2012 – Das Ende aller Zeiten
JS – na ja, er dürfte keine so große Dosis abbekommen haben, aber er bekam wahrscheinlich trotzdem Probleme. Er würde sterben, vielleicht nicht in neun Monaten, aber auch nicht an Altersschwäche. Schätzungsweise blieben ihm keine fünf Jahre mehr. Okay, was mache ich also? Lügen? Nein. Die Wahrheit verdrehen.
»Jeds Uay ist uns geschenkt worden. Uns beiden. Als Diener. Und er wird uns große Vorteile bringen. Jed musste hierherkommen, um uns und unsere Nachkommen zu schützen.«
Mist, das war lahm. Ich fühlte mich so geschwollen und wund wie ein abgeschnürter Fuß. Ich hätte erwartet, dass es mich bis zum Stumpfsinn dämpfen würde, was sie da in mich reingepumpt hatten, aber das Gegenteil war der Fall. Man wurde sensibilisiert. Die Blütenblätter unter meinen Schenkeln fühlten sich hart wie Steinsplitter an, und der Luftzug, der über mich hinwegstrich, war wie Streifen von Haileder.
»Befiehl deinem Xcarec-Uay, dass es aufhören soll, mich zu tragen.«
»Mach ich, aber das geht nicht hier und jetzt«, sagte ich. »Ich habe nicht die richtigen Mittel.« Einfach halten, dachte ich. Mit der gesunden Hand strich ich unwillkürlich über die Blütenblätter am Boden, und es war, als würde ein Heer zischender Küchenschaben unter meinen Handflächen die Flucht ergreifen.
»Wie?«, fragte er.
»Das ist eine mentale Sache, dafür gibt es Vorgehensweisen, aber die brauchen Übung.« Himmel, jetzt versuchte ich dem Kerl schon eine Gesprächstherapie anzudrehen.
»Und dann nicht was?«, fragte er. Er meinte: Was, wenn es nicht klappt?
»Nun ja, wenn ich mein Gedächtnis nach 2012 zurückschaffen kann, werde ich es von dort tun können«, sagte ich auf Ixianisch. Er antwortete nicht. Ich plapperte noch ein bisschen weiter. »So wie du über mir in Jeds Uay sehen wirst, muss ich in Gel konserviert werden, in Kolloid, eine Flüssigkeit, die fest wird, so wie Kopalharz.«
Schweigen. Zum Henker.
»Die Bitumen-Suspension wird die Verbindungen in meinem Gehirn ausreichend erhalten, dass sie kopiert werden können«, zitierte ich auf Englisch aus Taros Projektzusammenfassung. »Das heißt«, sagte ich auf Ixianisch, »es hindert meine Seele am Entweichen. Meine b’olonob. «
B‘olan war tatsächlich eines von drei oder vier Dingen, die die Leute hier hatten und die Sie eine Seele nennen würden. Hier ging es um die, die man in Schatten und Spiegelbildern sah, diejenige, die sich einen Weg durch Xib‘alb‘a bahnen und den Herren dort dienen musste, bis ihr eines Tages gestattet wurde, sich in Nichts aufzulösen. Die anderen Seelen waren das Uay, also das Tier-Ich, und das p‘al , etwa der Name, das bei den sterblichen Überresten verblieb. Außerdem gab es das ch‘al , den »Atem«, auch wenn es ein wenig weit hergeholt sein mag, das als Atem zu bezeichnen.
»Und danach werden meine Seelen dir über mir helfen, das werden, sie, nachdem …«
Meine Stimme verebbte. Meine verdammten Muskeln verkrampften sich, und das lag nicht nur daran, dass ich Schakals Körper anfühlte, wie sehr er 2-Juwelenbesetzter-Schädel verehrte, wie sehr er ihn für ein halb übernatürliches Wesen hielt – auch wenn aus seinem Blickwinkel nichts übernatürlich war, sondern nur so, dass manche Wesen natürlicher waren als andere. Wie auch immer, 2-Juwelenbesetzter-Schädel strahlte eine immense Autorität aus, die auch auf jemanden gewirkt hätte, der gar nicht wusste, wer er war. Die Wände hinter ihm schienen zu fließen, als wären wir in einer Kristallschatulle, die in einem Lavasee versank.
»Darum habe ich über dir auf deine Rückkehr zu warten?«, fragte er. »Und zu hoffen, dass du unter mir kommst und deinen Zwilling zurückrufst?«
»Du über mir würdest gar nicht zu warten brauchen«, log ich, »wir können das ganz genau timen.«
»Und wen wirst du schicken, damit er dein Uay mitnimmt?«
»Einen Speer aus Sonnenlicht«, sagte ich, »eine Art Blitz.«
Keine Antwort. Vielleicht antwortete er nur auf das, was er verstand. Ich wechselte zu Ixianisch:
»In meinem eigenen K’atun werde ich die richtige Botschaft senden, auf dem Weg, den ich gekommen bin, und sie wird dich hier erreichen und mich aus dir herausziehen.«
Pause.
Vielleicht kauft er mir das ab, dachte ich. Ändere deine Geschichte nicht noch mal. Bleib ruhig.
2 JS sah den unscheinbaren Kerl an. Ich bekam das Gefühl, dass ich nicht durchgekommen war.
Plötzlich hatte ich eine Eingebung.
»Oder wir können zusammen gehen«, sagte ich. »Wir
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