2012 – Das Ende aller Zeiten
Turban, der von schwarzen Spottdrosselfedern nur so strotzte, sowie eine große schwarze Schnabelmaske, mit der er aussah wie Daffy Ducks fieser Zwillingsbruder. Die Neuronen in Schakals Gehirn wollten ihn nicht ansehen oder über ihn nachdenken, doch in meinem Gedächtnis tauchte sein Name trotzdem auf: 18-Salamander. Zwei kleine Jungen liefen hinter ihm her, Zwillinge von etwa acht oder neun Jahren mit ebenfalls geschwärzter Haut.
»Vätermütter, heiligt mich, gewährt mir den Tod«, flüsterte der Stellvertreter, oder vielleicht sollte ich sagen, der neue Schakal. Beide Helfer des Nacoms halfen dem armen Jungen, sich auf der Matte auszustrecken, und hielten ihm Arme und Beine fest, während der Opferpriester einen quer verlaufenden Bauchschnitt anbrachte. Er griff in die Wunde bis unter die Rippen, teilte mit dem Messer das Zwerchfell und trennte das Herz von Aorta und Hohlvene. Es dauerte an die zwanzig Sekunden, aber schließlich zog er das Herz heraus, wobei er das Messer an seinem Platz ließ, und legte es auf einen Teller mit Maisbrei.
Ich durfte eigentlich nicht zusehen, aber alle schienen mich vergessen zu haben, und so hielt ich auf meiner Matte liegend ein Auge einen Spalt weit offen. Es stellte sich heraus, dass ein Herz noch eine Zeit lang weiter schlagen kann, nachdem es entfernt wurde, und dieses versprühte noch fünfzehn Schläge lang einen rosa Nebel, bis es nur noch leise quietschend Luft pumpte und aufhörte. Von der Seite sah ich zu, wie die Helfer des Nacoms den neuen Schakal in einen großen Korb hoben, ihn einrollten wie einen schlafenden Hund und den Deckel mit vier komplizierten Steks zubanden, die die Hieroglyphen für vierhundert mal vierhundert darstellten, ein Idiom für Ewigkeit. Offenbar wollten sie nicht, dass er zurückgeschlichen käme. Noch ehe sie fertig waren, stand 3-Blaue-Schnecke über mir. Er blinzelte in die Sonne. Die blaue Körperbemalung zerlief vor Hitze. Er bat mich zu versprechen, keinem meinen neuen verborgenen Namen zu verraten, das heißt, den Namen meines neuen Uay. Ich versprach es. Wenn nämlich irgendjemand den wirklichen Namen herausfand, konnte er ihn in einem Fluch benutzen, und man wäre ein leichtes Opfer für alle möglichen dämonischen Viecher, die er einem auf den Hals hetzte. Er bückte sich, flüsterte ihn in mein blutendes Ohr und befahl mir, ihn zu wiederholen.
Ich setzte an, aber es war schwer zu reden mit dem Mund voll Blut oder Kotze, darum schluckte ich, was ich konnte, und der neue Kostümierer wischte mir den Rest vom Kinn. 3-Blaue-Schnecke musste geglaubt haben, dass ich es hinauszögere, denn er schlug mir mit dem Fingerknöchel gegen den Kopf und winkte dem Kostümierer, zurückzutreten. Ich flüsterte den Namen. Er ließ ihn mich noch zweimal wiederholen, ehe er sich aufrichtete und meinen neuen enthüllten Namen bekanntgab. Wie die meisten Tiernamen hatte er nichts mit meinem Uay zu tun:
»10-Skink«, sagte er. »Fertig.«
Skink?
Immer krieg ich die doofen Namen, verdammt noch mal.
Hinter mir hatte jemand die Hütte in Brand gesteckt. Die war wohl ein Wegwerfartikel. Ich hob den Kopf und sah die Helfer des Nacom sich den großen Korb auf die Schultern laden und davongehen, gefolgt von den Trägern und all den anderen Fatzkes. Schakals Vaterund der Lastenträger gingen hinterher den Weg zum Dorf entlang und schwenkten Maracas, um die Xib’alb’ans fernzuhalten. Ich fühlte mich einsam. 2-Juwelenbesetzter-Schädel band den Bussard los. Der rührte sich zunächst nicht, bis er weggescheucht wurde und mürrisch in die Bäume flatterte.
(37)
Sie drängten mich einen langen Weg bergauf und bergab. Ich war noch ziemlich geschwächt von – na ja, von allem. Als ich einschlief, trugen sie mich. Sie gaben mir warmes Wasser zu trinken. Hun Xoc, der das Unternehmen leitete, holte einen Salzstein aus seiner Wandertasche und ließ mich daran lecken. Irgendwann fiel mir auf, dass ich mich auf seltsame Art bewegte. Ich schwinge, dachte ich, ich hänge in der Luft. Ich meine, nicht im bildlichen Sinne. Sie ließen mich an einem Seil hinab, senkrecht wie einen Balken, ins Dunkle, in einen Raum voller Echos und Geflüster und dem Geruch nach Schokolade, Urin, Kiefernharz und nassem Stein. Es war dunkel. Andere Hände nahmen das Bündel, lösten es von den Seilen, trugen es etwa vierzig Schritte weit, legten es ab und wickelten mich auf einem Bett aus, das anscheinend aus Maishülsen bestand. Nachdem ich mich an die Dunkelheit gewöhnt
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