen. Eine Rückkehr unmöglich …
    Da hörte ich plötzlich die Stimme von Hadschi. „Hey! Schicksal. So heißt du doch oder irgendwie ähnlich!“
    „Was?“, fragte ich und entdeckte den Geheimerfinder, wie er unter dem Obstwagen aus dem Gully lugte. „Nein, ich heiße Nerv.“
    „Und das ist dein Schicksal.“ Hadschi lächelte jetzt. „Das hab ich gedingst, ich meine geschnallt. Ohne dich wär das heute nicht im Geringsten gegipfelt. Ich meine: krisengegipfelt. Also, warum fläzt du da rum und ziehst so ’ne Fleppe?“ 31
    „Weil ich nicht nach Hause kann. Ich hab Hausarrest, weißt du, und nach heute Nacht wird der sofort in Isolierhaft verwandelt. Bei Wasser und Brot. Und dann hab ich nicht die leiseste Chance, dass ich einmal zu ihnen gehöre. Zu ihnen , verstehst du, den Wilden Kerlen. Das ist mein Traum. Dann bleibe ich immer nur das kleine Maskottchen. Der Zaungast, der ab und zu zuschauen darf.“

    „Oha!“, seufzte Hadschi, „Das ist labyrinthisch verzweigt. Ich mein mit dem Wildsein und dem vor der Mama Verstecken.“ 32
    Ich nickte verzweifelt: „Aber du kennst sie noch nicht. Sie ist eine

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