Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2.01 Donnerschlag

2.01 Donnerschlag

Titel: 2.01 Donnerschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
Vom Netzwerk:
viel Selbstvertrauen, wie du ihnen schenkst. Ohne dich sind sie nichts.“ Sie schaute ihn an. Ganz aufrichtig, ernst. „Marlon, mit so einer Mannschaft überlebst du noch nicht einmal die Aufnahmeprüfung von Donnerschlag . Und um mehr oder weniger geht es hier nicht. Willst du so früh schon alles verspielen?“ Sie strich ihm mitleidig über die Wange, schwang sich über den Ast auf die Straße und wollte schon weglaufen, als sie noch einmal innehielt. Sie griff in die Hosentasche und zog den Schlüsselanhänger heraus.
    „Oh!“, staunte sie, „unser Schlüssel wird rot! Dann sehen wir uns ja schon morgen. Wow!“ Sie stieß vor Freude ein Wolfsheulen aus, sprang auf ihr Quad, das in einer Querstraße stand, und verschwand wie ein böser Traum in der Nacht.

DAS LEBEN IST HART UND UNGERECHT
    Ich hörte die Quads und das Heulen der Wölfe. Davor konnten mich auch die drei Kissen nicht schützen. Die hatte ich mir zusammen mit meiner Daunendecke auf die Ohren gepresst. Und sie schützten mich auch nicht vor dem roten Licht, das zwischen den Fingern meiner Faust hervorquoll. Es sickerte durch die Kissen hindurch und legte sich brennend auf meine Lider.
    „Nein!“, rief ich. „Nein! Das ist nicht gerecht! Hörst du mich, Mama? Heute geht es um alles. Du kannst mich nicht einsperren!“ Ich stand auf dem Bett und schrie Richtung Tür und der drei Dutzend Schlösser. Es war schon fast sechs. Sechs Uhr am Abend, und ich schrie schon seit Stunden. Seit Viertel vor neun, genauer gesagt. Denn da war das blaue Licht aus dem Fußball gekrochen und hatte dem roten Licht Platz gemacht.
    Dem Donnerschlaglicht. Das rief uns seither – und ich war schon heiser.
    „Mama! Das geht nicht! Warum tust du das, Mama? Du hast doch gesagt, dass du sie alle bewunderst. Du hast uns gesehen. Im Teufelstopf , Mama. Du hast mir gesagt, wie fantastisch ich war. Doch wenn du mich heute nicht gehen lässt, dann ist es vorbei. Für immer vorbei. Dann kannst du nichts mehr bewundern! Mama! Dann ist nichts mehr fantastisch! Ich bitte dich, Mama, ich flehe dich an!“
    Ich schlug mit den Fäusten gegen die Tür. Dann brach ich zusammen. Ich fiel auf die Knie und rutschte dabei in den Berg aus Spielzeug und Kuscheltieren, mit denen ich – Stunden zuvor – vergeblich und wahnwitzig die Tür bombardiert hatte. Ich versank in dem Haufen wie ein Häuflein Elend und schluchzte heiser vor mich hin. Da öffnete sich endlich zumindest die Tür. Meine Mutter kam in mein Zimmer. Sie sah sich kurz um, entdeckte mich zwischen Teddy, dem T-Bären, und Otto, dem Schäfchen, seufzte und setzte sich neben mich hin.
     ‚Huh‘‚ dachte ich hilflos, ‚die Herzkönigin kommt, um den Igel zu holen, den sie als Cricketkugel benutzt.‘
    Doch sie war ganz sanft.
    „Hey“, sagte sie leise und zog mich auf ihren Schoß. „Das fällt mir nicht leicht. Das musst du mir glauben.“ Sie umarmte mich zärtlich, doch ich wollte das nicht. Ich hasste sie, hört ihr?! Da ließ sie mich los.
    „Also gut“, sagte sie ruhig. „Ich versteh’ deine Wut. Aber jetzt sag mir ehrlich: Was glaubst du, ist einfacher für jede Mutter der Welt? Wie lebt sie leichter und bequemer? Indem sie ihrem Kind etwas verbietet oder indem sie ihm alles erlaubt?“
    Ich starrte sie an. Das war absolut fies. Diese Frage war hinterhältig. Doch sie passte zu ihr. Das war die Frage einer Hexe, und ich hatte nicht vor, ihr eine Antwort zu geben. Doch sie war geduldig. Ihr wisst schon: so hartnäckig sanft-und-du-musst-mich-verstehen-geduldig.
    „Was meinst du wohl, Nerv?“, fragte sie mich weiterhin freundlich, obwohl ich absolut unfreundlich für zwei Minuten geschwiegen hatte. „Was ist für sie leichter?“
    „Dass sie alles erlaubt!“, zischte ich wütend und dachte, dass sie jetzt zufrieden wäre. Aber Pustekuchen, hört ihr, das war meine Mutter:
    „Okay“, fragte sie weiter. „Und warum verbietet sie dann? Was meinst du, mein Sohn?!“
    Oh, wie hasste ich das, wenn sie mich so nannte: mein Sohn! „Warum riskiert sie den Zorn ihres Sohnes, den sie so liebt, und verbietet ihm etwas, was er sich so wünscht?“
    „Ich hab keine Ahnung“, schniefte ich meine Antwort, doch ihr Blick sagte alles. Er sagte: „Du lügst.“ Und sie hatte recht.
    „Also gut“, blaffte ich. „Sie macht es aus Liebe. Weil sie ihn halt beschützen will.“
    „Gut“, sagte sie. „Das Erste war richtig. Doch das Zweite war falsch. Sie will ihn nicht schützen. Ganz im Gegenteil, hörst du. Sie

Weitere Kostenlose Bücher