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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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Er war ein »Erinnerer«.
    An der rechten Wand saßen noch drei Männer, mir am nächsten 2 JS’ Großonkel, 12-Entwinden, daneben 2 JS ’ Urgroßvater, 40-Wiesel, und schließlich jemand, dessen Einwickeltücher zu alt und brüchig waren, als dass ich etwas lesen konnte. Er saß dicht an 2 JS ’ linker Seite. Natürlich waren sie tot und halb mumifiziert – das heißt, im Grunde waren sie Schrumpfköpfe, wahrscheinlich mit Nelkenpfeffer ausgestopft, und saßen bloß auf einem Bündel weniger unverzichtbarer Knochen, Ellen und Wadenbeinen und so weiter auf kleinen Podesten von der Größe eines indischen Teetisches an der Wand aufgereiht. Ihre Schädel waren zusammen mit den übrigen Knochen und Lieblingsfrauen und so weiter zur Sicherheit woanders begraben. Anwesenheit ohne Stimmrecht.
    2 JS breitete die Hände aus, das Achselzucken eines Maya.
    Hun Xoc schob mich auf eine Untertanenmatte. Ich schlug die Augen nieder und griff unwillkürlich mit der rechten Hand an die linke Schulter. Ich hörte Hun Xoc hinter mir hinauskriechen. 2 JS sprach:
    »Noch einmal, nimm deinen Wurm zurück.«
    Was denn, wunderte ich mich. Ich dachte, das hätten wir hinter uns. Inzwischen war ich mit der Etikette einigermaßen vertraut und wusste,dass ich lieber den Mund halten sollte, wenn ich nichts zu sagen hatte. Ich starrte auf den Boden. Scheiße, dachte ich. Er will mich noch immer umbringen. Scheiße, Scheiße, Scheiße.
    »Ich spiele dir den neunten Hüftball zu«, sagte er. Das hieß so viel wie: »Das ist deine letzte Chance.«
    Ich blickte auf.
    »Jed?«, bat ich. »Komm da raus, okay? Oder verhalte dich still. Bitte. Einer für alle.«
    Natürlich entstand eine Pause, und natürlich geschah nichts. Wenn der Jed in seinem Kopf auf meine Ansage hin etwas Besonderes tat, so sagte 2 JS davon nichts.
    »Wird er dir jemals gehorchen?«, fragte 2 JS endlich.
    Ich sagte, ich wisse es nicht.
    Taktvoll schlug ich vor, er könne sich von mir auf die gleiche Weise reinigen, wie er mich von Schakal gereinigt habe.
    »Was sagt der Jed in dir?«, fragte ich.
    »Er weint«, sagte 2 JS .
    Mir schauderte. Verdammt. Man stelle sich dieses larvenhafte, zurückgebliebene Ich da drinnen vor, wie es sich unter den Peitschenhieben des unbeugsamen Willens von 2 JS wand. Wow. Das musste ihm wirklich stinken …
    »Ich sehe es, kenne aber nicht seine Namen. In mir
    Ist dein Leben wie ein Haufen zerbrochener Schüsseln«,
    sagte er, und zum ersten Mal klang er ein wenig unsicher.
    Hm, dachte ich. Na, wenigstens reden wir jetzt. Ich lernte allmählich, Schakals automatischen Antworten zu vertrauen, mir über die großen Entscheidungen Gedanken zu machen und ansonsten seinen Körper tun zu lassen, was er instinktiv tat. Diesmal wusste ich, dass es die richtige Reaktion war, nicht auf seine Worte zu antworten, und ohne einen Moment zu zögern, schnalzte ich mit der Zunge und deutete ein stummes »wie du über mir meinst« an. Wirf nicht mit Informationen um dich, dachte ich. Je mehr du sagst, desto entbehrlicher wirst du. Richtig? Er braucht dich in seiner Nähe, damit er den fremdenMischmasch in seinem Kopf begreifen kann. Natürlich könnte er alles auch durch Folter aus dir rausholen. Aber vielleicht will er dich gar nicht foltern. Vielleicht ist er gar nicht so übel, und er ist nur sauer, weil er sich vergewaltigt fühlt. Das würde jedem so gehen, oder?
    Verdammt. Ich bekam tatsächlich Schuldgefühle. Völlig irrational. Oder vielleicht doch nicht. Schließlich war ich Hirnkolonist. Vergiss es, dachte ich, fang gar nicht erst an, ihn zu bemitleiden. Er würde dich bedenkenlos töten.
    »Du unter mir
    Hast mich einen Sohn gekostet
    Und unser Haus ruiniert«,
    sagte er.
    Was?, dachte ich. Sohn? Ach, ja.
    Wie wohl schon erwähnt, hatte ich bereits erraten, was passiert war: dass sein Sohn an meiner Stelle geopfert worden war, nachdem ich die Zeremonie auf der mul versaut hatte. Ich wusste nicht, sollte ich jetzt ahnungslos tun oder nicht, deshalb bat ich um mehr Informationen.
    »Ich unter dir bitte um Vergebung,
    Aber ich unter dir verstehe nicht,
    Wie ich diese Katastrophe herbeigeführt habe,
    Wie sie verlaufen ist.«
    Damit kam ich einer direkten Frage noch am nächsten, denn in dieser Sprache war es einem Untergebenen nahezu unmöglich, einen Übergeordneten etwas zu fragen. Und selbst diese Entgegnung war schon nicht besonders höflich. Doch 2 JS antwortete. Er sagte mir – auf strenge, vorwurfsvolle Weise –, er sei vor zwei Sonnenjahren

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