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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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wenn sie in eine Pfütze fällt, aber natürlich kam das bloß von den Wellen. Bei jedem Eintauchen der Paddel blitzten Phytobakterien auf wie Funken zwischen Feuersteinen. Kurz vor Morgengrauen, zur besten Sammelzeit, habe ich mich immer über den Bootsrand gebeugt – bemüht, mein neues Spiegelbild nicht anzusehen, denn es machte mich verrückt –, und versucht, die Invertebraten aufzuzählen. Es gab Wurdemann-Garnelen und lange rote Reihen von Krill, aber auch große Cnidaria-Medusen und eine große lila, dem Venusgürtel ähnliche Ctenophora, die ich nicht kannte. Einmal sah ich einen Zweig einer mir unbekannten Pflanze, doch als ich ihn herausholen wollte, war das Wasser voller giftiger Quallen, die mir die Hand verbrannten, und so habe ich ihn nicht erwischt.
    Unsere Nachhut holte uns gegen Mittag ein. Zusammen mit zehn aktiven und zehn ausruhenden Paddlern saßen sie in einem schmalen Kanu, das wie ein Skullboot aussah. Hun Xoc und die anderen Geblüte hatten die Hand an der Speerschleuder, aber das Boot war mit Papierblütengirlanden in den Harpyienfarben umwickelt, und als sie näher herankamen, wurden sie erkannt. Unsere fünf Boote steuerten näher an die Küste und ins Lee einer Sandbank.
    Der Kopf der Nachhut stieg in unser Kanu und begab sich nach hinten. Der Rudergänger verließ seinen Posten, und er und alle anderen rückten nach vorn, damit wir fünf, diesmal mich eingeschlossen, miteinander reden konnten.
    Wir wurden von einem großen Trupp verfolgt, berichtete der Späher, zehn oder fünfzehn Leute mindestens, dieselben, die uns schon auf dem Fluss beschattet hatten. Es waren viele Boote auf dem Wasser, aber er sagte, sie seien zu weit weg, als dass wir sie in der Masse erkennen könnten.
    12-Kaiman befahl den Spähern, in den Hafen einzulaufen, zweikleinere Boote zu mieten und diesen Leuten zu folgen. In der Zwischenzeit würden wir sie abhängen. Wenn sie wussten, wohin wir wollten, sagte er, würden sie auf dem Wasser bleiben. Ansonsten würden sie in jedem Hafen anlegen, um herauszufinden, ob wir durchgekommen sind.
    »Holt uns erst wieder ein, wenn ihr sicher seid, was los ist«, befahl er den Spähern.
    Das Ergebnis war, dass wir, anstatt Land zu sichten, den Kurs auf Nordnordwest änderten, weiter in den Golf hinaus fuhren und den Ruderern den ersten Bonus für zusätzliche Geschwindigkeit zahlten. Später in der Nacht würden wir wieder Kurs nach Westen nehmen und versuchen, unsere Spur zu verwischen. Die Wachen beobachteten hinter uns den Horizont, indem sie sich die Augen mit Lederrollen ähnlich einem Fernrohr abschirmten, aber es wurde immer dunstiger oder vielmehr rauchiger, und sie konnten nichts Verdächtiges entdecken.
    Am Morgen schillerte das Wasser ölig von toten Walen und war mit aufgedunsenen Karpfen gesprenkelt. Den Staub, der auf uns herabrieselte, konnten wir weder sehen noch fühlen, aber wir wurden alle grau im Gesicht, und wenn man sich mit feuchtem Baumwollmull abrieb, wurde er schwarz. Die vielen Kadaver hatten sämtliche Möwen der Welt angelockt. Ich übertreibe nicht. Ganz bestimmt. Manche waren so klein wie Krähen und andere so groß wie Pteranodons. Als wir an einem aufgerissenen weißen Kadaver vorbeikamen, ich glaube, es war ein Tümmler, stoben so viele Möwen davon auf, dass die Paddler dachten, sie brächen aus dem Innern des Leibes hervor. Auch die Fliegen erreichten eine neue Populationsspitze, und es ging nicht genug Wind, um sie zu vertreiben, doch Gürteltierschiss machte seine Sache gut und fegte mich beständig mit einem Menschenhaarbesen ab, den er alle paar Stunden in die andere Hand nahm. Der arme schuftende Gürteltierschiss.
    In der neunten Nacht, die wir aus Ix fort waren, wurde der Golf kabbelig, und sie zurrten die Kanus mit langen Brettern aneinander, sodass eine Art Katamaran entstand. Wir mussten sogar noch weiter aufs Meer hinaus, um der Möglichkeit vorzubeugen, dass der Wind zunahm und uns gegen die Felsen trieb. Das ist ein Orkan, dachteich. Wir sind Barschfutter. So viel zu dem Wasserquacksalber. Den würden sie als Ersten über Bord werfen. Doch das schlechte Wetter zog über uns hinweg, und um schätzungsweise drei Uhr früh glitt ein großer orangefarbener Mond unter den Wolken hervor wie eine halbe 5-Milligramm-Tablette Valium und fiel ins Wasser. So auch jene Oberfläche sich noch im krystallinischen Zustand befände. Am nächsten Tag surften wir auf den toten Rollern geradezu in den Hafen ein. Die Stadt war ein Vorposten

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