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2.01 Donnerschlag

2.01 Donnerschlag

Titel: 2.01 Donnerschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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den Mut gehabt.“
    „Das glaub ich dir nicht.“ Leon war plötzlich ganz rot. „Du bist der ehrlichste Kerl von uns allen.“
    „Aber ich bin nicht der mutigste. Ich brauch manchmal Hilfe. So wie damals nach meinem Kreuzbandanriss. Als ihr mich gerettet habt, erinnerst du dich?“
    Leon musterte Marlon und schüttelte langsam den Kopf. „Nein“, sagte er. „Auf gar keinen Fall! Das kannst du vergessen!“
    Doch Marlon blieb stehen.
    Da verdrehte der Slalomdribbler verzweifelt die Augen. „Also gut, aber ich warne dich: Wehe du schnarchst!“
    Er rutschte zur Wand, überließ Marlon, der zu ihm ins Bett sprang, sehr unwillig die Hälfte der Decke, und während sie sich noch ums Kopfkissen stritten, schliefen sie ein.
    Marlon flüsterte noch einmal ganz leise: „Vanessa!“, und Vanessa, die in ihrem Bett davon träumte, antwortete leise: „Ja, ich vertraue dir, Marlon. So wie Leon dir traut. Leon und alle anderen Kerle.“
    Doch das war ein Traum, und während wir träumten, waren andere schon wach. Ja, potz Blitz befeuerter Höllenschlund! Und sie waren bereit, alles zu tun, um unsere Träume zu stören.
    April, die Wölfin, stand auf der Gespensterbrücke vor dem Fauchenden Tor und lauschte hinaus in den Wilden Wald .
    „Und?“, fragte Erik, als er hinter ihr aus der Geheimhalle trat. „Geht dein Plan auf, Schwesterchen?“
    „Hast du das Horn heute Nacht nicht gehört?“ Sie lächelte stolz und etwas gerissen. Wie ein Pirat. „Der Kleine, der Nerv heißt, hat den Köder geschluckt. Er ist infiziert und steckt die anderen an.“
    „Dann sind sie jetzt aufgewacht.“ Erik legte seinen Arm um die Schulter der Schwester und die schmiegte sich wie eine Katze an ihn.
    „Ja“, nickte das Mädchen. „Aber nur, um in ihrem schlimmsten Albtraum zu landen.“ Sie grinste jetzt wieder. „Sie haben es nur noch nicht erkannt.“
    In diesem Moment öffnete ich meine Augen. Ich lag auf den seidenweichen Kissen in Hadschi ben Hadschis Instant-Frisbee-Märchenzelt und schaute durch die rote Zeltplane auf die wie Glühwürmchen um mich kreisenden Lampen.
    Ich dachte an die Silvesternacht, von der die Kerle immer wieder erzählten. Ich dachte an die Glühwürmchenschwärme, die Raban damals gesehen hatte und die ihn zum Fußballorakel riefen. Und dort, in dem alten Stadion, stellte Raban dann die Frage, vor der sich jeder Wilde Kerl fast noch mehr als vor dem Tod gefürchtet hatte. „Hab ich das Zeug dazu, ein Profi zu werden?“ Und die Antwort des Orakels lautete erbarmungslos nüchtern: „Nein.“
    Ich schluckte vor Schreck. Das war die andere Seite der Medaille, die aus Mut gegossen war. Auf der einen stand strahlend und leuchtend: ‚Verstecke dich nie!‘ Doch auf der dunklen und lichtlosen verbarg sich die Warnung: ‚Sei bereit, dass du scheiterst!‘
    Schockstarrig-gesteifte Nackenhaare! Ich zog die Kissen über den Kopf, damit ich die Glühwürmchenlampen nicht länger anschauen musste, und wälzte mich auf den Bauch. Ich hatte Angst und ein fürchterlich schlechtes Gewissen. Kennt ihr das auch? Wenn man mitten in der Nacht ganz allein ist und alles bereut? Wenn man etwas rückgängig machen möchte, was man nicht mehr rückgängig machen kann?
    Versteht ihr das nicht? Donnerschlag war ein zweites Orakel, und dieses Orakel würde nicht nur Rabans Schicksal besiegeln. Dort ging es um alle. Um alle Wilden Kerle, die es noch gab. Bei diesem Gedanken bohrte sich etwas in meine Wange. Etwas Rundes und Hartes mit einer Kette daran.
    „Nein!“, stöhnte ich auf und hob langsam das Kissen. „Das kann doch nicht sein. Der liegt doch im Müll. Den hat Leon doch weggeworfen!“ Ich starrte auf den Schlüsselanhänger in der Form eines Fußballs.
    „Und du glaubst, dass das geht?“ Hadschi ben Hadschi steckte seinen Kopf durch den Eingang des Aladin-Zelts: „Glaubst du wirklich, dass man vor seinem Schicksal davonlaufen kann? Dass man es wegwerfen kann, nur, weil es einem nicht gefällt?“
    Er sagte das freundlich, aber ganz ernst.
    „Dann wärst du wie Peter Pan, der seinen Schatten verliert, und dann würdest du nie im Leben erwachsen.“
    Ich starrte ihn an: „Was ist mit dir los? Du redest so komisch. Ich mein’, so normal !“
    „Wie, bitte, was?“, stutzte Hadschi ben Hadschi. „Oha und oho! War ich nicht kompatibel? Hab ich Quark mit Sahne gefaselt? Dabei röhrt der Alarm. Du bist jetzt kein Zaunkönig und kein Kuscheltier mehr. Du bist jetzt …“ 38
    „… der Nerv!“, fiel ich ihm ins

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