2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato

Vom Netzwerk:

Es dreht sich nicht immer alles nur um dich.
    2-Hand redete weiter. »Also, auf dem Rückweg von dem Spiel«, sagte er, »waren wir in diesem Schlammmenschendorf, und da war eine k’aak« – ein Rundkopfmädchen –, »die mit jedem ficken wollte. Mit jedem Hüftballspieler. Sie hatte lange Haare mit braunen Strähnen. Und sie lungerte ständig herum, und alle nannten sie Scheißhaar. Weißt du noch?«
    »Nein«, sagte ich. In Wirklichkeit klingelte bei mir eine dumpfe Glocke, aber es wäre mehr Kontext nötig gewesen, um die Erinnerung raufzuholen.
    »Dann weißt du nicht mehr, wie 1-Schwarzer-Morpho dir im Schlaf c’an aak’ot auf den Schwanz gerieben hat?«
    Ich schnalzte nein.
    »Was ist passiert?«, fragte 4-Sägezunge.
    »Na ja, Scha… der da ist wach geworden«, sagte 2-Hand, »und er ist herumgesprungen, hat sich den Schwanz gehalten und gebrüllt: Mein Schwanz ist zu groß! MEIN SCHWANZ IST ZU GROSS!!! « Offenbar war c’an aak’ot eine Art lokal wirkendes phallisches Halluzinogen. »Und dann ist er durch den ganzen Hof gerannt, und dann sah er Scheißhaar, und er sagte: ›Aha!‹, packte sie und fing an, sie in den Hintern zu ficken. Nach einer Weile geht es ihm besser, und er wischt sich den Schwanz ab, aber jetzt fängt Scheißhaar an herumzuhüpfen. Sie schrie immerzu: ›Aiii, aiiieee, iee, iee, iee!‹«
    Wie Sie sich vielleicht schon gedacht haben, ahmte 2-Hand jetzt die Stimmen nach und führte eine lebhafte Pantomine auf, die das Boot quasi zum Schaukeln brachte.
    »Schließlich hockte sie sich hin und fing an zu scheißen. Und die ganze Scheiße kam raus, und wir anderen standen da und guckten. Und dann schiss sie sich die Därme raus, immer mehr kam raus und rollte sich unter ihr auf, und dann kam einer der Hunde heran und schnappte sich das Ende und rannte damit weg, sodass immer mehr rauskam. Er fing an, es zu fressen, aber immer mehr kam raus, und dannbekam Scheißhaar diese Zuckungen im Gesicht, und der nächste Teil des Darms kam mit einem Klumpen drin heraus. Und der da« – er meinte mich – »nahm dem Hund den Darm weg und drückte den Klumpen aus dem zerbissenen Ende, und er fiel auf den Boden. Es war ein kleines, dürres Ding voller Runzeln und Warzen. Es war die Penisspitze von 22-Schorf! Der da sagt: Diesen Penis würde ich überall erkennen! Der ist von 22-Schorf! Einer soll laufen und ihn holen! Wir haben sie gefunden! Wir haben sie gefunden!«
    Die Gehilfen bissen sich auf die Lippen, um nicht zu kichern. 3-Heimkehrende-Motte und 4-Sägezunge lachten. Die Ruderer verstanden zum Glück unsere Haussprache nicht.
    »Das ist mir alles neu«, sagte ich. Dann fing ich auch an zu lachen. Vielleicht lag es daran, wie er es erzählte. Ich schätze, man musste dabei gewesen sein.
    »Das reicht«, sagte Hun Xoc. »Fertig. Die Häcksler werden deinen Ständer riechen.«
    Vielleicht habe ich es noch nicht erwähnt, aber wir durften auf dieser Reise überhaupt nichts Sexuelles tun. Eine Fernreise war das Gleiche wie eine heilige Jagd. Man durfte nicht mal heimlich eine Erektion haben, wenn es sich vermeiden ließ, denn, wie Hun Xoc sagte, genauso wie das Wild dadurch verscheucht wurde, konnten die Feinde riechen, dass wir kamen. Aber natürlich waren die Geblüte in erster Linie Teenager und Männer.
    »Wir müssen sac kanob sein«, fuhr Hun Xoc fort. Das ist die Terciopelo-Lanzenotter. Terciopelo heißt Samt, und die Redewendung bezieht sich darauf, dass diese Lanzenotter noch mehr als andere Schlangen schnell, schwer zu entdecken und insbesondere lautlos ist.
    2-Hand wurde still.
    »Außerdem«, meinte Hun Xoc, »erzählst du mehr, als wirklich passiert ist. Es kam nur ein winziges Stück von ihrem Darm raus.« Er lehnte sich zurück und steckte sich ein Stück Kautabak in den Mund. Es war schon dunkel. In den Höfen der Sonne gab es keine Dämmerung. Als wir an dem Leuchtfeuer bei Comalcalco vorbeikamen, drehten wir nach Nordwesten – dem Tod entgegen – und steuerten senkrecht zu den Sternen von Teotihuacán, Geierweibchen und Geierweibchens Wunde – das heißt, zu Thuban, das war der Polarstern im Jahre 3113 v. Chr., zu Beginn der Langen Zählung, und seinem roten Schatten, Jota Draconis. Ich konnte die Röte so klar sehen wie noch nie, sogar klarer als durchs Teleskop. Hun Xoc sagte, wir würden den Sternen so nahe kommen, dass wir sie zischen hören könnten, wenn sie das Wasser berührten. Ich hörte, was er meinte, ein Geräusch, das eine brennende Zigarre macht,