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Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)

Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)

Titel: Die Magier von Tarronn (1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sina Blackwood
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Die Offenbarung
     
    Der Raum war in Dämmerlicht getaucht, der Duft von Weihrauch und Myrrhe lag in der Luft. Unzählige Öllämpchen brannten flackernd, umschlossen in weitem Rund den großen Kristall und das Lager, auf dem der starre Körper einer jungen Frau mit langem, dunklem Haar ruhte.
    In dem leblos wirkenden bleichen Gesicht traten die Wangenknochen hart hervor. Draußen ging bereits die Sonne unter, doch der Geist der Seherin war noch immer nicht in den Körper zurückgekehrt. Seit fast vierundzwanzig Stunden befand er sich auf Wanderschaft durch die Dimensionen. Wenn die beiden Hüterinnen hinaussahen, blickten sie direkt auf das zerklüftete Hochgebirge im Norden, auf dessen höchstem Kamm eine geflügelte Gestalt stand. Schimmerndes, weißes Licht ging von ihr aus und umwehte sie, wie eine Korona. Manchmal hatte die Seherin von diesem Wesen gesprochen, das so alt, wie das Universum sein und zu den Verborgenen gehören sollte. Schon die uralten Legenden erzählten von Mi-Kel mit dem flammenden Schwert. Es hieß, immer, wenn eine Welt dem Untergang geweiht war, würden die Verborgenen für alle sichtbar erscheinen. Heute hatten die Hüterinnen Mi-Kel zum ersten Mal erspäht, welcher den Körper der Neri zu bewachen schien, deren Geist niemals zuvor so lange unterwegs gewesen war. Die Anwesenheit des Geflügelten deutete darauf hin, dass wahrhaft Schreckliches geschehen würde.
    Selbst der Hohe Rat hatte schon vor Monaten bemerkt, dass Ungemach in der Luft lag. So wandelten die Alten mit ernsten Gesichtern umher und beobachteten ständig das Meer. Seit jenem Tag, als Neri in Trance vom Großen Drachen gesprochen hatte, sorgten sie sich um die Sicherheit des ganzen Volkes, von dem nur noch Wenige übrig waren, die sorgsam das uralte Wissen hüteten. Seit Jahrtausenden mehrten sie es, waren Meister der Heilkunst und der Technik. Immer wieder hatten sie versucht die Menschen einzuweihen, aber deren beschränkter Verstand weigerte sich zu sehen und zu glauben. Aber schlimmer noch, diejenigen, die bereit waren zu lernen, missbrauchten das Gehörte zum eigenen Vorteil. So war es verständlich, dass die Alten nicht alles preisgaben und die Menschen von den größten Geheimnissen fern hielten. Ihr letztes Refugium auf diesem Planeten hatte bei den Erdenmenschen viele Namen. Sie selber nannten ihre Insel Atla, so, wie auch ihr Heimatplanet in einer fernen Galaxie geheißen hatte. In der Welt der Menschen war für sie alles anders geworden. Nicht nur, dass ihnen nur noch einfachste Mittel zur Verfügung standen, auch ihre Lebensspanne hatte sich dramatisch verkürzt. In ihrer alten Heimat, am anderen Ende des Universums, waren die Atlan unsterblich gewesen. Die Minerale, aus denen ihr Planet bestanden hatte, wirkten wie ein Jungbrunnen auf alle Lebewesen. Hier fehlten diese Elemente und so wurden die Atlan nur noch etwas über 3000 irdische Sonnenjahre alt.
    Inzwischen waren die letzten blutroten Strahlen der untergehenden Sonne hinter dem Horizont verglüht. Das dumpfe Rauschen des nahen Wasserfalles hallte durch die Stille. Mi-Kel schien mit dem Gebirge verwachsen zu sein. Vor dem immer dunkler werdenden Himmel hob sich seine Gestalt scharf ab. Er stand noch immer auf sein Schwert gestützt und hielt den Blick auf die Hütte am Fuße des Sees gerichtet. Plötzlich löste sich ein spinnweb-dünner Lichtstrahl aus seiner Aura, glitt auf die leblose Gestalt im Inneren der Behausung zu.
    „Mara! Schau nur!“, hauchte die Hüterin Kira in höchster Erregung.
    Die rothaarige Mara hatte gerade noch sehen können, wie die Gestalt des Geflügelten in einem diffusen hellen Nebel zerfloss. Jetzt traf das Licht die Liegende mitten auf der Stirn. Sie öffnete ruckartig die Augen. Ein markerschütternder Schrei, der sich in den Bergen in einem tausendfachen Echo brach, entfuhr ihr. Grauen verzerrte ihr hübsches Gesicht und Panikwellen schüttelten ihren Körper. Die beiden Hüterinnen erstarrten fast vor Entsetzen. Noch nie hatten sie die Seherin in einer derartigen Verfassung erlebt.
    Neri begriff nur langsam, dass sie unversehrt in ihren Körper zurück gekehrt und in Sicherheit war. Das Letzte, woran sie sich erinnern konnte, war ein glühend heißer Feuerstoß, der direkt auf sie zuschoss und dem sie nicht mehr ausweichen konnte. Kurz bevor sie die Flammen umschlossen, traf ein gleißender weißer Lichtblitz ihre Stirn. Der Schmerz schien sie zu zerreißen und so schrie sie ihre Not heraus.
    „Neri, was ist

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